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Angeklagter ägyptischer SatirikerJussif auf Kaution frei

Der wegen Beleidigung angeklagte Satiriker Bassem Jussif wurde Sonntag von Ägyptens Staatsanwaltschaft befragt. Nach mehrstündigem Verhör kam gegen Kautionszahlung frei.

Die Leute stehen zu ihm: Bassem Jussif am Sonntag in Kairo. Bild: ap

KAIRO/ISTANBUL ap/dpa | In Ägypten ist der regierungskritischer Fernsehkabarettist Bassem Jussif nach einem mehrstündigen Verhör gegen Kaution freigekommen. Bassem Jussif wird vorgeworfen, in seiner wöchentlichen Sendung mit dem Titel „Das Programm“ sowohl den Islam, als auch Präsident Mohammed Mursi beleidigt zu haben.

Jussef war am Sonntag fünf Stunden lang von der Staatsanwaltschaft befragt worden, nachdem zuvor Haftbefehl gegen ihn erlassen worden war. Als sich der beliebte Komiker wie angekündigt der Justiz stellte, hatten sich vor seinem Büro Dutzende Anhänger versammelt. Jussif müsse eine Kaution in Höhe von umgerechnet rund 1.700 Euro zahlen, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Der Entertainer ist dafür bekannt, sich über Mursi und die neue islamistische Klasse in der ägyptischen Politik lustig zu machen. Er imitiert Reden und Gesten des Präsidenten und hat dessen Aussagen bereits einem Fakten-Check unterzogen. In einer Folge zeigte Jussef ein Rede Mursis aus dem Jahr 2010, in der dieser Zionisten als „Schweine“ bezeichnet hatte. Die Äußerung hatten zu einem diplomatischen Krach mit den USA geführt.

„Wir beleidigen nicht den Islam“, hatte Jussef am späten Samstag im Fernsehen gesagt. Wenn gegen irgendjemanden wegen Religionsbeleidigung ermittelt werden sollte, dann gegen diejenigen, die den Islam als Waffe und politisches Instrument ausnutzten, sagte er.

Oppositionelle sehen die Ermittlungen gegen Jussif als Eskalation einer Kampagne gegen Kritiker der Regierung. Gegen fünf andere prominente Gegner waren Haftbefehle wegen Anstiftung zur Gewalt ergangen. Der Friedensnobelpreisträger und Oppositionsführer Mohammed ElBaradei //twitter.com/ElBaradei:erklärte auf Twitter in der Nacht zum Sonntag, ein solches Vorgehen kenne man nur von „faschistischen Regimen“. Das sei ein Zeichen für die Unsicherheit und die „Wagenburgmentalität“ der islamistischen Regierung.

Jussef soll nach Angaben ägyptischer Medien bei der Anhörung mit einem überdimensionierten Hut erschienen sein – ein deutlich vergrößertes Imitat jener Kopfbedeckung, die Mursi bei einem Besuch in Pakistan getragen hatte. Jussef schickte über Twitter eine Reihe von Sprüchen aus dem Büro des Staatsanwaltes. Einer der Tweets lautete: „Sie haben mich nach der Farbe meiner Augen gefragt. Tatsächlich.“

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2 Kommentare

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  • R
    R.J

    Es freut aber zu lesen, dass in Teilen der Bevölkerung der Sinn für Humor nicht abhanden gekommen ist.

     

    Ist aber dennoch bedeutsamer, wie die wirtschaftliche Zukunft für die ägyptische Bevölkerung aussehen kann und wo da die Regierung unter Mursi steht, bzw. steckt.

  • JG
    Jürgen Gojny

    Die Islamisten unter Mursi scheinen keine anderen Sorgen zu haben, als Künstler zu verfolgen. Der einfache ägyptische Bürger hat andere Sorgen. Benzin und Strom sind knapp. Dem Land am Nil droht der ökonomische Zusammenbruch. Dieselimporte können nicht mehr bezahlt werden. Busse und LKW warten in langen Schlangen an den Tankstellen. Fabriken leiden unter immer häufigeren und längeren Stromsperren. Die Getreidereserven sind um die Hälfte gesunken und reichen noch für 90 Tage. Devisen für neue Käufe auf dem Weltmarkt gibt es nicht. Neue Importzölle für Touristengüter verärgern die sowieso schon gebeutelte Branche. Immer mehr Betriebe müssen schließen. Nach einer Statistik des Zentrums für Gewerkschaften und Dienstleistungen für Arbeiter haben seit dem Beginn der Präsidentschaft Mursis 4.500 Betriebe Konkurs angemeldet, wahrscheinlich liegt jedoch die Zahl noch deutlich höher.