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Kreuz.net in Österreich„Portal Gottes“ vs. Verfassungsschutz

Auch in Österreich befassen sich nun Ermittler mit dem homophoben Propagandaportal kreuz.net. Zwei Pfarrer und ein Kirchenlaie könnten von dort kommen.

Wer sind die Mitarbeiter von kreuz.net? Bild: dapd

WIEN taz | Das österreichische Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT) ermittelt gegen das als Kirchenwebsite getarnte antisemitische und homophobe Propagandaportal kreuz.net. Das berichtete am Mittwoch das Mittagsjournal das Kultursenders Ö1.

Gegenüber der Austria Presse Agentur APA bestätigte ein Sprecher des Innenministeriums, dass bei der Staatsanwaltschaft Wien Anzeige gegen Unbekannt wegen Verhetzung und Wiederbetätigung erstattet worden sei. Bisherige Versuche, die Hassplattform einzustellen, scheiterten an deren Exterritorialität: Sie hat ihren Sitz in El Segundo, einem Vorort von Los Angeles.

Kreuz.net war zuletzt im Oktober mit seinen Hasstiraden gegen den verstorbenen Komiker Dirk Bach aufgefallen: „Jetzt brennt er in der ewigen Homo-Hölle - dieser Gestörte, sexuell Kranke, Sittenverderber und Propagandist der Unzucht.“ Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Berlin führen Spuren auch nach Österreich.

Zumindest drei enge Mitarbeiter, die auf einer Liste mit fünf Namen stehen, werden hier vermutet: zwei katholische Pfarrer und ein Laie, deren Identität aber nicht öffentlich gemacht wurde. Österreichs Bischofskonferenz beeilte sich, zu der faschistoiden Seite auf Distanz zu gehen.

Kardinal Christoph Schönborn, der immer wieder selbst Ziel von hasserfüllten Invektiven von kreuz.net ist, meinte nach der jüngsten Vollversammlung der Bischofskonferenz: „Ich habe seit langem persönliche Vermutungen über Personen, die dahinter stecken könnten.“ Zumindest einer soll in der Erzdiözese Wien tätig sein.

„Satan“ vs. „Portal Gottes“

Das Portal, dessen Beiträge nie namentlich gezeichnet sind, wurde im Jahre 2004 von der anonymen Gruppe „Sodalicium für Religion und Information“ ins Netz gestellt und bemühte sich anfangs um den Ruf einer ernstzunehmenden Plattform ultrakonservativer kirchlicher Kreise. Allerdings verspielte es bald Sympathien durch seinen zunehmend hetzerischen Stil.

Da wird gegen die grüne „Bundestagsschwuchtel Volker Beck“ gewettert und gegen die „links-linkische CDU“ polemisiert. Berichte über Israel sind mit antisemitischem Vokabular gespickt. Für den „Satan“, der vergeblich versuche, das „Portal Gottes“ zu stoppen, hat man nur Spott und Hohn übrig. Gemeint ist der katholische Theologe David Berger, den nach der Hetzte gegen den toten Dirk Bach die Initiative „Stoppt Kreuz.net“ gründete und gemeinsam mit dem Bruno Gmünder Verlag eine Belohnung von 23.000 Euro für Hinweise auf Standort und Hintermänner der Homepage auslobte.

Auf solche Hinweise stützen sich jetzt die Staatsanwaltschaften. Deren Interesse für die Medienmacher findet auf kreuz.net bisher keine Erwähnung. Schon länger gibt es die Plattform kreuts.net, laut Impressum die Initiative „einer internationalen privaten Gruppe in Europa und Übersee, bestehend aus Schwulen, Lesben, Juden, Moslems, Christen und noch vieles mehr". Sie widmet sich ausschließlich dem Kampf gegen kreuz.net.

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6 Kommentare

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  • M
    Micha

    Offenbar haben alle Rechten eine Konzentrationsschwäche.

     

    "Auf kreuz.net hetzen Leute gegen Minderheiten..."

    "Aber Deutschland hat keine Verfassung!"

     

    Ernsthaft. Ist es so schwer beim Thema zu bleiben? :D

  • ID
    In den Knast

    @Wurstfinger

    "Kann die ganze Aufregung nicht verstehen (...)

    Ansonsten hat jeder das recht zu sagen oder zu schreiben was er will. Auch Kreuz.net. ..." schreiben Sie u.a.

     

    ----------

     

    Das lässt nur zwei Schlüsse zu ...

    a) Sie haben keine Ahnung worüber Sie schreiben

    b) Sie sind Sympathisant der Klerikal-Faschisten von kreuz.net

     

    Du bist falsch! Das hier ist die taz und nicht kreuz.net!

    Immer schön rechts halten, dann findest du hin.

     

    ----------

     

    Fakten, statt dumme Sprüche:

     

    "... Seit zehn Jahren verbreitet die deutschsprachige Seite ungestraft hemmungslosen Hass. Es ist die Schnittstelle zwischen den ultraorthodoxen Katholiken und den alten und neuen Nazis. Ein Klerikalfaschismus, der nicht die geringsten Hemmungen hat, Einzelpersonen genauso wie ganze Bevölkerungsgruppen aufs Übelste zu diffamieren. Zwischen den Zeilen steht bei kreuz.net immer nur eins: der Aufruf zum Pogrom (...)

     

    (...) Jede einzelne dieser Beleidigungen würde ausreichen, vor einem deutschen Amtsgericht mindestens zu einer hohen Geldstrafe, wenn nicht zu Gefängnis verurteilt zu werden ..."

     

    Quelle: http://www.bayerische-staatszeitung.de/staatszeitung/politik/detailansicht-politik/artikel/die-lust-am-digitalen-hoellenfeuer.html

     

    ----------

     

    „(…) Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die Internetseite kreuz.net als grundgesetzwidrig ein (...) Etliche Beiträge seien nicht vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt und überschritten die Grenzen zur Strafbarkeit ..."

     

    Quelle: http://www.queer.de/detail.php?article_id=16219

     

    -----------

     

    Das Strafgesetzbuch (StGB) führt im § 130 Volksverhetzung u.a. folgendes aus:

     

    Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, die Menschenwürde

    anderer dadurch angreift, dass er

     

    1. zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt,

    2. zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder

    3. sie beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,

     

    wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft.

  • S
    Schmidt

    kreuz.net hat wirklich Unterhaltungswert. Ich habe selten solch hirnverbranntes Zeug gelesen, zum Brüllen komisch. Da ist von "Kotstechern" die Rede,von der "Gaystapo" und der "ewigen Verdammnis". Die Verfasser dieser Elaborate kommen offensichtlich mit ihrer eigenen Homosexualität nicht klar. Interessant und wertvoll dagegen sind viele Leserkommentare, die den Verfassern kontra geben. Jedenfalls ist dieses Portal kein Fall für den Verfassungsschutz. Das ist Meinungsfreiheit und eine Demokratie muss das ertragen können.

  • W
    Wurstfinger

    Kann die ganze Aufregung nicht verstehen, wenn sich die Angehörigen und Eltern von D.B. beleidigt fühlen, dann sollen sie halt Anzeige erstatten.Seine Kinder können dies aus Gründen des Nichtvorhandenseins nicht tun, wie auch?

    Ansonsten hat jeder das recht zu sagen oder zu schreiben was er will.

    Auch Kreuz.net.

  • S
    Seltsam

    Also im Koran steht zu Schwulen nichts besseres. Es dürfte zu bezweifeln sein, daß er nun verboten wird. Kopfgelder erwarte ich auch keine. Seltsam. Man könnte die Hetzseite kreuz.net doch einfach mal "deuten", "im Kontext sehen" und was sonst nötig ist um dann zur Erkenntnis zu gelangen wie friedlich das Ganze ist. Klappt sonst doch auch. Oder müssen die Betreiber vorher mit ´ner Axt vorbeikommen oder den Staatsanwaltschaft, den Sitz der Schwulenbewegung und die taz in die Luft jagen damit man ihre "Friedlichkeit" entdeckt? Das würde den harten Einsatz gegen die paar Spinner von kreuz.net natürlich erklären. Ist halt politisch-ideologisch passend und wesentlich ungefährlicher. Mir persönlich ist es sch+++egal ob jemand findet, daß Schwule in der Hölle brennen solange er sie dort nicht vor ihrem natürlichen Tod dort sehen will. Das Erstere tun die Spinner von kreuz.net, das Zweitere geschieht in vielen islamischen Staaten täglich und ist offizielles auf dem Koran basierendes Gesetz.

  • G
    Grunzgesetz

    Immerhin gibt's in Österreich wenigstens eine Verfassung, was in Deutschland ja offensichtlich nicht möglich zu sein scheint.