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Finnisches Endlager für AtommüllKupferkapseln im Lehm

Die finnischen AKW-Betreiber beantragen die Genehmigung für ein Atommüll-Endlager. Probleme bei den Sicherheitsfragen macht vor allem die Ewigkeit.

Bis in eine Tiefe von 455 Meter sind die Endlager-Bauer in Onkalo schon vorgedrungen Bild: dpa

STOCKHOLM taz | Im ersten Land Europas tritt der Bau eines Endlagers für hochradioaktiven Atommüll in eine konkrete Phase: Am Freitag reichte Posiva, die Atommüllgesellschaft der finnischen AKW-Betreiber, bei der Regierung in Helsinki den Antrag auf Bau eines solchen unterirdischen Atomklos ein.

Bei einem Ja will Posiva 2015 mit dem Bau beginnen. Das Lager könnte dann 2020 fertig sein, es soll rund 100 Jahre betrieben und dann „für alle Ewigkeit“ hermetisch verschlossen werden.

Onkalo heißt der Ort für das geplante Endlager 230 Kilometer nordwestlich von Helsinki in der Gemeinde Euraåminne an der finnischen Westküste. In einem ins Felsgestein gebohrten Tunnelsystem sollen in rund 450 Metern Tiefe etwa 9.000 Tonnen abgebrannte Brennelemente gelagert werden.

Für Onkalo spricht die Logistik: Das größte finnische Atomkraftwerk Olkiluoto liegt gleich nebenan, hier können Schiffstransporte vom südfinnischen AKW Loviisa anlegen. Und vor allem: Aus dem wirtschaftlich von Olkiluoto abhängigen Euraåminne gab es kaum Widerstand.

Auch technisch muss man in Onkalo nicht bei null anfangen. Offiziell im Rahmen eines Erkundungsprojekts wird hier seit 2004 gebohrt und gesprengt. Die Grubengänge sind mittlerweile fast fünf Kilometer lang und reichen bis in eine Tiefe von 455 Metern. Ausgehend davon soll das Endlager gebaut werden.

Kritiker stellen nicht nur infrage, wie vorausschauend ein unmittelbar am Ostseeufer gelegenes Endlager angesichts des zu erwartenden globalen Anstiegs des Meeresspiegels wäre, sondern auch die Endlagermethode selbst: Der Müll soll in Kupferkapseln gelagert werden, die in Lehm eingebettet sind.

„Zur Seite gelegt“

Man geht von einer Korrosionsgeschwindigkeit von nicht mehr als 0,5 Nanometer pro Jahr aus. Das soll reichen, den Müll für „alle Zeiten“ – mindestens die 100.000 Jahre, in denen er eine Strahlengefahr darstellt – sicher zu lagern.

In mehreren Versuchsreihen zeigte sich Kupfer aber sehr viel korrosionsanfälliger. Solche Daten, die das Endlagerkonzept infrage stellten, seien aber „zur Seite gelegt“ worden, behauptete ein Posiva-Mitarbeiter kürzlich im finnischen Fernsehen.

Kritiker sehen eine Alternative. Sie wollen die abgebrannten Brennstäbe in drei bis fünf Kilometer tiefen Bohrlöchern lagern. Das würde auch Bedenken von Geologen ausräumen, das nur einen halben Kilometer tiefe Endlager könne der nächsten Eiszeit nicht standhalten. Sollten die Kapseln bis dahin noch nicht zerstört sein, würden sie dann wohl zerquetscht.

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5 Kommentare

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  • C
    carolinasusina

    "ENDLAGER"??? Was bitte soll das sein??

     

    Ein "End-Lager" für (nach menschlichen Maßstäben jedenfalls) ewig weiterstrahlenden Müll suchen zu wollen, das ist als würden die Einwohner Schildas sich aufmachen, um nach einem quadratischen Kreis zu suchen.

     

    Atommüll kann man nur unter großen Gefahren für uns Menschen und alle anderen Lebewesen provisorisch lagern und dabei verzweifelt versuchen, die Risiken einigermaßen im Zaum zu halten (von beherrschen kann keine Rede sein). So etwas wie ein "sicheres Endlager" kann es für Atommüll nicht geben. Das Ende der Gefahr, die von ihm ausgeht liegt weit außerhalb unseres Vermögens.

     

    Der Begriff "Endlager" ist eine Erfindung, die uns darüber hinwegtäuschen soll, daß die einzig sichere Vorgehensweise ist, Atommüll gar nicht erst zu erzeugen. Wer ihn gebraucht, zeigt damit, wie viel (bzw. wenig) Gedanken er/sie sich über die Problematik gemacht hat.

     

    Eine Wortschöpfung, die jeden nachdenklichen Menschen an andere grauenhafte Wortschöpfungen wie "Endsieg" z.B. erinnert, gemacht von Ideologen die glaubten, uns end-gültige Antworten aufzwingen zu können und denen das Leben nichts galt.

     

    Stoppt das Krebsgeschwür Atomkraft! Atomkraft abschalten. Jetzt und weltweit!

  • E
    Ethiker

    Laut TAZ Bericht vom 2.1.2013 erkrankten im Umfeld der Asse doppelt so viele Männer an Leukämie und dreimal so viele Frauen an Schilddrüsenkrebs wie im Landesdurchschnitt. In Deutschland hat sich die Anzahl der Krebs Neuerkrankungen pro Jahr seit Chernobyl verdoppelt. Die IAEA gibt im letzten Jahresbericht bekannt, dass die Nuclearbranche plant in den nächsten 80 Jahren 5,4 Mio. Tonnen Uran anzureichern.

     

    Leute, wir arbeiten daran die DNA unserer Enkel und Urenkel "nachhaltig" zu verändern.

  • E
    Erfinder

    100.000 Jahre Strahlengefahr !

  • K
    Krister

    Die Ortsbezeichnung ist ein wenig verwirrend. Die einheimische Bevölkerung in dem Ort ist zu über 98% finnischsprachig. Auf finnisch heißt die Kommune Eurajoki. Die schwedischen Medien benutzen natürlich den schwedischsprachigen Ortsnamen Euraåminne.

  • K
    Kluchscheißer

    Der Name der Stadt ist "Eurajoki", die schwedische Bezeichnung ist "Eura°aminne". Laut Wikipedia ist die Gemeinde komplett finnischssprachig. Hat es einen Grund, den schwedischen Namen zu verwenden? (Vielleicht sagen Sie ja auch Abo, Helsingfors oder Tammerfors statt Turku, Helsinki oder Tampere?)