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Realitycheck für den TatortDienst nach Vorschrift, bitte!

Ist es ein Ausdruck grünen Spießertums, wenn man auf die Beachtung rechtsstaatlicher Regeln beim „Tatort“ achtet? Nein, durchaus nicht.

Auch Christian Ulmen steht jetzt in seiner Funktion als Tatort-Kommissar unter Beobachtung. Bild: dpa

„Dann schlag ich sie tot!“ Eine markige Aussage des Hamburger „Tatort“-Kommissars Nick Tschiller über Menschenhändler, die schutzbedürftige Mädchen bedrohen.

Um für deren Sicherheit zu sorgen, überholt der Kommissar seine Bürokratie notfalls rechts. Er selbst wird zum Gesetz und erinnert dabei an Clint Eastwoods „Dirty Harry“. Sein Ansinnen aber bleibt nicht unkommentiert. Eines der Mädchen antwortet mit einem zynischen „Toll!“ Sie ahnt, dass sie vorher sterben muss. Und der Drehbuchautor ahnt, dass er die Äußerung des Kommissars nicht unkommentiert lassen kann. Es entsteht ein Bewusstsein für das Vorgehen des Kommissars.

Um diesen Diskurs nicht jedes Mal dem Drehbuch zu überlassen, gibt es seit dem vergangenen Wochenende den Twitter-Account „Tatortwatch“, der nun im Wochenrhythmus die Folgen analysiert. Erklärend heißt es in der Twitter-Bio: „Grüne Rechts- und Innenpolitiker twittern BürgerInnenrechtsverletzungen live“. Es ist also auch ein politisches Ding.

„Wir sind Menschen, die gerne ’Tatort‘ gucken, die sich aber über bestimmte Verhaltensweisen ärgern‘“, sagt die 29-jährige Juristin Paula Riester, eine der Macherinnen. Ihre Tweets lesen sich so: „Keine Überraschung – das Seminar zur Belehrung über Zeugen- und Beschuldigtenrechte haben die Kommissar_innen wohl geschwänzt.“ Viel mehr passierte Sonntag nicht. Es fehlten ein paar Belehrungen – das war’s. Dienst nach Vorschrift.

Handelt es sich bei den „Tatort“-Watchern also um kleinkarierte Spaßbremsen, die eine noch kritteligere Partei repräsentieren? CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe meint selbstredend, ja. Er spricht bei Twitter von einem „neuen grünen Bevormundungsprojekt“. Später legt er wenig sachgemäß noch einen drauf: „Wann starten die Grünen Menschenwatch?“ Gerade so, als wären Funkzellenabfrage, Bestandsdatenauskunft und Videoüberwachung nicht von dieser Welt.

Der Hays Code

Gröhe hat Unrecht, wenn er so tut, als wäre das, was da jedes Wochenende auf der Mattscheibe zu sehen ist, bloße Unterhaltung. Welche Bedeutung Bewegtbildern zukommen kann, offenbart ein Blick in die Geschichte Hollywoods.

Der sogenannte Hays Code hat über Jahrzehnte die Arbeitsweise der Regisseure diktiert. Leinwandehepaare durften lange nicht in einem Raum schlafen. Die Leinwand galt als moralisches Vorbild, als Absicherung des Status quo. Filmische Codes wurden zu gesellschaftlichen.

Das Argument kann man zwar nicht eins zu eins übernehmen, aber es schafft eine Vorstellung davon, wie Fernsehen Zuschauer beeinflusst. Wenn man immer wieder sieht, wie ein Polizist ohne Durchsuchungsbefehl in Wohnungen eindringt, dann nimmt man das irgendwann für bare Münze. Bei über 10 Millionen Zuschauern könnte das zum Problem werden.

Anderthalb Stunden Aktenstudium

Doch kann man in 90 Minuten überhaupt perfekten Realismus inszenieren? Nein: Niemand will einen Kommissar sehen, der anderthalb Stunden Akten wälzt. Weglassungen sind notwendiger Teil der Dramaturgie. „Tatort“-Drehbuchautor Fred Breinersdorfer umschreibt die Herausforderung so: „’Tatort‘ ist Fiktion. Aber die Filme werden vom Publikum oft als ’real‘ wahrgenommen. Deswegen müssen nicht nur die Menschenrechte, sondern auch die Prozessrechte eine Rolle spielen sowie die Sanktionen bei Nichtbeachtung.“

Die Debatte, die der grüne Twitter-Account „Tatortwatch“ angestoßen hat, ist also wichtig. Es geht dabei, anders als Hermann Gröhe meint, nicht um die völlige Normung der deutschen Serienlandschaft. Der „Tatort“ kann bleiben wie er ist, das sagen auch die Macher von „Tatortwatch“. Ihnen geht es vielmehr um das Bewusstsein für Fiktion.

In diesem Sinne ist „Tatortwatch“ eine sehr gute Idee. Oder mit den Worten David Simons, Schöpfer von „The Wire“: „Weniger Realismus ist nie gut.“

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30 Kommentare

 / 
  • J
    Josh

    So eine linke Blockwartsch**** kann wirklich nur aus BRD kommen. Man hat wirklich das Gefühl, dass sich manche wieder sozialistische Einheitsmedien wünschen - wahrscheinlich weil Sie im Grunde zu feige sind, sich der Freiheit zu stellen (im Gegensatz zu den ach so spießigen Amis). Tatortwatch IST linkes Spießertum! Man schämt sich ja fast vor der Meinung anderer Länder, wenn die einen Blick in unsere Bananenrepublik werfen...

  • K
    kravallier

    An all diejenigen, die das mal wieder spießig finden: Kein Ding, ein kleines bisschen nachvollziehbar. Aber hören Sie bitte auf, Leute zu beschimpfen, die sich nach Feierabend ein klein wenig Restverstand bewahren. Das würgt viele spannende Debatten im Voraus ab. Was schade ist.

     

    Zum eigentlichen Thema: Es bestreitet ja niemand, dass ein Tatort Fiktion ist. Künstlerische Freiheit heißt automatisch keine exakte Darstellung der Realität. Aber, und das ist der wichtige Punkt, der Realitätsbezug ist gerade im Tatort bewusst gewollt. Und die eigentliche Frage hier ist, was einen Kommissar als solchen erkennbar macht. Die Dienstmarke? Die Pistole? Das Büro im Polizeipräsidium? Seine Verkörperung der Staatsgewalt? Die Achtung der Gesetze?

     

    Wenn der Rechtsstaat für die Tatort-Kommissare von so geringer Bedeutung ist, dass er im Vorbeigehen einfach ignoriert werden kann, dann sagt das einiges aus. Und Hermann Gröhes Einlassung zeigt dann mal wieder, dass ihm "Sicherheit" wichtiger ist, als Gesetze. Kann man so sehen. Darf man kritisieren.

     

    Das ist kein Plädoyer für spießige Kommissare. Die dürfen machen, was sie wollen, Rechtsbeugung inklusive. Es ist ja nicht so, dass so etwas noch nie vorgekommen wäre. Aber wenn der Rechtsstaat für so unwichtig gehalten wird, dass er als Faktor im Tatort einfach ignoriert werden kann, dann darf man das getrost mal kritisieren.

  • HB
    @Herr B

    "Was ist ein Fundamentalist?

    Ein Mensch, der von allen verlangt so zu denken wie er/sie/es selbst.

    Es gibt eine Form von grün/alternativer Lebensveränderung die sich brachialer einmischt als die meisten der von ihr als engstirnig verurteilten Gruppierungen.

    Stellt euch mal vor:

    die kath. Kirche startet einen Blog, wo der Tatort auf die Konformität mit dem christlichen Bekenntnis hin untersucht wird. Da gäbe es sicherlich auch in der TAZ einen #Aufschrei#"

     

    Vergleichen sie tatsächlich den Recht und Gesetz mit "dem christlichen Bekenntnis (welchem eigentlich)"?

     

    Vergleichen sie da tatsächlich den Anspruch an die Polizei, diese solle sich rechtsstaatlichen Prinzipien gemäß, nach Recht und Gesetz verhalten, mit Fundamentalismus?

     

    Die arme Polizei wird drangsaliert, weil ihr totalitärerweise untersagt, zu schalten und zu walten wie sie will?

    Diese bösen Grünen. Als nächstes stellen sie noch Verstöße gegen das Strafgesetz unter Strafe. Das geht ja garnicht.

     

    Oder meinen sie mit Fundamentalismus die Tatsache, das Kritik geäußert wird. Denn mehr geschieht bei Tatortwatch nicht. Versuchen sie mit dem guten alten Trick "Kritik als Zensur (verbietet der Tatortwatch etwas?) bezeichnen" etwa, jene Zensur auszuüben, die sie kritisieren?

     

    Man wird ja wohl nochmal kritisieren dürfen!

  • FA
    Für alle, die sicher sind, Realtität und Fiktion auseinander zu halten

    Einerseits ist dies richtig, andererseits nicht. Es wirkt übers Unterbewusstsein, nur stärker, da sich der Konsument der Kulturindustrie freiwillig und voll konzentriert hingibt.

     

    Der "notwendig" erscheinende Rechtsbruch durch die Kommissare, mit denen sich der Zuschauer identifiziert, sorgt für eine Normalisierung und Affirmation der polizeilichen Willkür. Die Serie 24 hat in den USA zu größerer Zustimmung für Folter gesorgt, selbst wenn all die Leute gleichzeitig meinen, sie wüssten, dass der dargestellte dauernde Ausnahmezustand fiktiv sei.

     

    Dazu interessant: http://www.linksnet.de/de/artikel/28543

     

    Außerdem zeigen Krimis für Gewöhnlich nicht "die Realität". Sie stecken fest in einem tiefen Glauben an das bürgerliche Subjekt und versuchen garnicht wirklich, die sozialen Verhältnisse einzufangen. Wenn doch, dann bleibt es zutiefst oberflächlich.

    Eine Serie, die versucht an die Wurzeln zu gehen, in der die Akteure als Charaktermasken erscheinen und der "Krieg gegen Drogen" als "Krieg gegen die Unterschicht" entlarvt wird, ist The Wire: http://www.linksnet.de/de/artikel/28764

  • KR
    Kritische Rechtswissenschaft

    "I got the shotgun. Zu filmtheoretischen Aspekten des Rechts

    Maximilian Pichl in Forum Recht (18.03.2013)

     

    Gerade in den letzten Jahren gab es eine Vielzahl von Produktionen von Serien und Filmen, die sich explizit mit dem Recht auseinandersetzen und dieses auf eine spezifische Weise inszenieren. Die Rechtskritik muss sich daher mit der (Pop-)Kultur beschäftigen und diese analysieren.

     

    [...] Die Kulturindustrie verspricht individuelles Glück und bindet die Konsument_innen damit in die gesellschaftlichen Verhältnisse affirmativ ein.[...] Nicht die realistische Darstellung des Rechts oder die realistische

    Aufklärung der Bevölkerung über spezifische Rechtsfälle, sondern Unterhaltung und die Erzeugung von Spannung in einem den Menschen bekannten Lebensumfeld ist der Anspruch der Fernsehserien [...] Doch die in den TV-Shows und Filmen dargestellten Inhalte reproduzieren zum einen gesellschaftliche Normen von Recht und Gerechtigkeit, zum anderen produzieren sie aber auch das Wissen über das Recht.[...]

     

    Die Serie folgt dabei einem Dreiklang aus Ausnahmezustand, der angeblichen Effizienz von Foltermethoden sowie der Dringlichkeit der Situation.

    Der in 24 ausgerufene Ausnahmezustand legitimiert Bauer dazu, auch rechtswidrige Mittel anzuwenden.[...]

     

    Anwält_innen benutzen in den Medien dargestellte Szenarien und Handlungsstränge, um ihre eigene juristische Argumentation mit lebensnahen Fallbeispielen zu untermauern. [...] Es ist naheliegend, dass sie dabei auf (pop-)kulturelles Wissen zurückgreifen,[...]

     

    In dieser Hinsicht ist der Tatort sogar erstaunlich realitätsnah, wenn die Macher_innen unterstellen, dass die deutschen Ermittlungsbehörden praktisch keinen Wert auf Bürger_innenrechte legen. [...] Doch wird diesem Handeln der Strafverfolgungsbehörden nicht in kritischer Distanz begegnet, sondern der Tatort baut über viele Episoden hinweg ein Identifikationsgefühl der Zuschauer_innen mit den Ermittler_innen auf."

    http://www.linksnet.de/de/artikel/28543

  • RB
    Rainer B.

    Wer sich politisch 100% korrekt verhalten möchte, der darf sich doch gar nicht erst durch schwerste Straftaten im Film unterhalten lassen wollen. Ein hoher Prozentsatz der Abendprogramme besteht aus Mord und Totschlag, Raub, Erpressung, Menschenhandel, Prostitution und Wirtschaftskriminalität. Wie schön ist das denn, dass wir das nach Feierabend auch noch brauchen?

     

    Film kann die Realität teilweise abbilden, schafft aber naturgemäß eine eigene Realität. Hätte Schimanski immer nach Dienstvorschrift ermittelt, dann hätte auch ein toller Schauspieler wie Götz George die Serie auf Dauer nicht halten können und die meisten Fälle wären übrigens ungelöst geblieben.

  • A
    akj

    das ist ja eine nachmache der tatortkontrollkommission des arbeitskreises kritischer juristinnen und juristen der hu berlin (akj), dei schon seit 2008 den tatort und den polizeiruf 110 kritisch beleuchten...

     

    www.tatortkontrolle.de

     

    schade, dass die taz dazu kein wort verliert...

  • B
    Bachsau

    Es ist aber auch so. Einen Durchsuchungsbefehl bekommt jeder, der ihn beantragt, und wenn nicht, machen sies trotzdem. Die Beweise gelten ja trotzdem vor Gericht.

     

    > Filmische Codes wurden zu gesellschaftlichen.

    Wenn da so gewesen wäre, und es Moral sein soll, dass nichtmal Ehepaare zusammen schlafen, wären die Amis heute ausgestorben.

  • HB
    Herr B.

    Was ist ein Fundamentalist?

    Ein Mensch, der von allen verlangt so zu denken wie er/sie/es selbst.

    Es gibt eine Form von grün/alternativer Lebensveränderung die sich brachialer einmischt als die meisten der von ihr als engstirnig verurteilten Gruppierungen.

    Stellt euch mal vor:

    die kath. Kirche startet einen Blog, wo der Tatort auf die Konformität mit dem christlichen Bekenntnis hin untersucht wird. Da gäbe es sicherlich auch in der TAZ einen #Aufschrei#

  • V
    vic

    Ich steh ja auf Borowski und Sarah, früher Frida.

  • AU
    Andreas Urstadt und Julien Lewis

    Wieso ist illegal wo reinrennen rechts. Sieht eher nach ner Hausbesetzersozialisation aus. Es wird dann peinlich, wenn man nicht mehr rauskommt (vgl Inspektor Barnaby - der gute serioese Inspektor Barnaby). Ermittlungsrichter Bartoli hatte mit illegalem Eindringen auch keine Probleme, loest dadurch liegen gebliebene Faelle inkl auch hier Rettung von Menschen inkl.

    Es sind Plaedoyers fuer flexible Rechtsauffassungen.

     

    Quincy hielt sich an die Gesetze, um bei seinem energischen Einschreiten bei Behoerden etc fuer einen Querulanten oder Wahnsinnigen gehalten zu werden. Quincy war die Inkarnation desjenigen, der irgendwie Beschluesse organisieren musste. Grenz u Messwerte gehoerten zur Legitimation, die man durch Uebertretungen nicht in Frage stellen durfte.

     

    Eine ethical infrastructure ist wichtiger als institutionalisierte starre Regeln.

     

    Quincy war typischer Vertreter der Disziplinar u Kontrollgesellschaft und aus der Zeit des dauernden Messens stammen auch die Wurzeln der Gruenen. Messen. Kontrollieren etc. Ueberwachen. Obst. Luft. Lebensmittel. Und keiner realisiert, auf was da gesetzt wird. Auf das, auf was gesetzt wird, wenn eine ethical infrastructure fehlt.

     

    Wer andere und sich dauernd kontrolliert hat ein Problem, eine viel zu hohe Normativitaet und die ist nicht nachhaltig.

     

    Eine funktionierende ethical infrastructure braucht solche Kontrolle nicht.

     

    Es ist interessant, was bei den Rezipienten offenbar Schmerzen ausloest.

     

    Eine Polizei ohne ethical infrastructures ist nicht nachhaltig, eine Filmwirtschaft ohne auch nicht, mit letzteren hatte ich unverlangt genug zu tun. Aus der Perspektive wird sicher in mieser Tour wo eingedrungen. Die Falschen werden immer durch was angetriggert.

     

    Illegales Eindringen auf die rechte Art und Weise ist ein Beitrag zur Nachhaltigkeit. Bei der Rettung von Menschen geht es nicht um das Gewinnen von Gerichtsverhandlungen. Film soll nicht Fiktion zeigen, sondern in erster Linie Menschen.

  • K
    KaosKatte

    Demnächst kommt eine neue Staffel "24". Wäre ja auch mal interessant, in welcher Szene Jack Baur zu Recht foltert und in welcher nicht. Im Ernst:

    Tatort ist Unterhaltung und keine Realität, und der Zuschauer ist für diese Unterscheidung nicht zu blöd, wie es die grünen Tatort-Beobachter vielleicht glauben. Ein Tatort mit unendlichen Rechtsbelehrungen langweilt einfach.

  • L
    lowandorder

    Ja - Polizei/Justiz im TV ist schon ein Kreuz.

     

    Und unkommentierte Verstöße gegen prozessuale Rechte gehen gar nicht.

    Punkt. Hat mit " Spaßbremse" nix zu tun, sondern erzieht nicht nur Nichtordungskräfte zu klarem Denken.

    Bizarr, daß ein CDU-ler den Charles Bronson "Ein Mann sieht grün" gibt.

    Einfach hübsch.

     

    Anyway. Als Rechtsanwaltkomparse bring ich meine Arbeitskleidung zum Dreh gleich mit;

    aber freundlich korrekt die Dame am set:" Geht gar nicht, ne Anwaltsrobe sieht so aus! - sonst gibt's gleich Anrufe." Recht hat se.

     

    Einerseits.

    Aber wie vergleichbar manchmal Justizalltag im TV abgebildet wird,

    abenteuerlich.

    Ok, wird weniger, daß gar nicht so ganz unbedarfte Zeitgenossen ernsthaft fragen, "wie das denn so wär, mit dem Hammer!? - oder wie ich denn mein SitzungsBarett über sone Frisur bekäme."

    Aber ein Anruf zum

    " Richter! - nach/wie Salesch?" - löst befreienden Brechreiz aus.

     

    Die normierende, formierende Kraft von TV und Film? Aber Hallo.

    Da brauchen wir gar nicht zu Vance Packard und "Die geheimen Verführer" greifen.

     

    Nein, da reicht Hollywood allemal.

    So etwa:

    als die Roosevelt-Administration vor Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg zu uhrem Entsetzen feststellen mußte, daß weniger als 50% der männlichen Zivilbevölkerung bereit war, auf andere zu schießen! - ja da erging der Ukas an den Militärischen Komplex, Hollywood jegliches Kriegsmaterial für ihre Filme anzudienen.

    Diese zweifelhaften Schinken sind bekannt.

     

    Aber mit Erfolg:

    heute liegt die Quote bei über 70%.

    Oder wie Heino Jaeger dereinst sagte:

    " look before you kuck!"

  • T
    Tim

    Ich sehe sehr gerne amerikanische Serien wie CSI. Dort gibt es zahlreiche Folgen in allen Formaten, die sich mit Mißachtung von Gesetzmäßigkeiten oder dem Brechen von Regeln einzelner Ermittler beschäftigen. Es thematisiert Fehlverhalten und die resultierenden Sanktionen/Konsequenzen, ist trotzdem nicht weniger spannend/real/fiktiv.

  • B
    Boiteltoifel

    Wie wäre es, vor, nach und notfalls während JEDER Fernsehsendung einzublenden, ob es sich um Realität, Fiktion oder Werbung handelt und daß die geäußerten Meinungen und Ansichten nicht notwendigerweise die Meinungen der Macher und Mitmacher, auch auf Bohrinseln, in Gefängnissen und Schulen, widerspiegelt.

     

    Und warum regt sich alles über "Tatort" auf? Über "Alarm für Cobra 11" wird aber kein Wort verloren.

     

    Trauig, daß offenbar viele Konsumenten Fiktion und Realität nicht unterscheiden können. Ich finde es sehr bedenklich, wenn Unterhaltung auf alle Befindlichkeiten Rücksicht nehmen soll. Wenn ich die Realität sehen will, muß ich mich in die Realität begeben. Vielleicht mal ein Molkerei besichtigen... (Kentucky Fried Movie, herrlich politisch unkorrekt und aktueller denn je, da wir inzwischen gleicht Fernsehverhältnisse haben wie die Amis damals, als der Film gedreht wurde.)

     

    Um es mit Dirty Harry (Teil 5, "Das Todesspiel", zu sagen): "Meinungen sind wie Arschlöcher. Jeder Mensch hat eins."

  • M
    Michael

    "Handelt es sich bei den „Tatort“-Watchern also um kleinkarierte Spaßbremsen?"

    JA!

    Wenn Ihr echtes Polizeileben sehen wollt, dann guckt Euch ne Doku an. Der "Tatort" ist Fiction

    (lat. fictio, „Gestaltung“, „Personifikation“, „Erdichtung“ von fingere „gestalten“, „formen“, „sich ausdenken“) bezeichnet die Schaffung einer eigenen Welt durch Literatur, Film, Malerei oder andere Formen der Darstellung sowie den Umgang mit einer solchen Welt.

    Got it?!

  • M
    Michael

    Sehr guter Artikel! Die Taz-Feuilleton-Redaktion ist klasse.

     

    Insgesamt hat der Artikel eine schöne Tiefe, und erreicht eine gute Balance und Abgewogenheit mit toller "Pointe" zum Schluss. Dave Simon macht ja schließlich die absolut besten Serien :)

     

    Realismus sorgt eben auch für bessere Serien. Überhaupt sind Serien und Filme in denen ordentlich recherchiert wird und in denen man die Ernsthaftigkeit gegenüber der Materie spürt, wie das beim Tatort eigentlich immer der Fall war qualitativ ganz oben. Gleichzeitig ist aber Unterhaltung auch immer vom dramatischen Potential der Handlung abhängig. Dass das Fiktionale nicht inszeniert wirkt, ist hier die große Herausforderung.

     

    Eigentlich geht es heutzutage immer primär um Authentizität.

     

    Dass Fernsehen auch eine Vorbildfunktion hat und man überhaupt einen Rückkehr zur Moral ersehnt, erscheint zwar einerseits spießig, ist aber auch voll auf der Höhe des heutigen Zeitgeistes und ich sehe auch eigentlich keine Alternative dazu. Sonst amüsieren wir uns zu Tode, wie Neil Postman sagen würde.

  • C
    cicero666

    Grüne Welt ganz kleinbürgerlich. Eine einst rebellische und auf dem Freiheits-Codex der 68er basierende Geisteshaltung nimmt mittlerweile die Denkmuster eines schwäbischen Kleingartenvereins an. Traurig!

     

    Ich warte nur noch darauf, dass in der taz ein Kommentator der Kehrwoche was Positives abgewinnen.

     

    Wenn die Reglementierungswut und die puritanische Kirchentagsmoral der politisch korrekten Gutmenschen so weiter geht, werden die Grünen bald spießiger sein als ein CSU-Ortsverband in Niederbayern. Aber vielleicht ist das die neue Bürgerlichkeit!

     

    Sehne mich nach dem Pflasterstrand oder der Putztruppe!

  • O
    oranier

    Eins hätte man durch den Tatort lernen können: Der Durchsuchungsbefehl heißt Durchsuchungsbeschluss.

     

    Um über dem Gesetz sich Wähnende oder außerhalb des Gesetzes und gegen das Gesetz agierende Polizisten zu sehen, muss man nicht nach Hollywood greifen. Götz George als Schimanski hat seinerzeit den korrekt handelnden Ermittler, auch in der Zuschauergunst, quasi abgelöst und eine neue Tatort-Ära eingeleitet, die des brutal prügelnden kriminellen Alkoholikers im Dienste des Staates.

    Davon unbeeindruckt ging bei den Schimanski-Filmen im Abspann der Dank an die wohlwollende Unterstützung durch die Stadt Duisburg.

  • TS
    Thomas Sch.

    Lieber Herr Fleige,

    nein, wir Bürger sind nicht so plemplem und halten den Tatort-Krimi für eine realistische Abbildung der Polizeiarbeit. Wie sind Sie denn verdrahtet ? Und Gottseidank halten wir die Artikel in der TAZ auch nur für das, was sie sind: Unterhaltungsware mit Restrealitätsbezug.

  • S
    SabineCrook

    Gibt es auch einen Twitteraccount für Medizinschnulzen bzw darf ich meine Kommantare auch zu den ständig falsch dargestellten Schwestern, Ärzten, Op-Szenen abgeben? Täte mir das wirklich wünschen um meinen Patienten des Nachts nicht immer enttäuschen zu müssen mit den Worten "Nein, sorry ich bin nicht Schwester Stefanie und ich werde nun nicht die ganze Nacht Ihr Händchen halten, weil das Eis auf Ihrem Schnakenstich können Sie schon selber halten"

  • TA
    Tatort Abzockerrundfunk

    Hört doch bitte endlich auf mit der regelmäßigen Propaganda für den zwangsfinanzierten Abzockerrundfunk! Diese Berieselung lässt sich nur mit chinesischen Verhältnissen vergleichen.

  • PR
    Peter Remakowski

    Wer dem Herrn Gröhe eine solche Steilvorlage liefert, muss sich nicht wundern, dass er den Spieß umdreht. Ich denke, diese Nummer wird genauso im Rohr krepieren wie der ähnlich motivierte Versuch einer TV-Journalistin, ihr Krankenhaus-Buch mit einem Schuss gegen die Hospital-Serien ihres Senders zu promoten. Die Beckmesser, die seit Jahrzehnten bei der Fiktion Wirklichkeit einfordern, werden auch hier übernehmen. Total super: Weil's auf Twitter läuft, kommt jetzt nicht mehr nur der pensionierte Oberstudienrat mit viel Tagesfreizeit, sondern eine ganz neue Generation zu Zug. Immerhin: Wer will, kann das ja gegen den Strich lesen, wie Bravo oder Metal Hammer. Wie sagte Lucy Lawless schon so schön gelangweilt in einer Simpsons-Folge auf einer Fan-Convention: "Ich bin nicht Xena." Und der Tatort ist nicht das Polizeifachhandbuch.

  • V
    vic

    Ich meine auch, "Sicherheitskräfte" grundsätzlich als die Guten darzustellen, wäre unrealistisch. Und schließlich - es ist nur TV und die FSK-Einblendung fehlt nie.

  • O
    Ole-Lakshmi

    Linke Propaganda, rechte Propaganda = Jacke wie Hose.

     

    Beides in der Welt um uns schön beschäftigt und gegenseitig missachtend zu halten damit die Gnädigkeiten im Hintergrund ihre Freude dran haben.

     

    Dazu auch recht hübsch die False-Flags der letzten Zeit. Aber das is endkrude VTlerei usw usf.

  • R
    reblek

    Mit größter Selbstverständlichkeit wird im "Tatort" immer wieder von "Verhör" gequasselt, obwohl es sich um eine Vernehmung handelt und das "Verhör" eine ungute Erinnerung an dunkle Zeiten bedeutet.

  • H
    heinzl

    Mich hat auch sehr gestört wie in "Zombieland" mit den Bürgerrechten der "alternativen Lebensformen" umgegangen wurde. Ich habe spontan eine Lichterkette organisiert, aber keiner wollte den Zombies eine Hand reichen und die Zombies selbst reagierten hysterisch auf die Kerzen...

  • A
    ADA

    Jepp, aber das kann nur der Anfang sein !

     

    #BieneMayaWatch-> eine kritischer Blick auf die unrealistische Darstellung der Flora und fauna ist angebracht

     

    #WickiWatch -> unmöglich können wir unseren Kinder unkommentiert den haarsträubenden Zugang zur Rolle von Frauen und Männern in der Gesellschaft zumuten

     

    #RosamundePilcherWatch -> das Hochhalten eigentlich überwundener feudaler Mißstände auf Schlössern in Cornwall, muss der realistischen Lebenswelt einer Etagenwohnung in der Lausitz entgegegngesetzt werden

     

    #Starsky&HutchWatch absetzen, da hilft kein watch mehr

     

    #RictherAmNachmittagShowWatch begleitend werden wir überprüfen, ob die dargestellte Gerichtsverfahrensweise, den Grundsätzen rechtsstaalicher Prozesse entspricht

     

    #HeuteShowWatch auch wenn als Satire zulässig, kann der Watch augenzwingernd und unmittelbar falsch vermittelte Unterstellungen richtigstellen

     

     

    Fortsetzung folgt bei Bedarf

  • ES
    Ernst Sörensen

    Leider bleibt es bei einem Tatort-Check für die echte Schleswiger Polizei nicht nur bei ein paar vergessenen Belehrungen.

     

    Betroffene von Polizeigewalt haben sich die Mühe eines "Tatortchecks" für das Schleswiger >Polizeirevier gemacht. Ein Beispiel:

     

    http://husuma.nirgendwo.info/2013/03/11/polizei-doku-sl-7-die-persilscheinstaatsanwaltschaft/

  • Z
    zora

    das verletzen rechtstaatlicher regelunge und menschenrechten von seiten der polizei ist auch in deutschland keine absolute seltenheit, schaut mensch sich ihr vorgehen beim vorgehen speziell im politischen kontext an. wenn im tatort die polizei als absolute saubermänner/frauen dargestellt werden, hätte dies dann wenig von realismus, sondern eher von ideologie (im marxschen sinne) und propaganda. im film die heile welt zu zeigen um einen unmündigen menschen, einem kleinen kind gleich zu erziehen wirkt auf mich altbacken, eine idee welche aus zeiten kommt in denen moral und intellekt noch an ständen fest gemacht war. ein für mündig erklärtes individuum dem mensch die fähigkeit zurechnet über das eigenen leben selbst zu bestimmten, zu wählen usw. sollte es zumutbar sein auch die schmutzigen seiten der welt zu zeigen, zumal wie gesagt alles andere den eindruck der propaganda weckt.