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Streit der WocheHat das Fernsehen eine Zukunft?

Die großen Sender klagen über schwindende Werbeeinnahmen. Und die wirklich guten Künstler kommen aus dem Netz.

Hat das Fernsehen eine rosige Zukunft? Blumig sieht's hier aus. Bild: dapd

Ich habe noch nie einen Fernseher besessen. Früher habe ich lieber Bücher gelesen. Heute bin ich pragmatischer und stelle fest: Es gibt ja auch die Mediathek im Internet. Die Arte-Reportage läuft im Fernsehen samstags um 18 Uhr, eine Zeit, zu der ich mich eher in Ausnahmefällen vor den Fernseher setzen würde. Dank der Mediathek kann ich sonntags im Bett lümmeln und einschalten, sobald die Pizza fertig ist.

Abends läuft der Tatort – auch in der Mediathek. Es gäbe zwar auch den Livestream, der genauso wie das Fernsehen funktioniert, aber da meine Freunde und ich immer spät dran sind, kommt er nie in Frage. Mit dem guten alten Fernseher hätten wir in den letzten Monaten zwei Drittel aller Morde verpasst. Dank Mediathek kann ich sogar noch eine Tüte Chips vom Kiosk holen, auch wenn es schon halb neun ist.

Am 29. Januar werden die Nominierungen für den Grimme-Preis 2013 bekannt gegeben. Dann werden wieder die besten Fernsehsendungen, Serien und Reportagen des Jahres gekürt. Aber die richtig tollen Sachen, die kreativen Köpfe, die jeder Fernsehsender haben möchte, die kommen längst aus dem Internet.

Katrin Bauerfeind moderiert heute ihre eigene Sendung auf ZDFkultur. Aber berühmt wurde sie mit „Ehrensenf“, einer Fernsehsendung, die es nur im Internet gab. Und Tedros Teclebrhan, der heute als Kabarettist durch Deutschland tourt und zwischendurch seine eigene Sendung auf ZDFneo hatte, wurde deutschlandweit bekannt, weil sein Quatschclip „Umfrage zum Integrationstest“ 18 Millionen Klicks auf Youtube hatte. Bisher läuft es so, dass die Internetstars von großen Fernsehsendern engagiert werden, wenn sie im Internet Erfolg hatten. Wie lange das noch so und nicht andersherum läuft, ist die Frage.

Denn, lange war es undenkbar, aber auch den Fernsehsendern geht das Geld aus: Die Zuwachszahlen bei TV-Werbung stagnieren bei 2,2 Prozent, im Internet sind es 17 Prozent. Und für private Fernsehbetreiber war 2012 Werbung immer noch die wichtigste Einnahmequelle.

taz

Den kompletten Streit der Woche lesen Sie in der sonntaz vom 26./27. Januar 2013. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz.

Die Verschiebung des Werbemarktes ins Internet dürfte weder für RTL noch für ProSiebenSat.1 ausreichen. Deshalb haben beide Konzerne als Ziel angegeben, 50 Prozent der Einnahmen unabhängig vom klassischen Werbegeschäft zu erwirtschaften. Immer öfter hört man das Wort Pay-TV.

Dass Zeitungen sterben, wissen wir schon. Ist jetzt das Fernsehen dran? Internet kills the videostar?

Hat das Fernsehen eine Zukunft?

Diskutieren Sie mit! Die sonntaz wählt unter den interessantesten Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlicht sie in der sonntaz vom 26./27. Januar. Der Kommentar sollte etwa 900 Zeichen umfassen und mit dem Namen und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Oder schicken Sie uns bis Mittwoch, 23. Januar, eine Mail an: streit@taz.de

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13 Kommentare

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  • G
    geschichtswerkstatt

    Ich kann mir vorstellen, dass der elementare Wunsch nach passivem Unterhaltenwerden einmal nachläßt und eine Generation heranwächst, die den direkten Blick auf ihre Gegenwart und ihr jeweiliges Umfeld vorzieht. Das war ja früher, vor der großen Zeit des Radios auch so. Und außerdem erzeugt die moderne Medientechnik jede Menge Eletrosmog. Es könnte also leicht passieren, dass die Mediziner eines Tages kommen und verkünden: entweder Burnout und Depression oder raus aus dem Smog. Ähnlich wie bei der Kernenergie.

  • UR
    Uwe Roos

    Die Frage der kulturellen Zukunftsfähigkeit eines Trägermediums, ist keine Neue. Das hat zum Teil markttechnische Gründe die im Expansionsstreben eines neuen Absatzmarktes begründet liegen. Wenn es eine diskussionswürdige Skepsis gegenüber dem Fernsehen gibt, liegt diese nicht in Ihrem linearen Charakter oder der Konkurrenznsituation durch das Internet, sondern in den zunehmenden Qualitätsabstufungen und der Diktatur der Quote. Beide Punkte, die ineinandergreifen, sind hausgemachte Probleme, die auch einer gewissen Histerie in den Sender geschuldet sind. Hier unterscheiden sich leider private und öffentlich-rechtliche Sender nur marginal. Qualität, egal in welchem Umfeld, wird sich immer durchsetzen. Die Parallelität der Medien, nicht das entweder oder sind die Zukunft in einer sog. Informationsgesellschaft. Denn auch das Buch wird nicht durch das e-Book ersetzt werden. Und die gedruckte Zeitung wird nicht durch die Präsenz des Internet überflüssig werden. Neue Ideen und zukunftsfähige Konzepte sind gefragt.

  • B
    Blanko

    Klares Nein!

     

    Warum? Weil das Fernsehen hilft, die Zeit zu strukturieren und Rituale zu schaffen - beides brauchen Menschen, vor allem wenn sie Kinder haben. Um 8 fängt die Schule an, um 18.50 Uhr kommt der Sandmann, um 19.00 Uhr Yakari - danach ein Buch, und dann geht's ins Bett. Schon mal versucht, ein unwilliges Kind zum Anziehen des Schlafanzuges oder zum Zähne putzen zu bringen? Ein Argument zieht: Yakari ja, aber nur, wenn Du fertig bist.

     

    Und um 20 Uhr schaut Papa "Tagesschau", weil er einmal am Tag komplett informiert werden will, ohne sich durch 1.000 werbeverseuchte Internetseiten zu klicken (und am Tag darauf die Tageszeitung aus dem Briefkasten zur vertiefenden Analyse). Sport guckt man auch live, weil andernfalls die Spannung raus ist. Und den Tatort schaut man auch Sonntag-Abend und nicht irgendwann, weil oft gilt: Was man nicht gleich macht, macht man nie.

     

    Natürlich gibt es sehr viel Müll im Fernsehen, aber im Internet gibt es noch mehr Müll.Da fragt auch keiner: Brauchen wir noch das Interet?

  • T
    tagesschau

    So lange es noch so interessante Sendungen gibt wie jetzt wieder das "Dschungelcamp", wird das Fernsehen bestimmt nicht abgeschafft werden! Zeitversetztes Schauen im Internet ist beim unterhaltsamen "Dschungelcamp" nicht möglich, da die Sendung aus dem australischen Urwald viel zu spannend ist: Da kann man's echt nicht abwarten! Und hat immer jede Menge neuen, interessanten Gesprächsstoff.

    Fazit: So gut wie alle Formate im TV müssen schleunigst auf Dschungelcampniveau gebracht werden, um die Zukunft der Glotze zu sichern.

    Auch eine heiße Bundestagssitzung im schwülen Dschungel mit diversen Ekelprüfungen könnte man sich gerne ansehen.

  • S
    Synoptiker

    Im Gegensatz zu anderen, sehe ich die Fernsehgebühr nicht als Zwangsabgabe sondern als notwendiges Übel.

    Dieses Übel ist aber geringer als die professionelle konsum-anheizende Berieselung durch die Privaten-Fernsehsender. Allerdings gibt es Entwicklungen bei den Öffentlich-Rechtlichen die zu kritisieren sind: Unnötige Sendungs-Profile, unnötige Promi-Moderatoren, Nachrichtensprecher werden zu Stars, zuviel Adel, zuviel Karierenförderung, zu viele Talkshows. Politik-Formate zu wenig überparteilich, im ZDF bekommen die kleineren Parteien zu wenig Aufmerksamkeit. Ansonsten wird es Fernsehen weiterhin geben, allerdings schrumpft die junge Zuschauer-Generation. Folge durch Internet etc.

  • K
    Kimme

    Kein Wunder das den Öffentlich Rechtlichen das Geld ausgeht, wenn man bedenkt wieviel die Intendanten, ein Thomas Gottschalk und andere verdienen. Dort wäre als erstes der Rotstift anzusetzen.

    Und das die Privaten Sender einen Rückgang der Werbeeinnahmen verzeichnen ist auch nicht verwunderlich. Bei den TV-Formaten die RTL, Sat.1 und RTL2 zu laufen haben würde ich auch keine Werbung schalten. Bei "Berlin Tag und Nacht" und den ganzen anderen Dumpfbackensendungen schalten so oder so nur Hartz4-Haushalte ein und die haben bekanntlich wenig Geld für Konsum.

  • DU
    Der Uli

    Fernsehen? Ach ja, dieser lustige Kasten, wo dann alle davorsitzen und reinstarren ...

    Fernsehen ist etwas für ... FernsehzuschauerInnen, und es ist nur ein gradueller Unterschied zwischen Arte und RTL: Es wird passiv konsumiert, was aus der Kiste herausrieselt.

    Wie viele Leute konnten nicht zur Demo gegen Fremdbestimmung, weil grad Dallas lief?

  • EZ
    Elke Zimmermann

    Immer dieses ultimative Gerede von der Abschaffung. So wie die Welt nicht schwarz-weiß ist, geht es nicht um die Existenz des TV. Es geht darum, wie die Sender auf die neuen Begebenheiten durch Internet reagieren. Ich gehöre immer noch zu denen, die gerne Radio hören und sich auch mal vor den Fernseher setzen. Da muß nicht ich das Programm zusammenstellen, sondern da kann ich mich berieseln lassen und erfahre so ganz nebenbei Dinge, die ich nie gesucht hätte und die trotzdem interessant sind. Diese Mediatheken finde ich viel zu anstrengend. Und wenn mir das alles zu blöde ist, dann greife ich auch gerne noch zum altmodischen Buch 1.0

  • J
    Jan

    Meine eindeutige Antwort ist ein klares jein!

     

    Angesichts der Zwansabgaben an die GEZ ist die Finanzierung der ÖR-Fernsehanstalten langfristig gesichert und keine Regierung würde eine gratis Propagandamaschinerie einfach so abschalten. Es ist allerdings wahrscheinlich, dass Formate im Internet dem klassischen Fernsehen den Rang ablaufen werden und dieses keine Zuschauer mehr findet. Während die Fernsehsender, egal ob ÖR oder Privat, sich im wesentlichen auf die Zielgruppen 50+, Kinder und Jugendliche bis Anfang 20 eingeschossen haben, gibt es im Internet jederzeit jedes Format. Wenn es online genug legale und möglichst kostenfreie Angebote gibt, werden wohl alle die mit einem PC umgehen können den Fernseher auslassen.

     

    Statt sich zu beschweren könnten die klassischen Anbieter sich auch verändern und online ihre Werbeeinnahmen einfahren. Wenn sie es nicht tun, werden sie früher oder später in der Bedeutungslosigkeit versinken. Nur die ÖR Sender werden dann noch über den Bildschirm flimmern und ihrem "Informationsauftrag" gerecht werden.

  • O
    OMGWTFLMAO!

    Addendum:

     

    Vielleicht sollte sogar die Frage aufgeworfen werden, inwieweit jede Website bereits "Fernsehen" ist, denn wie beim Videotext (Fernsehen) werden auch Daten aus der Ferne auf einem Bildschirm sehbar gemacht (Fern-sehen), im Gegensatz dazu: bei der klassischen Zeitung oder dem Buch die liegen die Daten unveränderbar und unmittelbar greifbar vor mir auf dem Papier.

  • D
    David

    Ich denke das Medium „Fernsehen“ so wie wir es kennen, wird durch die Mediatheken im Internet abgelöst werden. Dort kann man gezielt Sendungen ansehen , ohne sich an ein Programm halten zu müssen. Die privaten Sender werden hoffentlich bald merken, das niemand ihren billig produzierten Scripted-Reality-Mist schauen will und entweder untergehen, oder wieder ein niveauvolles Programm senden. Letzteres halte ich aber für Unwahrscheinlich. Ich besitze keinen Fernseher und bin auch heilfroh darüber. Ein paar Sendung der Öffentlich-Rechtlichen schaue ich mir im Internet in der Mediathek an, aber der Rest, der anscheinend zum Verblöden der Massen gesendet wird, kann mir gestohlen bleiben.

  • O
    OMGWTFLMAO!

    "Hat das Fernsehen eine Zukunft?"

    Ziemlich doofe Frage: Meine Fernsehzeitung sagt mir, dass für morgen noch Programm geplant ist. Die Zukunft beginnt morgen (eigentlich schon gleich, aber der Slogan ist eingängiger). Als hat das Fernsehen eine Zukunft.

     

    Oder geht es um langfristige Zusammenhänge? Der Mensch wird, wenn er so weitermacht, nicht mehr lange überleben. mit dem Menschen wird auch das Fernsehen sterben. Nein, das Fernsehen hat keine langfristige Zukunft.

     

    Und dazwischen? Fernsehen als Video-Content auf dem Bildschirm wird bleiben - aber das ist Youtube auch.

    Das klassische, eindirektionale Versenden von Inhalten auf einer 24-Stunden-Zeitschiene wird langsam an Bedeutung verlieren und vielleicht verschwinden; das Fernsehen unterliegt, wie alles, einer Evolution.

    Die Frage, die also gestellt werden muss: Ist der Tatort um 20:15 in der ARD Fernsehen und der Livestream dieser Sendung in der Mediathek nicht? Ist derselbe Tatort später in der Mediathek etwa kein Fernsehen mehr? Den Eindruck erweckt die Fragestellerin.

    Oder geht es um das Abspielgerät? Wo ist der Unterschied zwischen Notebook, Tablet, PC mit TV-Out am Fernseher, Smart-TV und klassischer Röhre? Wo ist denn die Grenze zwischen Fernsehen und Nicht-Fernsehen?

     

    Jedes Sehen eines Video-Contents an einem Bildschirm oder ähnlichen zukünftigen Abspielgerät ist prinzipiell "Fernsehen". Und Sehen wird nicht verschwinden.

    Ergo: Die Frage ist vollkommen sinnlos und daher "Teh Doofness" schlechthin.

  • J
    Jupp

    Aufs Fernsehen sollte nicht verzichtet werden,

    da es offenbar für manche die Struktur für einen Zeitplan zu vergeben vermag.

     

    Dies ließe sich erhöhen, wenn die Privaten dass Feld räumten, was sie beim DVBT hoffentlich wahr werden lasssen.