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Kommentar Michael Douglas' KrebsYou Suck

Heide Oestreich
Kommentar von Heide Oestreich

Michael Douglas hat Mundrachenkrebs. Schlimm genug, aber das ist noch nicht alles: Bekommen haben soll er ihn - möglicherweise - durch die orale Befriedigung von Frauen.

Bild: ap

W hat a story. Der Mann, der im Film öfter Opfer von psychopathischen Sexualpartnerinnen wurde, bekommt im wahren Leben Krebs vom Oralverkehr. Michael Douglas erklärt, sein Mundrachenkrebs vor drei Jahren sei - möglicherweise, wie er inzwischen einräumt - auf das Humane Papillomvirus (HPV) zurückzuführen. Das Virus habe er sich also möglicherweise beim Cunnilingus eingefangen. Und durch noch mehr Cunnilingus werde man es auch wieder los. „It giveth and it taketh“, so seine biblische Anspielung.

Was geht da ein Kopfkino los: „Fatal Attraction“, die Geschichte, in der Michael Douglas von einer Stalkerin verfolgt wird – der Titel bekommt einen ganz neuen Sinn. „Basic Instinct“, wieder ist Michael Douglas Opfer einer psychopathischen Sexualpartnerin: Sex und Gefahr, immer direkt verbunden. Die Fantasie von der gefährlichen Frau bekommt eine neue Dimension: Sie greift nicht nach dem Eispickel unterm Bett wie Sharon Stone in „Basic Instinct“. Sondern sie trägt eine tödliche Krankheit in sich.

Das ist die eine kinoreife Geschichte. Die andere ist eben so hollywoodesk: Der Schauspieler, dessen sexuelle Aktivitäten so weit reichten, dass man jahrelang über eine Sex-Sucht munkelte, wäre nun an dieser seiner Lieblingsaktivität fast zugrunde gegangen. Zum Glück erwies sich seine Erkrankung als heilbar.

Heide Oestreich

ist taz-Redakteurin für Geschlechterpolitik.

Sünde, Bestrafung, Erlösung

Die ganze biblische Dramaturgie ist vorhanden: Sünde, Bestrafung und Erlösung. Und nun vermischt Douglas selbst auch noch Fiktion und Realität: Ja, der HPV-Virus ist sexuell übertragbar und kann bei Männern Mundrachenkrebs auslösen. Aber nein, er kann durch noch mehr Sex nicht geheilt werden, da spielt Douglas selbst mit seinem Ruf als sexuell unglaublich aktiver Kerl und bedient nebenbei ein paar Männlichkeitsmythen.

Was bleibt übrig von all dem im Geschlechterdiskurs? Junge Männer, die sich auf Twitter Gedanken darüber machen, ob man noch Oralsex haben kann. Sind Frauen jetzt gefährlich? Diese Frage zeigt, was die Vermischung von Mythos und Realität anrichtet: Es geht nämlich in der Realität nicht um die „fatal attraction“ gefährlicher Frauen. Das HPV-Virus kann von allen übertragen werden und bei allen Arten von ungeschütztem Sex. Bei Frauen droht es so oft Gebärmutterhalskrebs auszulösen, dass die Impfkommission eine Impfung dagegen empfiehlt (die umstritten ist, aber das ist eine andere Geschichte).

Es ist einfach eine weitere Geißel, eine Geschlechtskrankheit, die alle ereilen kann. Männer sind ebenso gefährlich wie Frauen. Und der Hinweis der Mediziner, Fellatio mit Kondom (mit Geschmack!) und Cunnilingus mit einer Frischhaltefolie auszuüben, ist wirklich für alle Beteiligten gleich ernüchternd.

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Heide Oestreich
Inlandsredakteurin
Jahrgang 1968, ist seit langem Redakteurin für Geschlechterpolitik in der taz und im kulturradio vom RBB. Von ihr erschien unter anderem das Buch „Der Kopftuchstreit. Das Abendland und ein Quadratmeter Islam“. 2009 wurde sie mit dem Preis „Der lange Atem“ des Journalistenverbands Berlin Brandenburg für die Berichterstattung über Geschlechterstereotype ausgezeichnet.
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17 Kommentare

 / 
  • RB
    Rainer B.

    @Marco

     

    Zitat aus den Informationen zur HPV-Prävalenzstudie 2010 des Robert Koch Instituts:

     

    "Im Bereich der Schleimhaut kann es bei lang andauernder Infektion zu Veränderungen kommen die unbehandelt zu Tumorentwicklung (Gebärmutterhalskrebs, Anal- oder Peniskariznome) führen können."

     

    Von Mundrachenkrebs steht da nix. Wär schön, wenn Sie ihre Zahlenangaben nachvollziehbar machen würden!

     

    Grundsätzlich können lang anhaltende, unbehandelte Infektionen natürlich immer zu Zellentartungen und Krebs führen. Das ist aber keine Wenn-Dann-Relation und hängt auch von vielen anderen Faktoren ab.

    Ob die Leute wegen dieser Gefahrenlage grundsätzlich auf Oral-Sex verzichten sollten, scheint mir mehr als fraglich. Sexuelle Aktivitäten können nämlich nicht nur krank machen, sie können auch das allgemeine Wohlbefinden und die Abwehrkräfte erheblich verbessern.

  • PU
    P. Ummelchen

    Wie unglaublich interessant!

     

    Ich habe übrigens auch Erstaunliches zu berichten:

    Leider leide ich an leichtem Übergewicht. Das ist zwar rein spekulativ, aber ich vermute, es liegt am vielen Futtern.

     

    Na taz, wie wär's? Das ist doch ein ganz wahnsinnig aufregende Story, nicht? Ihr dürft gern über meinen Fall berichten.

     

    Und am Ende des Tages seit Ihr es womöglich, die der Menschheit einen ganz entscheidenen Hinweis zu völlig neuen Erkenntnissen geschenkt habt.

     

    Hui!

  • M
    Marco

    Es kann schon sein das sein Krebs nicht durch HPV ausgelöst wurde. Genauso gut ist es aber möglich.

    Reine Spekulation.

     

    Wunderlich aber wie hier die Augen vor den einfachen Fakten verschlossen werden: HPV ist bei Mann wie Frau für verschiedene Krebsarten verantwortlich und es gibt zig Möglichkeiten sich selbst oder andere zu infizieren. Was diesen speziellen Tumor angeht erkranken wohl 13 von 100.000 Einwohnern pro Jahr daran, die Hälfte ist HPV verursacht. Sagt das Robert Koch-Instituts. Die haben, im Gegensatz zu den meisten Kommentatoren hier, wenigstens ein wenig Ahnung wovon sie sprechen.

  • RB
    Rainer B.

    Es gibt nachweisbar einen Zusammenhang zwischen humanen Papillomviren und dem Gebärmutterhalskrebs, ansonsten lösen Papillomviren allenfalls gutartige Veränderungen auf den übrigen Schleimhäuten aus.

     

    Der Gebärmutterhals befindet sich übrigens nicht oben am Kopf. Eine Infektion mit Papillomviren kündigt sich in aller Regel durch Feigwarzen im Genitalbereich an, die gut behandelbar sind (und selbstverständlich umgehend behandelt werden müssen).

     

    Das Risiko, durch Oralverkehr an Mundrachenkrebs zu erkranken, ist nicht höher als das Risiko durch Latex, Gleitcremes, oder Lippenstift. Von einer erhöhten Fallzahl bei Sexarbeitern ist mir jedenfalls nichts bekannt. Bekannt als Auslöser sind aber das Rauchen und Alkoholmißbrauch.

  • J
    jenn

    "...aber das ist eine andere Geschichte..."

    schade, denn es wäre die spannendere Geschichte gewesen. Interessant, wie die ganzen Männer in den Kommentaren hier Frauen als Gefahr darstellen wollen.

    Ja, die Impfung ist für Frauen empfohlen, und nicht für Männer, wsa daran liegt, dass Frauen einem wesentlich höheren Risioko ausgesetz sind.

  • CL
    Cunning Linguist

    "Aber nein, er kann durch noch mehr Sex nicht geheilt werden, da spielt Douglas selbst mit seinem Ruf als sexuell unglaublich aktiver Kerl und bedient nebenbei ein paar Männlichkeitsmythen."

     

    Vieleicht hat er auch einfach nur einen Witz gemacht.

  • L
    Lars

    Selbst die WELT hat dazu geschrieben, dass die Agentur von Douglas diese Aussage bereits dementiert hat.

     

    Vermutlich wollte er in einem Interview einfach nur den Larry raushängen lassen, weil ihm die "kommts vom Saufen oder Rauchen"-Frage auf die Nerven ging?

     

    @taz: Ich hab' keine Fakten. Habt ihr sie?

     

    *** Anm. der Redaktion: Douglas hat zwar dementiert, aber Guardian inzwischen schon Transkript und O-Ton veröffentlicht. Hier: http://www.guardian.co.uk/film/audio/2013/jun/03/michael-douglas-cancer-cunnilingus-transcript ***

  • DD
    Dirk Diggler

    Michael Douglas ist ein Spinner in meinen Augen. Es gibt Prostituierte, die bis ins hohe Alter arbeiten und nicht an irgendwelchen Krebsen erkranken und es gibt keusche Nonnen, die es mit Anfang 40 trifft. Das Ganze ist doch nur absurder Quatsch und eine Nummer für die USA, wo Oralverkehr teilweise verboten bzw. verpönt, deswegen aber, nach statistischen Auswertungen, wohl super beliebt und verbreitet ist.

     

    Anfangs hatte Douglas auch zugegeben, dass er mächtig getrunken und gekifft bzw. geraucht hätte - da hielt er das für die Ursache. Ich würde an seiner Stelle mal wieder einen richtig guten Film machen. (Und dabei natürlich ordentlich an einer Frau rumlutschen - würde die Kasse und das Kino wohl voll machen)

     

    P.S. Es gibt auch Prostituierte in Afrika, die nicht HIV-positiv wurden und die trotz dieses Berufs immer noch gesund sind und sogar weiter arbeiten.

  • P
    Paul

    Kann mir jemand erklären wo genau das Problem bei den Aussagen von MD liegt?

     

    Hätte er wohl besser mal den Mund gehalten... ;-)

  • F
    flipper

    @von und zu:

    ..und Sie lesen also offenbar immer die Stories die Sie am wenigsten interessieren, ja? Irgendwie auch eine Art Outing.

     

    Aber "Cunnilingus mit einer Frischhaltefolie" war mir neu, also wieder was gelernt, danke, TAZ.

  • SG
    Schmidt Georg

    ehrlich gesagt-meine Achtung vor manchen Menschen ,Stars oder was auch immer, dentiert auf minus Null ! in den guten alten Zeiten hatten die Leute auch Probleme, aber man hat sie da gelöst, wo sie hingehören-in den eigenen 4 Wänden!

  • C
    Christian

    Ja, Mädchen wird eine Impfung empfohlen und von den Kassen bezahlt. Jungs aber weder noch. Deswegen sind für junge Frauen heutzutage Männer in der Hinsicht nicht mehr gefährlich, Frauen aber für Männer schon noch. Diesen Sachverhalt gilt es zu ändern, nicht einen Geschlechterkampf zu stilisieren oder Impfskepsis zu schüren.

  • M
    me.toString

    Jeden morgen seh ich beim Bäcker auf dem Tresen die BILD liegen ... heute morgen habe ich nur gedacht 'So ein Quatsch ... wen interessiert denn so eine Sche***?!'

    Und jetzt muss ich den selben Blödsinn hier bei der TAZ lesen. Also wenn ihr ab jetzt auf BILD-Niveau schreiben wollt, dann habt ihr einen Abonnenten weniger!

  • I
    iwern

    hier noch ein bisschen mehr Fakt und Mythos: Catherine Zeta- Jones ist die moderne Version der Büchse der Pandora. und bevor ich "es" das nächste mal tue frage ich ob sie geimpft ist.

  • IQ
    Ignaz. Q

    Ja, dann vielleicht doch besser Zigarren rauchen. Man muss es dabei ja nicht übertreiben.

  • PP
    Peter Pander

    Bei einem Mann, der in der Öffentlichkeit so plappert, wundert mich nicht, dass seine Frau Depressionen hat.

  • UZ
    und zu

    Wie heisst es so schön?

    "No Risk, no Fun!" ;)

     

     

    PS: Als ich die Überschriften gestern gelesen habe, hat mich das nicht sonderlich interessiert (jetzt auch noch nicht), hatte das aber irgendwie so verstanden, als könne nur der aktive Part diesen Kehlkopfkrebs bekommen (wäre ja logisch, das Zeug muss ja da durch) und daher so eine Art verkapptes Outing darin gelesen (so er sich denn noch nicht geoutet gehabt hätte) - nichtmal das fand ich spannend, hätte dann aber doch zumindest irgendwie Nachrichtenwert gehabt.

    Ohne das bleibt es bloß das übliche Macho-Geschwafel.