Wechsel im Bildungsministerium: Johanna Wankas Hausaufgaben
Volle Unis, Kämpfe ums Geld und eine fällige Verfassungsreform: Worum sich die neue Bildungsministerin kümmern muss.
BERLIN taz | Schavan, Schavan, Schavan: So häufig wie in den vergangenen Tagen steht die Bundesministerin für Bildung und Forschung selten im Fokus der Öffentlichkeit. Seit der Föderalismusreform 2006 hat der Bund kaum noch Kompetenzen in der Bildung. Dennoch gibt es einige Großbaustellen, die die im Zuge der Plagiatsaffäre zurückgetretene Ministerin ihrer Nachfolgerin Johanna Wanka (CDU) überlässt. Ein Überblick.
Hochschulpakt: Deutschlands Unis sind voll. 2012 lag die Zahl der Erstsemesterstudierenden bei 492.700, der zweithöchste Wert überhaupt. Insgesamt studieren in Deutschland derzeit 2,5 Millionen Menschen. Nach Angaben der Industrieländer-Organisation OECD nahmen im Jahr 2010 rund 42 Prozent eines Altersjahrgangs ein Studium auf.
Damit ist Deutschland aber dennoch abgeschlagen: Im OECD-Schnitt liegt die Studienanfängerquote sogar bei 62 Prozent. Die Organisation pocht immer wieder darauf, dass Deutschland den Akademikeranteil deutlicher und schneller erhöht – eine Kritik, die sowohl Schavan als auch Wanka regelmäßig zurückgewiesen haben.
Immerhin hatte Schavan vor sechs Jahren den Hochschulpakt angeschoben, mit dem der Bund die Länder bei der Finanzierung zusätzlicher Studienplätze unterstützt. Das Problem: Das Geld könnte knapp werden, weil die Studierendenzahlen schneller steigen als prognostiziert. Und: Der Bund darf nach der Förderalismusreform den Ländern nur zeitlich befristet Geld für Studienplätze bereitstellen. Im April wird sich die gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern damit befassen.
Bafög und Stipendien: Stipendien für begabte Studierende waren für Annette Schavan, die einst selbst dem Förderwerk Cusanuswerk vorstand, ein Herzensanliegen. Zum kommenden Wintersemester hat Schavan noch rasch das Büchergeld verdoppelt – auf 300 Euro monatlich. Das ist der Anteil eines Begabtenstipendiums, der unabhängig vom Einkommen der Eltern bezahlt wird. Die Opposition fordert, dass auch das Bafög erhöht wird, das die meisten Studierenden erhalten.
Kampf ums Geld: Nimmt man Geld zum Maßstab, dann war Annette Schavan eine überaus erfolgreiche Ministerin. 13,7 Milliarden Euro umfasst das Budget des Ministeriums – ein Rekord. Damit ist das Bundesbildungsministerium das drittgrößte Ressort. Doch der Kampf um knappe Mittel deutet sich bereits an: In der mittelfristigen Finanzplanung ist das Budget des Bildungsministerium ab 2014 auf 14,3 Milliarden Euro festgefroren.
Der neue Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Peter Strohschneider, äußerte kürzlich in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung die Vermutung, dass die fetten Jahre für die Wissenschaft in Deutschland womöglich bald vorbei sein könnten. Johanna Wanka wird künftig um jeden Euro ringen müssen.
Verfassungsänderung: Schavans letztes Großprojekt scheiterte am Widerstand der Opposition – oder an ihrem mangelnden Ehrgeiz, je nach Perspektive. Sie wollte das Kooperationsverbot im Grundgesetz lockern, damit der Bund auch herausragende Universitäten dauerhaft fördern kann. Den rot-grünen Ländern ging das nicht weit genug: Sie fordern, dass der Bund die Länder auch an den Schulen dauerhaft unterstützt. Was wie ein Ringen um Paragrafen klingt, ist die vielleicht wichtigste staatspolitische Frage für Schavans Nachfolgerin. An ihr entscheidet sich, inwieweit Johanna Wanka wirklich eine Bundesbildungsministerin ist.
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