Militärexperte über Israel und Syrien: „Israels Feind ist die Hisbollah“
Israel befindet sich nicht im Krieg mit Syrien, sagt der Tel Aviver Militärexperte Shlomo Brom. Dennoch wachse der Druck mit jedem Luftangriff.
taz: Herr Brom, die israelische Luftwaffe hat heute früh zum dritten Mal Ziele in Syrien angegriffen. Wie lange werden die Syrer noch stillhalten?
Shlomo Brom: Das ist sehr schwer zu sagen. Die Regierung in Damaskus hat gute Gründe, warum sie bislang nicht zurückschlägt. Das Regime in Syrien steckt bis zum Hals in Problemen. Es kämpft um das eigene Überleben und hat nicht das geringste Interesse, dass Israel sich in die Kämpfe gegen die Regierung einreiht.
Wir sollten nicht vergessen, dass die syrische Armee durch die Kämpfe in den letzten zwei Jahren sehr geschwächt ist. Auch ohne Bürgerkrieg wäre eine Auseinandersetzung heute viel schwerer. Auf der anderen Seite wächst jedoch der Druck mit jedem weiteren Luftangriff, doch etwas gegen Israel zu unternehmen. An welchem Punkt diese Balance ins Wanken gerät, ist nicht abzusehen.
Fürchten Sie nicht, dass die israelischen Angriffe gerade dem Regime Assads in die Hände spielen könnten, wenn sie augenscheinlich die Rebellen als Kollaborateure mit dem zionistischen Feinde entlarven?
Nicht, solange wir darauf achten, dass wir nicht gegen Syrien kämpfen, was wir nicht tun. Das Ziel sind die Hisbollah und die Waffenlieferungen, die auf dem Weg in den Libanon sind. Das ist für den syrischen Bürgerkrieg überhaupt nicht relevant, auch wenn die israelische Luftwaffe auf syrischem Territorium angreift.
Und was ist mit den chemischen Giftstoffen? Würde Israel im Zweifelsfall nicht die Produktion von C-Waffen unterbinden wollen?
ist Mitarbeiter des Tel Aviver Institute for National Security Studies. Er war Brigadegeneral der israelischen Streitkräfte IDF.
Warum sollten wir das tun? Wir befinden uns nicht im Krieg mit der syrischen Regierung. Es erscheint immer so, als sei es eine ganz klare Sache mit den Chemiewaffen, aber das ist nicht so. Vorläufig handelt es sich um ganz kleine Mengen. Es ist noch immer nicht klar, wer dahintersteckt und warum die Stoffe zum Einsatz kamen. Ich sage: Hier ist noch keine rote Linie überschritten worden, und die Regierung denkt nicht anders darüber.
Die Regierung in den USA offenbar auch nicht?
Niemand soll denken, Israel versuche, die USA in einen Krieg zu ziehen. Im Gegenteil: Für Regierungschef Benjamin Netanjahu bedeutete ein US-Militärschlag gegen Syrien nur eine Ablenkung vom eigentlichen Problem: Iran.
Leser*innenkommentare
end.the.occupation
Gast
>> Warum sollten wir das tun? Wir befinden uns nicht im Krieg mit der syrischen Regierung.
Da schlägt sich der Leser auf die Oberschenkel ...
Und - wird die IDF-Korrespondentin Knaul dazu irgendeine Frage stellen?
Natürlich nicht! Niemals käme Sie auf die Idee sich des eigenen Verstandes zu bedienen oder irgendeine Aussage ihres Verbindungsoffiziers zu hinterfragen.
Vielmehr gibt sie auch den Rest der PR ganz ungefiltert wieder. Deutscher Staatsjournalismus wie man ihn schätzt.
ffolkes
Gast
Nach meiner Auffassung handelt Israel legtitim und hat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, konkrete Gefahren wie eben diese Waffenlieferungen an die Hisbollah zu unterbinden. Ohne dieses konsequente Handeln gäbe es Israel schon längst nicht mehr, davon bin ich fest überzeugt.
Daniel Preissler
Gast
@Bernhard
Nur was Logisches:
"Wenn Israel die Palästinenser von der Landkarte hätte tilgen wollen, gäbe es heute keine Palästinenser mehr in Israel."
Das widerspricht sich selbst. Indem du sagst "in Israel", drückst du aus, dass tatsächlich "die Palästinenser von der Landkarte" getilgt wurden - denn da ist ja jetzt Israel auf der Landkarte. Wurden sie ja nicht komplett, es gibt ja noch Gebiete weiter östlich, ist klar. Aber dein Satz ist - so wie er da steht - hochgradig unlogisch.
I.Q
Gast
@ Bernhard
Unter anderem bei den Archiven der UN über den Palästinakonflikt sind Karten zu sehen, wie sich die Jewish Agency einen „jüdischen Staat“ in den frühen zwanziger Jahren vorstellte.
Da wird ein Gebiet gezeigt, das in alle Richtungen, außer zum Mittelmeer, über das Mandatsgebiet Palästina hinausging. Ob die Palästinenser überhaupt ein Stück davon hatten abgeben wollen, diese Frage wurde vom mächtigen England und der J-A anfangs noch nicht einmal in Betracht gezogen.
Russland und China haben auch nicht jede Resolution zu Syrien verhindert, sondern solche, die aus ihrer Sicht einseitig waren.
Alle Seiten – nicht nur Assad – hätten zur Verhinderung oder Begrenzung des Blutvergießens mehr tun müssen.
johan Schreuder
Gast
@vergessene Liebe
Genau so, wo NAZI ein Kürzel ist für National Zionist.
Randzone
Gast
Komisch, dieses:
"Niemand soll denken, Israel versuche, die USA in einen Krieg zu ziehen. Im Gegenteil:" komm mir irgendwie bekannt vor, wie war das ?
Niemand hat die die Absicht eine Mauer zu b...
Beobachter
Gast
@Ute:
Ganz genau und auf diesem "Geburtsfehler" Israels (dass nämlich die zionistische Ideologie Herzls von Anfang an die dort lebenden Menschen in seiner Betrachtung der Schaffung einer "jüdischen Heimstätte" ignorierte) ist auch der Libanonfeldzug (1982) Israels geschuldet (um die damaligen "Terroristen" der PLO unter Arafat zu verjagen) und damit die Feindschaft der schiitischen Libanesen, denn die Hisbollah ist ein direktes Produkt der damaligen israelischen Intervention.
Bis 1982 waren die Schiiten politisch eher unauffällig in dem konfessionellen Flickenteppich des Libanon gewesen.
Ursache und Wirkung.
R.J
Gast
@ Ute
Vielleicht muss man wirklich fragen, wie die neue Regierung ihre Finanzen verteilen will und was dabei mit dem Militärhaushalt geschieht.
Heute früh aber überrascht die Meldung, die UN habe Hinweise auf den Gebrauch von Sarin durch Rebellen.
Und tatsächlich, davon, dass man sich in Tel-Aviv bemühen wollte, etwas aus den jüngsten Vorschlägen aus arabischen Staaten zur Zweistaatenlösung zu machen oder dabei konstruktiv mit den USA zusammenzuarbeiten, ist überhaupt nichts zu vernehmen.
Bernhard
Gast
@ Ute
Wenn die Palästinenser Israel von der Landkarte tilgen könnten, würden sie es tun. Wenn Israel die Palästinenser von der Landkarte hätte tilgen wollen, gäbe es heute keine Palästinenser mehr in Israel.
@Detlev
Assad ist für Israel berechenbar. Das, was danach kommt, ist völlig unklar. Die Israelis werden sich kaum einen failed state oder ein fundamental islamisches System neben sich wünschen. Ihre Vermutungen zu zivilen Opfern in allen Ehren, aber zivile Opfer hat bisher meines Wissens nicht einmal Assad behauptet. Und was das Erzwingen des Endes der Vermittlungen angeht - Russland blockiert jede Resolution und der zweite Vermittler gibt auf. Das ist selbst für die jüdische Weltverschwörung etwas zuviel des Guten, meinen Sie nicht?
vergessene Liebe
Gast
hmm? Der Hauptfeind ISRAELS... erscheint ISRAEL selber! = Die arrogant- militante Fraktion des zionistischen Expansionismus und deren apartheid-NAZI- Praxis!
Detlev
Gast
"Das Ziel sind die Hisbollah und die Waffenlieferungen, die auf dem Weg in den Libanon sind."
Das ist weder die ganze, noch die halbe Wahrheit. Natürlich will Israel Assads Kopf, weil dann nicht nur mit der Hizbullah, sondern auch mit dem militärischen Druck durch den Iran, Irak und anderen Staaten direkt an der Grenze schluss wäre. Dafür würden sie alles tun. Und das tun sie nun auch. Wer sich die Bilder angesehen hat, der konnte auch erkennen, dass es besiedelte Gebiete waren, in denen normale Menschen wahrscheinlich auch gelebt haben. Israel wird diesen Angriff noch verfluchen. Außerdem hat Israel wohl das Ende der Vermittlung durch die UN erwungen. Normalerweise sollten Putin und Obama eine Idee für Syrien entwickeln. Wenn sie das nicht tun, werden Israel, Türkei, Iran, Hizbulla und die Golfstaaten vor Ort werkeln. Dann wird Syrien den Weg Richtung Mogadischu nehmen und irgendwann eine üble Zone der Zerstörung werden.
Ute
Gast
"eine Ablenkung vom eigentlichen Problem" trifft es ganz gut.
Das aber wäre nicht der Iran, sondern die Mißachtung der palästinensischen Rechte durch Israel und dies seit seiner Geburtsstunde.
Ohne dem wäre das heutige Israel auch nicht denkbar.