Proteste in Krisenländern: Erst Streik, dann Straßenschlachten
Am Mittwoch kam es nach den friedlichen Massendemonstrationen in Spanien und Portugal noch zu Kämpfen mit der Polizei.
MADRID/LISSABON dpa | Am Abend haben Millionen Menschen Spanien und Portugal auf friedlich verlaufenen Massendemonstrationen gegen die Sparpolitik ihrer Regierungen protestiert. In Spanien bezifferte das Innenministerium die Zahl der Demonstranten auf 800 000. Die Gewerkschaften sprachen allein in Madrid und Barcelona von zwei Millionen. In beiden Städten kam es im Anschluss an die Kundgebungen zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Die Beamten beschoss sie mit Tränengas und Gummigeschossen.
Millionen Beschäftigte hatten am Mittwoch in mehreren Euro-Krisenländern die Arbeit niedergelegt. In Spanien brachte der Generalstreik die Produktion in den Autowerken von Konzernen wie Volkswagen, Seat, Opel oder Nissan weitgehend zum Erliegen. Die Gewerkschaften bezifferten die Beteiligung am Generalstreik auf über 70 Prozent der Beschäftigten. Bei den Bahnen, U-Bahnen und Bussen war ein Mindestbetrieb vereinbart worden.
In Portugal waren vor allem der Verkehrsbereich und der öffentliche Dienst betroffen. In Lissabon fuhr die U-Bahn nicht, im ganzen Land blieben Züge und Busse stehen. Auch die Post, Krankenhäuser und Bildungseinrichtungen wurden bestreikt.
In Griechenland legten Zehntausende Beschäftigte, hauptsächlich Staatsbedienstete, für drei Stunden die Arbeit nieder. Auch in Paris protestierten mehrere Tausend Menschen unter dem Motto "Für Beschäftigung und Solidarität - gegen Sparmaßnahmen". Rund 250 Demonstranten versammelten sich am Brandenburger Tor in Berlin. Der Europäische Gewerkschaftsbund hatte den Mittwoch zum "Solidaritätstag" erklärt.
In Spanien wurden bei gewaltsamen Zwischenfällen während des Generalstreiks insgesamt mehr als 74 Menschen verletzt, darunter 18 Polizisten. Nach Angaben der Sicherheitsbehörden gab es 142 Festnahmen. In Madrid und Barcelona lieferten sich Protestierende in der Nacht zum Donnerstag Straßenschlachten mit der Polizei und setzten Müllcontainer und Polizeifahrzeuge in Brand. In beiden Städten wurden dabei 30 Menschen verletzt und 28 mutmaßliche Gewalttäter festgenommen.
Auch in Lissabon artete eine Protestkundgebung von Tausenden von Menschen am Rande eines Generalstreiks in Gewalt aus. Polizisten in der Nähe des Parlaments wurden mit Steinen, Flaschen, Böllern und Farbbeuteln beworfen. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Lusa feuerten die Beamten Schüsse in die Luft ab, um Demonstranten auseinanderzutreiben. In Rom sprachen Reporter am Mittwoch von Guerillakriegs-ähnlichen Szenen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Fans angegriffen
Gewalt in Amsterdam
+++ Nach dem Ende der Ampel +++
Habeck hat Bock
Die Regierungskrise der Ampel
Schnelle Neuwahlen sind besser für alle
Auflösung der Ampel-Regierung
Drängel-Merz
Angriffe auf israelische Fans
Sie dachten, sie führen zum Fußball
Trumps Sieg bei US-Präsidentschaftswahl
Harris, Biden, die Elite? Wer hat Schuld?