piwik no script img

Schlupflöcher der katholischen KircheDas Kreuz mit der Pille

Papst Paul VI. begründete das Verbot der Empfängnisverhütung. Doch es gibt seltsame Ausnahmefälle, in denen die Kirche die Pille erlaubt.

Lecker Pille! Aber nur bei Migräne, nicht bei Abtreibung einnehmen! Bild: dpa

KÖLN taz | Es ist schon ein Kreuz mit der Pille. Ob davor oder danach: Seit nunmehr 45 Jahren plagen sich die deutschen Bischöfe mit diesem weiblichen Schutz vor ungewollten Kindern herum. Das ist das schwere Erbe, das ihnen Giovanni Battista Montini mit der Enzyklika „Humanae Vitae“ hinterlassen hat.

In seinem am 25. Juli 1968 veröffentlichten Lehrschreiben über „die rechte Ordnung der Weitergabe des menschlichen Lebens“ verkündete der damalige Papst Paul VI. die „Untrennbarkeit von liebender Vereinigung und Fortpflanzung“, was der römisch-katholischen Kirche konkret das Verbot jeglicher „Methoden der künstlichen Geburtenregelung“ bedeutete.

Mit ihrer Ignoranz gegenüber Lebensrealitäten bescherte Montini den Kirchenfunktionären eine ernsthafte Autoritätskrise. Mit ihrer „Königsteiner Erklärung“ versuchten deutsche Bischöfe im August 1968 den Unmut unter vielen Gläubigen aufzugreifen. Gleichwohl stellten sie fest, es sei „daran festzuhalten, dass die Frage, ob und unter welchen Umständen eine Geburtenregelung zulässig ist, nicht der Willkür der Ehepartner überlassen werden kann“.

Die unsägliche Enzyklika „Humanae Vitae“ ist bis heute gültig. Allerdings gibt es interessante Schlupflöcher. So stellte das Kölner Erzbistum ausdrücklich fest, dass sich die geänderte Haltung des Kölner Erzbischofs Joachim Meisner zur „Pille danach“ im Einklang mit dem Papstpapier befindet. Denn Meisner beziehe sich „nicht auf die Situation in einer sakramentalen Ehe, die die Enzyklika ’Humanae Vitae‘ behandelt“.

Da es sich jedoch bei einer Vergewaltigung nicht um einvernehmlichen Sex handele, der nach kirchlicher Lehre nur zwischen Eheleuten statthaft ist, gehe es „um die Verhinderung einer verbrecherischen Befruchtung“. Deshalb gelte hier das Pillenverbot nicht. Aus diesem Grund habe die römische Glaubenskongregation auch „die Einnahme von Antikonzeptiva durch Ordensschwestern in einer Weltgegend, in der sie Vergewaltigungen fürchten mussten, erlaubt“.

Übrigens gibt es auch noch eine weitere Möglichkeit, ganz päpstlich erlaubt die Pille zu nehmen: Die Enzyklika „Humanae Vitae“ hält „jene therapeutischen Maßnahmen, die zur Heilung körperlicher Krankheiten notwendig sind, nicht für unerlaubt, auch wenn daraus aller Voraussicht nach eine Zeugungsverhinderung eintritt“. Katholikinnen, die die Pille also beispielsweise nur gegen Akne nehmen, sind auch aus dem Schneider.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • WB
    Wolfgang Banse

    Kirchen ,hier die Römisch-katholische Kirche sollte liberaler was die Empfängnisverhütung anbelangt umgehen.Dies käme beim Kirchenvolk gut an.

  • W
    Wolfgang

    Die katholische Kirche verbringt mehr Zeit damit, über eine "Pille" zu diskutieren, als sich mit der Armut und Hungersnöten und Kriegen zu beschäftigen. Ach du lieber Gott!

  • I
    ion

    WHO CARES ! ? ! Mutiert die taz zur VHS von Vatican-Interessierten ? ! !

    Raus mit dem Laden aus dem Staatswesen, das ist das Thema der Zeit !

     

  • KK
    kranker Kirchenfinanzierung

    Es wird Zeit, dass das Gesundheitswesen von den Kirchen befreit wird. Die Finanzierung der Kirchen über das Gesundheitswesen muss ein Ende finden. Die Kirchen sind die Geißel der Menschheit, nicht das Heil.

  • M
    Mensch

    na da sind wir jetzt aber voll froh, dass ein paar Männer in Frauenkleidern, die sich katholische Bischöfe nennen, nun für Deutschland entschieden haben, dass eine vergewaltigte Frau auch die Pille danach bekommen darf! Vielen Dank! Mensch sei mit Euch!

  • A
    Andres

    Wen interessiert denn bitteschön, was dieser komische Verein als erlaubt und unerlaubt ansieht? Höchstens die Krankenschwestern die von ihren Chefs dazu gezwungen werden anderen Menschen nicht zu helfen.

     

    Kann mir nicht vorstellen, dass es im Jahr 2013 jemanden der verhüten will interessiert was ein alter Mann vor einer Ewigkeit für richtig hielt.

  • S
    Sven

    nein, nicht Papst Paul VI begründete das Verbot der Empfängnisverhütung, sondern dieses ist sehr viel älter und reicht weit bis zu den Kirchenvätern zurück (und doch, Empfängnisverhütung wurde schon in der Antike angewandt!)!

  • Z
    Zsolt

    Wenn sich das Verhütungsverbot nur auf den ehelichen Beischlaf bezieht, darf man also nach einer Vergewaltigung in der Ehe keine Pille danach verschreiben? Auch keine, die nur verhütet und nicht abtreibt??

     

    Nur mal ne Frage.