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Debatte SyrienZeit, zu handeln

Kommentar von Kristin Helberg

Der Opposition fehlt es an Geld und internationalem Vertrauen. Dabei ist sie der Garant dafür, dass am Ende nicht die Dschihadisten gewinnen.

Zerstörtes Hospital in Aleppo. Bild: dapd

S yriens Opposition hat sich endlich zusammengerauft. Auf dem Treffen der neu gegründeten „Nationalen Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte“ Mitte November in Doha sprach ihr Vorsitzender Moaz al-Khatib von „Freiheit für jeden Sunniten und Alawiten, jeden Christen und Drusen“ und vom „Unrecht gegen das große kurdische Volk“.

Neben dem moderaten sunnitischen Geistlichen und studierten Geophysiker al-Khatib saßen Riad Seif und Suheir al-Atassi, zwei herausragende Figuren der Opposition. Einen dritten Stellvertreter sollen die syrischen Kurden benennen.

Damit hat die syrische Opposition endlich das, was sie braucht: eine Führung, die fast alle Bevölkerungsgruppen und politischen Strömungen vereint und Glaubwürdigkeit innerhalb des Landes genießt. Doch das allein reicht nicht.

Denn die Aktivisten, Revolutionäre, Deserteure und freiwilligen Kämpfer, die die Einheit und Vielfalt des syrischen Volkes beschwören, sich für Versöhnung stark machen und die eigene Moral hochhalten, sind nur die eine Seite des syrischen Widerstands.

Daneben sind Extremistengruppen auf dem Vormarsch, die islamisch auftreten und in ihren Videos nicht einmal mehr die Unabhängigkeitsfahne – das Symbol der syrischen Revolution – verwenden.

photoart berlin
Kristin Helberg

lebte von 2001 bis 2008 in der syrischen Hauptstadt Damaskus und berichtete für die Hörfunkprogramme der ARD und den Schweizer Rundfunk. Heute arbeitet sie als freie Journalistin und Nahostexpertin in Berlin.

Ihre radikalislamischen Positionen machen den meisten Syrern Angst. Aber auf ihre militärischen Fähigkeiten, ihre Ausrüstung und Erfahrung kann die Freie Syrische Armee im Kampf gegen das Assad-Regime nicht verzichten. Sie wandelt daher auf einem schmalen Grat bei dem Versuch, radikale und vom Ausland gesteuerte Gruppen in die syrische Revolution einzubeziehen, ohne sich von ihnen vereinnahmen zu lassen.

Damit aus dem Aufstand des syrischen Volkes gegen die Diktatur kein religiöses Unterfangen wird, muss die Nationale Koalition überall dort, wo das Regime die Kontrolle verliert, das Heft in die Hand nehmen. Das kann sie jedoch nur, wenn sie den Aktivisten und Kämpfern vor Ort auch etwas anbieten kann. Schließlich setzen diese seit Monaten ihr Leben aufs Spiel.

Geld und Vertrauen

Was aber hat die Nationale Koalition bisher zu bieten, außer ein paar namhaften Oppositionellen, weisen Worten und dem diplomatischem Schulterklopfen vonseiten der Europäer und Amerikaner?

Was sie wirklich braucht, sind Geld und Vertrauen. Sie muss die Not der Menschen in Syrien lindern, in befreiten Gebieten eine überzeugende Post-Assad-Ära begründen und die unzähligen, teils kooperierenden, teils zerstrittenen Brigaden zu einer schlagkräftigen Militärmacht vereinen.

Die Nationale Koalition muss dafür zur effektiven Anlaufstelle werden. Ausländische Gelder sollten von ihr zentral eingesammelt und verteilt werden. Und zwar nach Kriterien, die allein syrischen Interessen dienen und ohne Einmischung von außen festgelegt werden.

Die Opposition braucht Waffen

Über den Bedarf und Einsatz von Waffen sollten dann die Militärräte der verschiedenen Provinzen entscheiden, die mit den jeweiligen Revolutionsräten zusammenarbeiten. Geld für humanitäre Hilfe bekämen die lokalen Koordinierungskomitees und alle anderen Organisationen, die sich vor Ort um die Versorgung von Verletzten, Kranken, Witwen, Waisen und Flüchtlingen kümmern.

Zum Aufbau alternativer staatlicher Strukturen sollte die Nationale Koalition mit Gremien und Personen zusammenarbeiten, die bereits zivile Selbstverwaltung praktizieren und sich der religiösen und ethnischen Vielfalt der syrischen Gesellschaft verpflichtet fühlen.

Vertrauen ist unerlässlich

Eine Finanzierung der Nationalen Koalition im Vertrauen darauf, dass diese schon das Richtige mit dem Geld macht, wird den Sponsoren schwerfallen, ist aber unerlässlich. Die USA und Europa argumentieren, Waffen könnten in die Hände von Extremisten fallen, die eine internationale dschihadistische Agenda verfolgen und somit westliche Interessen gefährden.

Das Argument ist jedoch hinfällig geworden. Denn genau diese Gruppen feiern derzeit große militärische Erfolge und erobern zunehmend schwere Waffen wie Panzer und Flugabwehrraketen aus den Beständen der gut ausgerüsteten syrischen Armee.

Eine koordinierte Unterstützung von außen ist folglich umso dringender, da mit Hilfe der Nationalen Koalition diejenigen Kräfte gestärkt werden, die für Freiheit und Demokratie in Syrien kämpfen. Ausländische Finanzhilfe wird also mäßigend auf den Konflikt wirken, nicht verschärfend.

Russland ins Boot holen

Parallel dazu muss sich nach der Opposition nun auch die internationale Gemeinschaft politisch und diplomatisch zusammenraufen und zu einem koordinierten Vorgehen in Syrien finden. Wichtigste Voraussetzung dafür ist, Russland davon zu überzeugen, dass es eine Alternative zu Assad gibt, die kein Kalifat bedeutet.

Nur wenn Moskau die Nationale Koalition als glaubwürdigen Vertreter des syrischen Volkes anerkennt, kann es sich gesichtswahrend vom Regime in Damaskus abwenden und damit den Weg für eine politische Lösung ebnen. Ohne Unterstützung aus Russland und konfrontiert mit einer besser ausgestatteten und koordinierten Freien Syrischen Armee wird sich das Regime aus immer mehr Landesteilen zurückziehen müssen, um Damaskus und das Küstengebiet zu halten.

Politischen und militärischen Druck erhöhen

Es bedarf also gleichzeitig politischen und militärischen Drucks, um das Regime zum Einlenken zu bewegen. Erst wenn Baschar al-Assad mit dem Rücken zur Wand steht, wird er die eigene Machtübergabe verhandeln. Alles andere ist Wunschdenken. Für diesen Moment muss im befreiten Norden Syriens bereits eine neue staatliche Ordnung entstanden sein, die beweist, dass auf Assad nicht das Chaos, sondern etwas Besseres folgt.

Heraushalten ist in Syrien keine Option mehr. Statt weiter die Radikalisierung und Militarisierung des einst friedlichen Volksaufstands zu beklagen, gilt es jetzt endlich zu handeln.

Mit der Nationalen Koalition ist eine übergangstaugliche Alternative zum Assad-Regime entstanden. Sie verdient schnelle und unbürokratische Unterstützung. Damit am Ende die Syrer über ihre Zukunft entscheiden und nicht al-Qaida.

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8 Kommentare

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  • I
    isam

    Der Artikel ist unsäglich aber bei der Lektüre des Buches der Autorin dieses Artikels (Brennpunkt Syrien, herausgegeben von der Bundeszentrale für politische Bildung) merkt man zumindest durch jeden Satz, wie sehr sie das Land lieben gelernt hat. Meine Unterstellung im vorhergehenden Kommentar muss ich also zurücknehmen. Gleichzeitig verstehe ich nicht, wie man zu den Schlussfolgerungen des Artikels kommt, wenn man auch nur eine halbwegs gründliche Analyse des Konfliktes in Syrien vorgenommen hat.

  • N
    Niedra

    Was will uns die Autorin da weißfärben? Wie naiv muss man sein, wenn man in diesem Krieg die Guten und die Bösen sieht? In Lybien ist es nicht besser geworden, in Tunesien auch nicht, Ägypten steht kurz vor einem Bürgerkrieg. Der feste Glaube an 'den Westen' hilft da auch nicht. Journalismus sollte schon mit mehr Substanz daherkommen.

  • P
    Pete

    Wurde der Artikel überhaupt recherchiert? Hinter den Kulissen ist diese sogenannte "Opposition" vollkommen uneins. Was jeder nach einer kleinen Internetsuche nachprüfen kann. Das was uns gezeigt wird ist inszeniert. Es ist bedauerlich, dass nahezu alle Deutschen Medien mit in die Propagandaschiene schlagen, die taz ist da leider keine Ausnahme.

  • I
    isam

    Wieder einmal macht die TAZ sich zur Vorhut der Kriegstreiber. Als ob der Westen sich bisher herausgehalten hätte! Der Westen über seine Schoßhunde Qatar und Saudi-Arabien liefert massenweise Waffen an die Terroristen!

    Wenn wir uns herausgehalten hätten, wäre der Konflikt längst beigelegt und es wären nicht tausende Syrer gestorben.

    Was bitte sollen neue Waffen? Frieden schaffen? Mit islamistischen Ai-Qaida Kämpfern und einer vollkommen durchgeknallten, von Hillary Clinton zusammengeschusterten Oppositionsgruppe, die im Land keinerlei Einfluss hat? Bereits einen Tag nach dem die Marionetten-Clique in Katar installiert war, haben die islamistischen Kämpfer in Syrien erklärt, dass sie diese nie anerkennen werden.

    Wer so lange in Damaskus gelebt hat wie die Autorin dieses Artikels müsste die Stadt eigentlich lieben gelernt haben. Dann zur Zerstörung des syrischen Staates und der wiege der Zivilisation aufzurufen ist schon allerhand!

    Schämen Sie sich!

  • O
    Observer

    Warum erinnernt mich das Alles an die Situation damals wie heute in BIH?

    - Auch wenn der Konfliktauslöser ein Anderer war. -

  • N
    neubau

    KRIEGSTREIBER!

    So einfach wie in den anderen arabischen Ländern ist die Situation in Syrien nicht. Dass Unschuldige leiden müssen, das ist die Natur des Krieges. Kein Krieg funktioniert anders. Krieg ist immer grausam.

  • B
    Benz

    Soll das ein Witz sein? Die Opposition sind die Islamisten. 90% der Oppositionellen sind radikale Islamisten, die einen Gottesstaat errichten und alle 'Ungläubigen' in Syrien umbringen und vertreiben wollen.

    Und mit solchen brutalen Mördern soll der Westen gemeinsame Sache machen? Als aufgeklärte, säkulare, fortschrittliche Bürger ist es selbstverständlich, dass man Präsident Assad unterstützt. Er vertritt die gemässigten, vernünftigen Kräfte Syriens.

  • K
    Kalimbour

    Ich frage mich warum, kein einziges Attentat der "Islamisten" von al Nusrah (die sich ja dazu bekannt haben) nicht ausdrücklich von diesem undurchschaubaren Geflecht aus "stellverstretender syrischer Regierung" und der FSA ausdrücklich verurteilt wurde! Es kann sein, das ganz nebenbei, der eine oder andere Akteur dieser "Koalition" diese Ereignisse als Verbrechen bezeichnet hat, doch erinnert man sich an den Namen? NEIN! Hat dieser feine Herr Moaz el Khatib ganz offiziell das letzte Attentat in Jaramanah verurteilt? NEIN! Hat irgendeiner dieser "Freunde Syriens" aufgemuckt? NEIN! Warum? Weil die FSA ganz einfach anders konstituiert ist, als man dies hier durch die parteiischen Medien erahnen kann! Es handelt sich vielmehr (neben den paar Deserteuren) um Splittergruppen die nur eins gemeinsam haben: Islamischen Fundamentalismus und Unterstûtzung aus...Katar, SA, Frankreich, USA, GB usw; erhalten! Und da kann sich ein al Khatib es sich einfach nicht erlauben diese Gräueltaten zu verurteilen, da die meisten "FSA" Leute Djihadisten sind, die bei jedem Schuss "Allahouakbar" brüllen! Es gibt sogut wie kein Video auf dem Inet, dass beweisen würde; dass es sich um politisch motivierte Freiheitskämpfer handelt! 90% des Geschreis besteht aus "allahouakbar"! Das ist eine Tatsache, die leicht überprûft werden kann!