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Hamburger Jugendlicher über die Haasenburg"Alle sagen: Scheiße, ich will hier raus"

Nicht am Fenster stehen, nicht aufs Bett setzen, Kontrolle selbst beim Duschen. Ein Hamburger Jugendlicher kommt zurück aus dem Heim in Brandenburg und berichtet.

Stand in der Haasenburg permanent unter Beobachtung: Nikolas. Bild: Kaija Kutter
Kaija Kutter
Interview von Kaija Kutter

taz: Nikolas, wann und weshalb kamst du in die Haasenburg?

Nikolas: Ich habe Diebstähle begangen und die Schule geschwänzt. Und ich kam nicht mit meiner Mutter klar. Deshalb bin ich auf Antrag meiner Amtsvormünderin im Juni 2011 dorthin gekommen.

Und wie war das?

Ich wurde von fünf Erziehern empfangen und gleich auf mein Zimmer gebracht. Dort war nur ein Bett, ein Tisch, ein Plastikstuhl, sonst gar nichts. Ich musste meine schwarze Jeans gegen eine helle Jogginghose tauschen. Alles Weitere musste man sich erarbeiten. Ich musste einen Aufnahmeordner mit vielen Aufgaben durcharbeiten.

Allein 18 Seiten zur Frage, welche Gewalterfahrungen ich hatte, mit einem kurzen Bleistift. Und jedes Mal, wenn mehr als drei Fehler auf einer Seite waren, musste ich alles neu schreiben. Ich habe eine Lese-Rechtschreib-Schwäche. Darauf nahmen die keine Rücksicht, deshalb dauerte das bei mir sehr, sehr lange.

Nikolas

15, heißt in Wirklichkeit anders und ist in Hamburg geboren und aufgewachsen. Er hat eine Heimkarriere hinter sich und lebte von Sommer 2011 bis Anfang 2013 im Haus Müncheberg der Brandenburgischen Haasenburg GmbH.

Das Heim hat drei Phasen. Du warst zunächst in der „Phase Rot“ mit den wenigsten Freiheitsrechten. Wie lang ging die?

Im Prinzip anderthalb Jahre. Erst am Schluss kam ich in „Phase Gelb“.

Die Haasenburg

Die brandenburgische Haasenburg GmbH betreibt die drei Heime Müncheberg, Neuendorf und Jessern mit insgesamt 60 Plätzen.

Ihr Konzept einer orthodoxen Verhaltenstherapie ist stark umstritten. Die GmbH selbst schreibt, dieses sei "in Fachwelt, Lehre und Praxis seit Jahren bekannt und hoch angesehen".

Aus Hamburg waren dort im Dezember 15 Minderjährige, der jüngste ist zwölf. Von elf ist bekannt, dass sie sich in "Phase Rot" befanden. Im Januar kamen zwei auf Gerichtsbeschluss frei.

Hattest du Kontakt zu anderen?

Ich hab in der Anfangsphase 90 Tage auf meinem Zimmer gesessen und durfte mit keinem anderen Jugendlichen reden. Man kann in der Zeit durch das Einhalten von Regeln Chips sammeln. Für zwei Chips darfst du an der Abendrunde teilnehmen.

Was ist das?

Das sitzen alle im Kreis und sollen sagen, wie ihr Tag war und ob sie ihre Chips verdient haben. Die Erzieher sagen dann, ja du hast den Chip verdient. Oder nein, du hast gegen Verhaltenspunkt so und so verstoßen. Aber man darf während der Neuaufnahme-Phase sowieso nicht dahin. Ich durfte erst im Herbst an diesen Abendrunden teilnehmen. Dann bin ich aber in einer Kurzschlussreaktion weggelaufen. Die haben dazu „Fluchtversuch“ gesagt und mich wieder zurück auf Null gestuft.

Also wieder nur im Zimmer?

Ja.

Kamst du an die frische Luft?

Einmal am Tag bin ich 20, 30 Minuten ums Haus gegangen. Unter Bewachung von vier Erziehern.

Was war das Schlimmste?

Dass ich permanent unter Beobachtung stand. Sogar nachts haben die mit der Taschenlampe ins Zimmer geleuchtet und waren richtig laut. Auch wenn ich auf Klo ging, stand die Tür richtig offen. Und beim Duschen stand ein Erzieher direkt vor der durchsichtigen Duschtür.

Hatten die Angst, dass du Seife verschluckst?

Die hatte ich ja gar nicht drin. Wir mussten das Duschgel immer gleich wieder rausgeben.

Also haben sie dich nackt gesehen. Nahmen sie keine Rücksicht auf dein Schamgefühl?

Nein.

Ich hörte vom Landesjugendamt, man wolle eben aufpassen, dass ihr Jugendlichen euch nicht verletzt.

Das war bei mir kein Thema. Ich hab mich nie geritzt oder so. Da werden einfach alle Jugendlichen über einen Kamm geschert.

Hast du Gewalt erfahren?

Gleich am ersten Tag saß ich in einer Lücke zwischen Bett und Wand auf dem Boden und hab geweint. Dort darf man aber nicht sitzen, weil die Erzieher einen dann nicht sehen können. Da kamen zwei Erzieher rein und haben mich dort hervorgezerrt, einer rechts, einer links.

Sie haben mir beide Arme auf den Rücken verdreht und beide Handgelenke so umgebogen, dass die Gelenke später sehr weh taten. Dann haben sie mich auf den Boden gebracht – zwei 100-Kilo-Männer – und 20 Minuten dort festgehalten. Von dem rauen Brandschutz-Teppich hatte ich Schürfwunden am Kopf und an der Hand.

Ihr durftet nicht mal auf dem Boden sitzen?

Ja. Und man darf auch nicht auf dem Bett sitzen oder liegen, sonst nehmen die das raus. Die sagen, das ist nur zum Schlafen.

Ist so etwas noch mal vorgekommen?

Ich musste mal zwei Stunden stramm stehen im Zimmer. Dass nennen die Auszeit. Das dauert so lange, bis sie meinen, dass man wieder runtergekommen ist. Nur: Was man dafür tun muss, weiß man halt nicht.

Wie kam es dazu?

Ich hatte am Fenster gestanden. Das darf man nicht, weil man Kontakt zu anderen Jugendlichen aufnehmen kann. Dann wurde ich gebeten, vom Fenster wegzugehen. Ich bin dann aufs Bett und hab geweint. Da kamen die Erzieher rein und haben mir die Auszeit gegeben. Die wollte ich nicht annehmen, weil ich nichts Böses gemacht hab. Dann haben die gesagt, du bleibst hier in der Mitte stehen, bis wir wiederkommen. Das hat zwei Stunden gedauert. Ich konnte mich nicht setzen, obwohl mir die Beine weh taten. An dem gleichen Abend musste ich noch mal stehen.

Wie wissen die Erzieher, was du tust?

Die Tür steht immer eine Handbreit offen. Ein Erzieher geht immer rum und guckt rein und bewacht mehrere Türen. Wenn etwas passiert, drückt er seinen Alarmknopf am Walkie Talkie und sie kommen alle angerannt. Auf der Etage ist auch ein Time-out-Raum. Da kommt man auch rein, wenn man Anweisungen nicht annimmt.

Zum Beispiel?

Wenn man mit einem Lehrer oder Erzieher eine heftige Diskussion hat und etwas lauter wird. Dann kommen die sofort rein. Ein Erzieher hat mich zum Beispiel auf meinen Strafprozess angesprochen, bei dem er dabei war. Die Sache ist jetzt erledigt, ich bekam einige Arbeitsstunden auferlegt. Aber er hat mich später wegen meiner Aussage als Lügner bezeichnet. Das machen die häufiger, dass sie extra provozieren, das haben sie auch zugegeben. Angeblich um meine Frustrationsgrenze zu testen und zu erhöhen.

Bist du mal gewalttätig geworden?

Nein. Es ging immer nur um Worte und laut werden.

Wie war dein Alltag?

Anstrengend. Man hat einen ganz engen Stundenplan. Ich wurde oft nicht fertig mit dem, was von mir verlangt wurde. Mittagsessen, Entspannungsübung und Abwasch zum Beispiel muss in einer Stunde erledigt sein. Nachmittags gibt es laut Plan anderthalb Stunden Gartenprojekt oder Sporttherapie. Das fällt oft aus. Dann muss man wieder am Schreibtisch sitzen und über Gartenarbeit schreiben.

Ich war im Haus Müncheberg, da gibt es die strengsten Regeln von allen Häusern. Man muss zum Beispiel immer rechts neben dem Erzieher laufen und geradeaus gucken und eine Armlänge Abstand halten.

Uns liegen Hausregeln vor, in denen das nicht steht.

Das sind die von Haus Neuendorf. Die geben sie immer raus, wenn Behörden fragen.

Wurden deine Briefe gelesen?

Ja, das kam vor. Auch wenn ich mit meinem Anwalt telefonierte, wurde mitgehört. Und ich wurde danach für das, was ich gesagt hab, kritisiert.

Was hat das mit dir gemacht, dass du so bewacht wurdest?

Es war schwer. Ich hab mich auch öfter beschwert. Zum Beispiel bei der Heimleitung und bei der Beschwerdekommission von Professor Dr. Bernzen. Es kam auch eine Sozialpädagogin und hat mit mir gesprochen, aber danach habe ich nichts mehr davon gehört. Später habe ich in einem Brief an mich gesehen, dass der Professor als Anwalt der Haasenburg arbeitet.

Seit einigen Tagen bist du wieder in zurück Hamburg. Wie bist du aus der Haasenburg rausgekommen?

Mein erster Unterbringungsbeschluss war im Sommer 2012 verlängert worden. Und das, obwohl der Gutachter bei mir keine Selbst- oder Fremdgefährdung sah. Dagegen hab ich Beschwerde eingelegt, nur handschriftlich per Brief, ohne Anwalt, weil ich keinen hatte. Ich hab geschrieben, dass die 24-Stunden-Kontrolle und das Ausgeschlossensein aus der Gruppe für mich fürchterlich ist und dass ich für eine gesunde Entwicklung den natürlichen Kontakt zu anderen Jugendlichen brauche.

Ich hab dann zum Glück über das Gericht Hilfe von einer Anwältin bekommen. Die hat gesagt, dass es sich bei meiner geschlossenen Unterbringung um eine Art Sicherheitsverwahrung handelt, die gegen das Gesetz verstößt.

Glaubst du, dass das Heim für manche Jugendliche gut ist?

Nein. 90 Prozent der Jugendlichen dort sind scheinangepasst, die sagen nur das, was die Erzieher hören wollen, ohne sich wirklich zu verändern. Hinter deren Rücken sagen alle: „Scheiß Haasenburg, ich will hier raus.“

Was für Jugendliche sind dort?

Teilweise welche, die Straftaten begangen haben oder Schule geschwänzt haben. Oder welche, die PC-süchtig sind, und die Eltern sich nicht genug drum kümmern. Und einige mit Drogenproblemen. Es gab Fälle, bei denen ich mich persönlich gefragt hab, was macht der hier.

Hattest du doch noch Kontakt zu anderen?

Ja, am Ende. Man darf aber, wenn die Erzieher dabei sind, nicht über früher reden. Wir haben uns heimlich Briefe geschrieben oder versucht zu reden, wenn ein Erzieher mal ein paar Minuten draußen war.

Gab es einen Erzieher, mit dem du dich gut verstanden hast?

Ja. Aber es sind viele gegangen. Die meisten sind auch gar nicht Erzieher von Beruf, sondern Bäcker, Landwirt oder Fleischer. Pro Etage gibt es oft nur eine richtige Fachkraft.

Wie lief das mit der Schule weiter?

Ich hatte Unterricht zuerst lange nur auf meinem Zimmer, dann später in der Gruppe. Ich hatte mich schließlich auch beim Landesschulamt für die externe Hauptschulprüfung angemeldet. Aber das haben sie mir versaut, weil ich an dem Tag auf meinem Zimmer bleiben musste.

Warum das?

Ich hatte drei Chipverluste hintereinander, weil ich gegen meine Verhaltenspunkte verstoßen hatte. Einer heißt, ich mach keine herablassenden Äußerungen. Ich hatte so etwas gesagt wie: „Oh, was ist das für’n Scheiß.“ Ein anderer war: Ich halte Ordnung auf meinem Zimmer. Da sind die sehr streng. Da reicht es schon, wenn die Sachen auf dem Schreibtisch nicht ordentlich liegen.

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33 Kommentare

 / 
  • T
    Tamara

    Die Petition existiert leider nicht mehr.

  • D
    Donata

    Strafrechtliche Konsequenzen und sofortige Entlassung der Erzieher.

    Therapeutische Pfichtbesuche bei Psychologischen Stellen ,die das Bewusstsein Ihrer Taten wecken.

  • E1
    Elmo 1982

    Also nach dem was ich gelesen habe bin ich sehr geschockt.Das sind ja Zustände wie im Schleswig Holsteinischen Paulyhof in den 60´er Jahren.Als ich eben den Link auf Youtube angesehen habe, ist mir aufgefallen das die Haasenburg GmbH einen eigenen Youtube Kalan unterhält.Mit schrecken habe ich einen RBB Bericht über das Heim gesehen, in dem alles anders dargestellt wird.Hier der Link:

    https://www.youtube.com/watch?v=WR6spoJeWN4

  • UG
    Uwe G.

    Ich war vor einigen Jahren selbst Mitarbeiter in der Haasenburg. Für mich ist diese Situation auch das Ergebnis einer regiden Personalpolitik. Der Umgang mit den Mitarbeitern spaltet oft jeder Beschreibung. Die KolLegen haben oft genau so viel Angst vor den Chefs wie die Jugendlichen. Dadurch kommt es häufig zu Ueberreaktionen im Umgang mit den Jugendlichen. Unterbezahlte, unerfahrene und wenig qualifizierte Betreuer sollen mit Jugendlichen umgehen, die z.T. eine kriminelle Karriere haben, von der "Normalbürger" nur träumen können. Ich erlebte mal einen Angriff eines Mädchens auf eine Kollegin, der nur durch das Eingreifen anderer Mitarbeiter verhindert werden konnte.

    Auf Grund des Umgangs mit den Mitarbeitern ist die Fluktuation sehr hoch und den Jugendlichen fehlen Bezugspersonen.

    Der Fisch fängt immer am Kopf zu stinken an.

  • JL
    Je La

    @sabine herberger

    wenn brutaler Drill in einem Kinderheim schon eher Foltermethoden entspricht, und Sie das auf eine widerwärtig-zynische Weise gutheißen, indem Sie die angeprangerten Methoden als "...Werte und Aufmerksamkeit, die sie in ihren familien nie bekamen..." bezeichnen, unterstützen sie mit dieser Meinung sadistische Erziehingsmethoden.

    Oder wollten Sie nur provozieren? Kann jemand ernsthaft so vermessen sein?

    Es hat in den Haasenburg-Heimen einen Todesfall gegeben (Lena).

    Es hat andere Jugendliche gegeben, die an den Folgen ihrer "Therapie" in den Haasenburg-Heimen leiden und um das zu verarbeiten, nun eine Psychothereapie durchlaufen.

    Vielen konnte (natürlich!!!) auf die Haasenburg-Weise nicht geholfen werden, sie landen danacv im Gefängnis oder sterben irgendwann viel zu jung.

    Was haben sie gegen Jugendliche, das sie so reden?

    Ich stelle nicht in abrede das es echte problemfälle gibt, aber es gibt dafür nicht-sadistische Methoden um diesen Jugendlichen zu begegnen und ihnen zu helfen.

     

     

    (originalzitat Sabine Herberger:

    25.01.2013 20:12 Uhr

    von Sabine Herberger:

    "Liebe Frau Kutter,

    danke für dieses Interview. Da bin ich froh, daß diese "armen" Jugendlichen endlich mal _die_ Werte und _die_ Aufmerksamkeit erhalten, die sie in ihren Familien nie bekamen. Gut, daß auf dem Schreibtisch Ordnung gehalten werden muß. Gut, daß man sich Kleinigkeiten erarbeiten muß.

    Ich hoffe für "Nikolas", daß er ab jetzt einen geradlinigen Weg einschlagen wird und doch noch zu einem wertvollen Mirglied der Gesellschaft werden kann.

    Danke." (Zitat-Ende)

  • M
    Maike

    Ich habe eine Petition verfasst. Bitte zahlreich unterschreiben und teilen! Danke.

     

    https://www.openpetition.de/petition/online/sofortige-schliessung-aller-kinderheime-der-haasenburg

  • K
    Kim

    Alles die diesen und andere Artikel zu den Haasenburg Heimen gelesen haben, es gibt seit einpaar Wochen eine Petition die, die Schließung aller Haasenburg Heime bewirken soll!

    Beteiligt euch doch bitte daran, damit keinem Kind mehr solch eine Behandlung zugemutet wird!!!

     

    https://www.openpetition.de/petition/online/sofortige-schliessung-aller-kinderheime-der-haasenburg

     

    Lg Kim

  • GK
    Gerda Klingenböck

    @ autocrator

     

    Dem ist nichts mehr hinzuzufügen:

     

    "für mich ist das ein fall für die staatsanwaltschaft.

    wenn auch nur die hälfte der im interview genannten vorwürfe halbwegs richtig sind, gehört die einrichtung geschlossen und sämtliches personal in den knast. "

     

    Da streiten die ehemaligen Heimkinder der 60 er Jahre noch um Entschädigungen und dann wird nahtlos so weitergemacht?? Wenn das nicht der Skandal des Jahres wird, zweifle ich an allem was recht ist...

  • BN
    Balthasar Neumann Präger

    Was man hier liest , ist ein Rückfall in die Zeiten der Strümpfe von Dolores, sprich der 50-er Jahre. Die Generation meiner Eltern würde triumphieren, das hier mal wieder "richtig Zucht und Ordnung eingekehrt sind".

     

    Da genügte ein falsches Wort, ein falscher Blick eine falsche Geste oder Bewegung und batsch - schon hatte man sie sitzen, bis einem das Selbstwertgefühl ganz und gar ausgeprügelt worden war.Angelegt ist diese schwarze Pädagogik, um Menschen zu zerstören und innerlich zu vernichten.

     

    Erinnerlich ist mir hier ein Vorfall aus meiner Kinderzeit, als ich die Reklame der "Strümpfe von Dolores" (abgewandelt von den Beinen derselben Dame - eben ein Schlager der 50-er) auf einer Geburttagsfeier von Bekannten meiner Eltern sang und dafür drei sehr schlimme Ohrfeigen, übelste Beschimpfungen und Demütigungen vor der gesamtem Geburtstagsgesellschaft kassierte. Da war ich drei Jahre alt.---

     

    Empörend hierbei ,dass dies heute immer noch in der Weise erlaubt und möglich ist und niemand in der Lage zu sein scheint, diesem Heim das Handwerk zu legen , um nach Möglichkeit eine Schmezensgeldentschädigung für die Betroffenen wie Nikolas auszuhandeln. Jedoch müsste da erst einmal Klage erhoben werden. Ob soviel Zivilcuorage vorhanden sein wird? Ich wage , dies zu bezweifeln, denn sich unterzuordnen und zu duckmäusern ist eine tradiertes und typisches Verhaltensmuster im Land zwischen Rhein und Oder...

  • RM
    Renzo M

    @Sabine

     

    Hallo. Ich wollte eigentlich nichts zu schreiben aber sie zwingen mich mit ihrer Banalität gerade dazu.

    Ich war einer der Ersten, der die Haasenburg besucht hat.. Jahrgang 2003.. in den drei Jahren kam ca. 8 mal ein Helikopter.... und 8 mal ist ein Jugendlicher gestorben, da er sich das Leben nahm und das waren NICHT nur Suizidgefährte Jugendliche sondern auch welche, die es vor dem Heimaufenthalt nicht waren.

     

    GUT, dass er noch lebt.

    Es gibt viele Wege eine Nuss zu öffnen sie aber mit einem Truck zu überfahren ist geradezu dämlich

    und einen Jugendlichen zu schikanieren und ihn in seiner Persönlichen Freiheit ähnlich wie die Stasi einzuschränken ist es ganz gewiss noch viel weniger.

    Man kann regelmäßig in den Zeitungen lesen was aus den "Ex-Haasenburgern" wurde.. Knast... tot.. Knast... tot und ich kenne wirklich viele davon .. die WENIGSTEN haben es geschaft. Ich erhol mich, 6 Jahre nach dem Aufenthalt noch von meiner "Therapie".

    Das Problem, weswegen ich die Haasenburg besuchte konnte ich Jahre nach dem Aufenthalt lösen.. die Probleme die das Heim mit sich brachte.. daran knabber ich noch heute ;)

     

    Grüße... unfassbar.. so viel Arroganz geballt in einem kurzen Text.

  • M
    Marijke

    Ich bekomm Gänsehaut wenn ich das hier Lese.

    Denn ich weiss nur zu gut wie sich das anfühlt geschlossen untergebracht zu sein aber vor allem bekomme ich Gänsehaut weil ich selbst ein ganzes Jahr (16.06.2009-15.06.2010) in der Haasenburg "Haus Müncheberg" war und das auch alles selber durchmachen musste.

    Auch zu meiner Zeit dort hatten alle ein Scheinverhalten.Das die Haasenbur nichts bringt sieht man daran das ein Mädchen die mit mir zur gleichen Zeit dort war heute tot ist. Sie war in der Haasenburg weil sie Drogen nahm und schließlich starb sie trotzdem 2 Jahre später dran.

  • DC
    D. Christoph

    ich finde es unglaublich, dass diese gefährliche Quälerei von jungen Menschen auch noch von unseren Steuergeldern bezahlt wird. Wo sind die Massenmedien? Wo sind die politischen Parteien? Das Heim muß sofort geschlossen werden wegen akuter Kindeswohlgefährdung!

  • T
    Thy

    Ich hab gestern Abend auf phoenix (Im Dialog) ein Interview mit einem Mann gesehen, der Ende der 80er bei einem Fluchtversuch aus der DDR geschnappt wurde und in Haft kam. Der schilderte teilweise sehr ähnliche Haftbedingungen, u.a. Isolation und diese Regeln, dass es verboten gewesen sei, sich aufs Bett zu legen oder nicht gerade auf einem Stuhl zu sitzen und die ständige Überwachung.

     

    Eben habe ich es auf dem YT-Kanal von phoenix nicht gefunden, vielleicht laden sie's ja noch hoch. Ist ja schon interessant, dass von der Haasenburg offenbar Methoden angewandt werden, die auch die Stasi benutzte.

  • T
    Thy

    @ "@Thy":

     

    Ich hab damit nicht gemeint, dass TäterInnen (generell "Problemfälle") einfach ignoriert werden sollen. Ich hab nur zum Ausdruck gebracht, dass es meiner Meinung nach keine Lösung ist, die Menschen wegzusperren. Menschen einzusperren finde ich generell... eklig.

    Möglicherweise ist es in manchen Fällen unumgänglich, dass jemand auf irgendeine Art eingesperrt ist. Trotzdem darf das nicht in solche Zustände wie hier beschrieben ausarten (nicht ans Fenster stellen, ...). Wem ist denn dadurch geholfen? Das macht alles doch nur schlimmer. Ich denke, man muss u.a. die individuellen Ursachen angehen, außerdem überlegen, wie es dazu kommt, dass z.B. ein 17-Jähriger jemanden umbringt. In manchen Fällen ist das vielleicht auch eine Folge von gesellschaftlichen Missständen. Dass ein 17-jähriger Mörder nach der Tat nicht normal weitermachen kann, ist klar.

  • BW
    B. Wondraschek

    Es wäre interessant, welches wissenschaftliche Konzept im Hintergrund steht. Das klingt alles nach Konditionieren durch sogenannte Strafreize, deren jeweilige Wegnahme als Belohnung verkauft wird.

    Dazu fällt mir das Konzept ABA mit seinen Varianten ein. Für die "Umerziehung" von Schwulen werden ABA und Co nicht mehr angewandt, aber noch für die "Anpassung" von Autisten.

    Begründung: Schwule haben eine starke Lobby, Austisten nicht, und Problemjugendliche auch nicht.

    Unabhängig, ob die Aussagen in allen Punkten stimmen, muss es jetzt "Hosen runter" heißen: Welche psychologischen und pädagogischen Ansätze gelten und wie sieht die Praxis aus?

  • ME
    Manuel Essberger

    Ein wichtiger Beitrag von Frau Kutter - vor allem kommen die "Insassen" - die Objekte solcher "Hilfemaßnahmen" viel zu selten selber zu Wort. Zu hoffen ist, dass der Artikel folgen hat und für solche "Hilfen" zukünftig kein Geld mehr ausgegeben wir.

  • C
    Chris

    Der Bericht schildert die Sicht des Betroffenen. Mich würde aner der Gesamtsachverhalt interessieren. Was für eine Karriere hat der Betroffene hinter sich? Wenn ich das Jugendamt zutreffend einschätze, kommen nur die harten Fälle in eine solche Einrichtung. Da werden sicherlich Maßnahmen zu treffen sie, die oberhalb einer Ermahnung stehen.

    Ob in der Haasenburg alles richtig läuft und die Maßnahmen eefektiv sind, bleibt allerdings offen.

  • H1
    Homeboy 187

    Es ist mies, Nikolas den Kontakt

    mit Gleichaltrigen zu verbieten!

     

    Yo! Hakan, Vladi und deine anderen Homies

    vermissen dich!

  • JC
    Jäkel Cornelia

    Hallöchen

    Ich habe das Interview gelesen,kann dazu nur sagen,ich bin eine betroffene Mutti,meine Tochter war auch in dieser Einrichtung bzw.direkt in der Haasenburg in Neuendorf am See.leider leider.Und dazu muss ich sagen ,meine Tochter war auch nicht kriminell.Ich dachte es hilft meiner Tochter ,aber im Gegenteil,es wurde alles schlimmer.Und niemand hat was getan.Nun Jahre später macht sie zu allem noch eine Therapie um das erlebte in der Haasenburg zu verarbeiten.Schlimm Schlimm ,ich bin der Meinung diese Einrichtungen der Haasenburg sollen alle geschlossen werden.Laut Aussage des Landesjugendamtes werden diese Methoden nicht mehr angewand ,aber auch wie hier wieder zu lesen ,stimmt das alles nicht.Wo soll das alles noch hin führen ,wann unternimmt da jemand was.Vorallem auch das Personal müßte mehr Kontrolliert werden und nicht irgend welche Handwerker u.ä. unseren Kindern zu überlassen.Sie nennen sich Fachkräfte und keiner von ihnen hat Ahnuung von dem was sie unseren Kindern antun .Sie sollen ihnen helfen und nicht weh tun und nicht diskriminieren o.ä.

     

    LG.Jäkel

  • T
    @Thy

    "Das ist ein perverses System, das Wegsperren. Und gerade Jugendliche wegzusperren, ist richtig eklig."

     

    So absolut formuliert ist das natürlich unfassbarer Unsinn, was Sie schreiben. Was täten Sie denn etwa mit einem 17jährigen Mörder? Dududu sagen und laufen lassen? Leute gibt's.

  • K
    @Karl

    Eine Lese-Rechtschreibschwäche zu haben heißt nicht, geistig plem-plem zu sein. Ein guter Freund von mir schaffte auf dem Gymnasium 60 Schreibfehler in jeder Arbeit (Legastheniker) - davon merkt man aber ansonsten *überhaupt gar nichts*, bei ihm ganz im Gegenteil: als Drehbuchautor ist er ein äußerst eloquenter und gescheiter Mensch.

     

    Mit Ihren Hinterwäldleransichten können Sie ja eine Karrierre bei der Hassenburg GmbH versuchen - oh, da hat sich jetzt wohl ein Tippfehler eingeschlichen.

  • S
    Sven

    Ich frage mich worin die *therapeutische Arbeit* auf der Haasenburg (geht der Name auf den KZ-Kommandanten Adolf Haas zurück?) eigentlich besteht? Wo sind die fast täglichen intensiven Gespräche mit einzelnen Jugendlichen? Kritische Reflexionen über ihr Verhalten, um Probleme zu erkennen und Strategien zu ihrer Vermeidung zu verinnerlichen und Zukunftsperspektiven zu entwickeln, usw.? Außer einem ständigen menschenverachtenden (aber 'bequemen' und 'kostengünstigen') Kleinmachen, welches absolut kontraproduktiv ist und nur unterdrückte Aggressionen hochkocht, scheint hier nichts zu passieren.

     

    Im Übrigen erscheint beim ZDF-Bericht https://www.youtube.com/watch?v=DRSLAGPt0Rk nur eine einzige Motivation des Inhabers glaubhaft: Kohle machen! Neben völlig anderen Geschäftsideen hat er erkannt, dass man auch mit solchen privaten Unterdrückungsheimen von völlig überforderten Jugendämtern völlig überzogene Gelder abkassieren kann!

     

    M.E.n. sollten sich Betroffene zu mehreren Ex-Häftlingen zusammentun, Strafanzeige stellen (Nötigung, etc.), kritische Mitarbeiter für Zeugenaussagen gewinnen, Schadenersatzforderungen an den Inhaber stellen (zu hohen Entschädigungstagessätzen) und eine Schließung der Anstalt in dieser Form durchsetzen, sowie dauerhaftes Berufsverbot im sozialen Bereich für den Betreiber - wenn nicht sogar Haft- oder Bewährungsstrafen für ihn und inhaltlich verantwortliche 'Wärter'.

     

    Ich weiß von einer Bekannten, die in einer geschlossenen Anstalt mit fast 1-zu-1 Schlüssel für Extremfälle in der Schweiz arbeitet, dass auch dort hin und wieder mal sogar z.B. Fixierung als Antwort auf akute Ausraster notwendig ist. Aber die eigentliche Arbeit besteht dort im konstruktiven, vertrauensvollen, persönlichen Gesprächszugang zum Heimkind - im Übrigen *ausschließlich* durch Fachleute.

     

    Klar kann man einige Extremfälle am Rande zur geschlossenen Psychiatrie nicht in jeder Situation mit Samthandschuhen anfassen - aber einige hier im Forum leiten daraus eine generelle Gutheißung aller ununterbrochenen Bestrafungsorgien ab - was ich sehr befremdlich finde.

  • PM
    Peter Meyer

    Für meine Wahrnehmung gibt der Bericht eine autentische Darstellung des Alltags in der Einrichtung aus der Sicht des Betroffenen.

     

    Entwürdigende und herabsetzende Erziehungsmethoden werden in ungewöhnlich sachlichem Ton geschildert ... "wir" sollten uns Fragen, ob das der richtige Weg ist.

     

    Meine Befürchtung ist das hier (aus der Sicht der Jugendlichen) Willkür zur Verhaltensregel gemacht wird. Solche Methoden führen zur Abwehr bei gesunden Menschen (und bewirken das Gegenteil des intendierten), bei ohnehin Verunsicherten tragen sie zur Persönlichkeitsbrechung zusätzlich bei ... und Kinderschutz ist in keinem Fall gewährleistet.

     

    Solange der Kinderschutz nicht im Grundgesetz ist befürchte ich, werden private Anbieter so, eine "gute Stange Geld machen" und die Perspektiven derart beeinträchtigter Kinder und Jugendlicher werden nicht wirklich ernst genommen.

     

    Wir sollten nicht übersehen, sowohl das Konzept der Einrichtung Haasenburg GmBH ist der Öffentlichkeit weitgehend vorenthalten als auch die Kosten. Und anders als bei Jeremie stellt sich hier die Behörde vor die Kosten und wahrt diese als "Betriebsgeheimnis"!

     

    Allen, die für strenge Maßnahmen bei der Behandlung gefährdeter Kinder und Jugendlicher sind, muß auch gesagt werden ... Kontrolle und Strenge sind außergewöhnlich teuer ... teurer als humane Erziehungmethoden, die Demokratie-kompatibel sind!

     

    Es ist toll, das hier weiter ein "heißes Eisen" öffentlich diskutierbar wird.

    Peter Meyer

  • PN
    Pierre Neumann

    Wenn ich die Kommentare hier so lese, dann wird einem ganz warm ums Herz. Anscheinend finden es hier einige spitzenmäßig, junge Menschen in Schließfächer zu packen und als Außenstehende darüber zu urteilen, wann wer ein "wertvolles Mitglied der Gesellschaft" ist.

    Unmenschliche Behandlung haben diese "Geschöpfe" dann wohl auch verdient. Und alle spielen sie die Richterin über Leute, die vielleicht gar nicht so ausstoßenswert sind. Aber wehe man nimmt dem "Bildungsbürgertum" die Feindbilder...

  • T
    Thy

    Das ist ein perverses System, das Wegsperren. Und gerade Jugendliche wegzusperren, ist richtig eklig.

     

    Wenn das alles so ist, wie der Junge das beschreibt, dann ist das echt 'n Fall für die Staatsanwaltschaft.

     

    @ Sabine Herberger:

    "Ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft werden" - aha, alles, was nicht reinpasst ins Gefüge, ist also wertlos.

  • Z
    Zalog

    Hui, mal nicht in der Schule gewesen oder zu lange vor dem PC gehockt und schon landet man im Norden in einer geschlossenen Einrichtung. Was mag erst mit den Intensivtätern mit +40 Straftaten passieren?

     

    Frau Kutter, helfen Sie diesem armen Jungen und nehmen Sie ihn bei sich auf.

  • O
    oriana

    Ich bin ja nicht vom Fach, aber mein Gefühl sagt mir, dass dieser staatstypische stinkautoritäre Formaliendrill keine positive erzieherische Wirkung auf die Jugendlichen haben kann, weil dabei gar nicht auf die Probleme Einzelner eingegangen wird.

     

    Schnellstens aufklären !

  • K
    Karl

    So ein schlechtes Fake-Interview habe ich ja lange nicht gelesen. Nikolas also, ja? Der arme Junge mit der Lese- und Rechtschreibschwäche weiss sich aber gewählt und gut auszudrücken. Sehr eloquent.

     

    Und die gestellten Fragen waren auch überhaupt nicht suggestiv. Das ist Qualitätsjournalismus.

  • H
    HamburgerHans

    Nachtrag:

     

    BGB § 1631

    Inhalt und Grenzen der Personensorge

    (1) xxxxxxxxxxxx

     

    (2) Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.

     

    (3) xxxxxxx

  • H
    HanburgerHans

    Jetzt sind wir aber ganz doll betroffen, So betroffen, daß uns die Empörung im Halse stecken bleibt.

     

    Mit Verlaub, ist Frau Kutter nicht in der Lage Fachleute (Rechtsanwölte,Erziehungswissenschaftler, Soziologen und Pädagogen aus den 70ern etc.) zum Thema zu befragen?

     

    Es reicht aber auch schon dem Stichwort "Schwarze Pädagogik" zu folgen.

  • G
    Grüne

    Der Junge scheint dort im Büro gearbeitet zu haben :-) bestimmt hat er dort die unterlagen sortiert! ein Lacher ... woher soll der junge Interne Abläufe kennen. Die Papiere bekommt immer das Amt ... Hahaha. Warum Füttern sie uns mit solchen Geschichten? Die Geschichte stinkt! Ich Glaube Ihnen nicht!

  • A
    autocrator

    für mich ist das ein fall für die staatsanwaltschaft.

    wenn auch nur die hälfte der im interview genannten vorwürfe halbwegs richtig sind, gehört die einrichtung geschlossen und sämtliches personal in den knast.

  • SH
    Sabine Herberger

    Liebe Frau Kutter,

     

    danke für dieses Interview. Da bin ich froh, daß diese "armen" Jugendlichen endlich mal _die_ Werte und _die_ Aufmerksamkeit erhalten, die sie in ihren Familien nie bekamen. Gut, daß auf dem Schreibtisch Ordnung gehalten werden muß. Gut, daß man sich Kleinigkeiten erarbeiten muß.

    Ich hoffe für "Nikolas", daß er ab jetzt einen geradlinigen Weg einschlagen wird und doch noch zu einem wertvollen Mirglied der Gesellschaft werden kann.

    Danke.