Kolumne Press-Schlag: Geld wie Sand
Wüstenmilliardäre investieren mittlerweile gerne in europäische Klubs. Gerade Spanien und England haben es den Scheichs angetan.
N ichts geht mehr im europäischen Fußball ohne die Scheichs aus Arabien. Besonders für englische und spanische Vereine haben Wüstenmilliardäre aus Katar, Dubai oder den Vereinigten Arabischen Emiraten ihr Herz entdeckt. Und ist die Liebe erst einmal entflammt, begnügen sie sich nicht mit einem Trikot und einem VIP-Ticket, dann kaufen sie den Verein.
Erlöst von seinem amerikanischen Besitzer, dem Immobilien-Mogul Stan Kroenke, der sich zur Absicherung mit einer zukünftigen Wal-Mart-Erbin liiert hat, wird demnächst wohl der FC Arsenal. Eine arabische Investorengruppe ist gewillt, dessen Zweidrittelmehrheit am Verein für 1,73 Milliarden Euro zu übernehmen. Ganz im Gegensatz zum knausrigen Ami und seinem usbekischen Minderheitseigner Alisher Usmanov wollen die Fußballfreunde aus Katar und den Emiraten auch die Schulden des Klubs in Höhe von 250 Millionen Pfund tilgen und Geld für neue Transfers bereitstellen.
Von einem Schnäppchen kann zwar nicht die Rede sein – noch vor wenigen Jahren gingen 90 Prozent der Anteile an Manchester City für lächerliche 210 Millionen Pfund in den Besitz von Scheich Mansour bin Zayed Al Nahyan über – aber bei einer neuen Liebe schauen die Gentlemen vom Golf nicht auf die Rechnung. Müssen sie auch nicht, denn Geld haben sie noch mehr als Sand.
Dass sich die Investitionen auch über das Emotionale hinaus lohnen können, zeigt das Beispiel des FC Malaga. Für läppische 25 Millionen Euro übernahm der Emir von Katar erst den chronisch erfolglosen Klub und sicherte sich anschließend die Ausschreibung zum Bau des Yachthafens im benachbarten Marbella im Volumen von 550 Millionen Dollar. Und die Neu-Besitzer des FC Getafe nutzen den Klub, um in örtliche Tourismus- und Solarenergieprojekte einzusteigen. Fußball als Form der Wirtschaftsdiplomatie.
ist Redakteur im Leibesübungen-Ressort der taz.
Die Moral!
Und Gewinner auf allen Seiten: Der klamme spanische Staat erhält dringend benötigte Investitionen, die Fans den ersehnten Erfolg und der Fußball seine Moral zurück. Ja, richtig, die Moral! Der britische Buchmacher William Hill Plc (Pfui, Glücksspiel!) hatte mit dem Einstieg des Emirs in Malaga als Hauptsponsor ausgedient, stattdessen warben die Kicker von da an für die Kinder dieser Welt (Hui, Unesco!).
Warum also tut man sich in Deutschland nur so schwer mit den arabischen Gönnern? Einzig der TSV 1860 München hatte den Mut, sich dem jordanischen Geschäftsmann Hasan Ismaik anzuvertrauen. Zwar grätschte die DFL rüde in die Verhandlungen und verhinderte eine Übernahme von mehr als 49 Prozent der Stimmrechte, doch am langfristigen Erfolg wird das nichts ändern.
Schon jetzt ist Sechzig Tabellensiebter der zweiten Liga und Sven-Göran Eriksson wäre auch fast ein Löwe geworden. Immerhin: Die Erfolgsmeldungen sprechen sich langsam herum, zumindest im Stadtgebiet. Uli Hoeneß, der Kapitalismuskritiker im europäischen Fußballmaßstab und Ober-Gegner der WM-Vergabe an Katar, lobte jüngst die „Professionalität“ der Kataris und forderte, das Turnier „nicht mehr in Frage zu stellen“.
Dass jegliche Angst vor den Scheichs völlig unbegründet ist, hat der schlaue Fuchs Hoeneß längst erkannt. Denn wenn die Liebe der Investoren erkühlt und die Finanzspritzen ausbleiben, wie jüngst beim FC Malaga, ist der Weg an die europäische Spitze frei für seinen FCB. Malaga darf wegen ausbleibender Gehaltszahlungen nächste Saison nicht im Europapokal starten, vielleicht ergeht es dem FC Arsenal bald ähnlich. Spätestens nächsten Winter wird sich Uli Hoeneß ins Fäustchen lachen können, im Trainingslager der Bayern – wie immer in Katar.
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