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Urteil in ÄgyptenHarte Strafen für NGOs

Gericht in Kairo verhängt Haftstrafen gegen Mitarbeiter ausländischer Organisationen. Betroffen ist auch die Konrad-Adenauer-Stiftung.

Die Angeklagten bei der Prozesseröffnung am 25. Febraur 2012. Bild: dpa

KAIRO taz | Die Konrad-Adenauer-Stiftung muss ihr Büro in Kairo dichtmachen. Das hat am Dienstag ein ägyptisches Gericht beschlossen. Der Bürochef der Stiftung, Andreas Jacobs, wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt. Christiane Bader, eine Mitarbeiterin der CDU-nahen Stiftung erhielt zwei Jahre Haft – beide in Abwesenheit.

Das Ganze ist Teil des Urteils in einem seit über einem Jahr laufenden Verfahren gegen Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Insgesamt wurden 43 NGO-Mitarbeiter von einem bis zu fünf Jahren verurteilt. Ihnen wurde vorgeworfen, illegal Geld transferiert sowie ohne Lizenz gearbeitet zu haben. Unter den Verurteilten befinden sich auch 16 Amerikaner, die für US-Stiftungen gearbeitet haben. Sie müssen nun ebenfalls schließen.

Im Dezember 2011 hatte der damals regierende ägyptische Militärrat eine großangelegte Razzia veranlasst. Die Büros von 17 Organisationen wurden durchsucht, ihre ausländischen Mitarbeiter mit einem Ausreiseverbot belegt. Erst im März des folgenden Jahres wurde das Ausreiseverbot aufgehoben. Alle angeklagten Ausländer verließen das Land.

Ein Angriff auf die Zivilgesellschaft

Mit Ausnahme des Amerikaners Robert Becker, der für das National Democratic Institut (NDI) gearbeitet hat, einer Stiftung der US-Demokraten. Becker hatte sich geweigert, das Land zu verlassen, aus Solidarität mit seinen angeklagten ägyptischen Mitarbeitern. Daraufhin wurde er von seinem Arbeitgeber gefeuert und nun als einziger Ausländer in Anwesenheit zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt.

„Das Urteil bestätigt das gegenwärtige Klima in Ägypten, das keine Arbeit für Bürgerrechte zulässt“, erklärt Tarek Zaghloul, der stellvertretende Direktor der ägyptischen Menschenrechtsorganisation. „Es wird versucht, unabhängige Arbeit einzuschränken und die Rolle der Zivilgesellschaft auszuradieren“, fügte er hinzu.

„Schon als das Verfahren vor eineinhalb Jahren unter dem Obersten Militärrat begann, war es ein rein politischer Prozess, es ging nie wirklich um Fragen des Managements, der Registrierung und der Finanzierung, sondern darum, die Arbeit der NGOs zu kontrollieren“, glaubt die Anwältin Ragia Omran.

Ein neues NGO-Gesetz ist geplant

Sie sieht das Urteil im Zusammenhang mit einem neuen restriktiven NGO-Gesetz, das zurzeit in Ägypten diskutiert wird. „Das Urteil ist eine Warnung an die Zivilgesellschaft, die nicht nur von dem alten Regime, sondern auch von der neuen Regierung als Bedrohung angesehen wird“, sagt sie gegenüber der taz.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle beschreibt das Vorgehen der ägyptischen Justiz als „besorgniserregend“. Es schwäche die Zivilgesellschaft als wichtige Säule der Demokratie in einem neuen demokratischen Ägypten. „Wir werden die Adenauer-Stiftung dahingehend unterstützen, dass diese Urteile aufgehoben werden“, erklärte er.

Anwälte wollen in Berufung gehen

Die Anwälte der verurteilten NGO-Mitarbeiter haben bereits angekündigt, in Berufung zu gehen. Richter Makram Awad erklärte nach dem Urteil im ägyptischen Staatsfernsehen, dass er sich bei Interpol für einen Haftbefehl gegen die nicht anwesenden verurteilten Ausländer verwenden will.

Das dürfte nicht gerade die amerkanisch-ägyptischen Beziehungen verbessern. Bei einem der zu fünf Jahren verurteilten in Abwesenheit, handelt es sich um den Sohn U.S. Transportministers Ray LaHood.

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11 Kommentare

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  • M
    mehrdad

    ich fände es gut, wenn andere staaten (u.a. auch israel) deutsche politische stiftungen am kragen packen und per arschtritt zurück nach deutschland kicken würden.

     

    wir haben in deutschland keine echte demokratie und freiheit. bei mehr als 1 kandidat für einen posten reden wir von "kampfabstimmung" und das ganze land erstickt in eine alternativlose rotgrüne konsens-souce und sogar regierungsbehörden (UBA) stellen einzellne, unbequeme journalisten öffentlich am pranger.

     

    da haben wir kein recht, in andere länder subversive massnahmen durchzuführen, wie es z.b. die böll-stiftung in israel macht, wo 100%ig anti-israelische NGOs, die sogar einen israelboykott verlangen, vom deutschen steuergeld profitieren.

     

    putin hats richtig gemacht. diese bande gehört als ausländische agent gekennzeichnet und ausgewiesen.

  • C
    crizza

    Welche Zivilgesellschaft ist denn gemeint?

     

    Die "Zivil"-Gesellschaft der CDU/CSU in Ägypten?

    Wie naiv zu glauben, dass die Konrad-Adenauer-Stiftung nicht interessengeleitet ihr politisches System zu etablieren bzw. erkaufen versucht; politische Einflussnahme auf höchstem Niveau, vielleicht zu offensiv? Eine kritische Auseinandersetzung der KAS fehlt. Einen Zusammenhang mit der Zivilgesellschaft ist für mich nicht erkennbar.

     

    Tragisch nur für die ägyptischen Mitarbeiter, die die ausländischen (Nicht-)Regierungsorganisationen in eine solche Lage gebracht haben...

  • M
    @muds0r

    Es stellt sich auch die Frage ob die Rattenlinie weiterhin betrieben wird.

    Die KAS ebenso die USA in Lateinamerika... bis heute gruselig.

  • D
    Dunggabel

    Eines dürfte bekannt sein, die illegalen Gelder des Mubarak Clan wurde lange Zeit in Deutschland, vermutlich Bayern, festgehalten, die Herausgabe wurde gezielt verzögert.

    "Mein Kampf" sowie Waffen wurden in Ägypten wie warme Semmel an den Clan verkauft.

     

    Selbstverständlich muss jedes Land welches eine Revolution durchführte erst einmal die ausländischen Einflüsse direkt verhindern, teils verurteilen.

    Die Menschenrechtsverletzungen der Vergangenheit führte zur Gegenwart.

    Deutschland und manche politischen Stiftungen, Meister des Todes.

    Peinlich die Aussage der Westerwelle "Es schwäche die Zivilgesellschaft als wichtige Säule der Demokratie". Soso die KAS war eine demokratische Säule in Ägypten.

    Beteiligt sich die Rüstungsgewerkschaft IG Metall an der FDP Forderung?

    Die Partei sollte einmal nach Thailand und dortige Waffenlieferung durch die FNS sehen. Demonstrierende Bauern mittels Kopfschüsse hingerichtet, war es ein Heckler&Koch Waffe?, die FNS und der Monarchie Clan.

  • G
    Gerechtigkeit

    @muds0r:Ich bin zwar kein Ägypter aber das macht nicht. Ich stimme Ihnen mit großen Freude zu.

  • SG
    Schmidt Georg

    naja, auch in Deutschland werden gewisse Org von den Vefassungsorganen überwacht, ja und, dass die meisten Ausländer stiften gehen, wenns hart kommt, ist auch nix Neues, hab ich im Fall Ost Timur selber erlebt, schon bei kleinen Unruhen, sag ich mal, schnell in den Flieger und fort! UN halt!

  • M
    muds0r

    Absolut begrüßenswert, ich hoffe sehr andere Staaten folgen dem Beispiel, Hier ein eigentlich für die tagesschau verfasster Kommentar, der wohl nicht online gehen wird:

     

    "...denn Konrad Adenauer war einer der größten Verbrecher der deutschen Nachkriegsgeschichte.

     

    NIEMAND SONST hat die Entnazifizierung der BRD so verhindert.

     

    NIEMAND SONST hat so gegen die Wiedervereinigung gekämpft.

     

    NIEMAND SONST hat prozentual in der Geschite der BRD die höchsten Renten bezahlt - an die Alt-Nazis.

     

    NIEMAND SONST hat die ganzen alten Faschisten rehabilitiert (Filbinger, Kiesinger, Globke, ...bleibig vorsetzbar)

     

     

    und jetzt sich wundern, dass Leute dieser Stiftung verhaftet werden? Die Strafen für diese Schergen der NSDAP-Nachfolgepartei sind noch viel zu gering."

     

    Und nochwas: Wenn man sieht welches Verständnis die CDU hierzulange von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit hat (Blockupy, Stuttgart 21 usw.), dann freue ich mich sehr, dass die ÄgypterInnen diesen Versuch der "Demokratisierung" Einhalt gebieten konnten.

  • L
    LutzL

    Hm, weiß nicht wenn die sich mit millionen in den wahlkampf und damit in die politik eingemischt haben ist es eigentlich auch nicht richtig. Und das befürchte ich, die USA sowie BRD wollen nicht das die "Taliban" an die regierung kommen also wird viel geld eingesetzt. Das ist höchst undemokratisch.

  • M
    muh

    "„Das Urteil bestätigt das gegenwärtige Klima in Ägypten, das keine Arbeit für Bürgerrechte zulässt“, erklärt Tarek Zaghloul, der stellvertretende Direktor der ägyptischen Menschenrechtsorganisation. „Es wird versucht, unabhängige Arbeit einzuschränken und die Rolle der Zivilgesellschaft auszuradieren“, fügte er hinzu."

     

    Gut dass die westliche Wertegemeinschaft den arabischen Frühling so tatkräftig mit Wort und Tat unterstützt hat. Andernfalls hätte die Islamisten dieser Länder die Unterdrückung ihrer Gesellschaften und der Andersgläubigen niemals auf demokratischem Weg erreichen können und die Ägypter müssten sich immernoch von Mubarak knechten lassen. Schön dass der Fortschritt in all diesen Ländern Einzug gehalten hat.

     

    Im Ernst: Ich bin froh dass unsere Regierung in diesem Umwälzungsprozess zu den zögerlicheren gehört hat. Ja, Mubarak, Gaddafi und Ben Ali waren scheußliche Despoten. Das ist aber noch lange kein Grund solche Entwicklungen unter dem Deckmäntelchen der Freiheit zu unterstützen. Ich drücke den Libyern die Daumen, mir scheint das der einzige Staat dessen Abrutschen in erneute Despotie oder in den Islamismus noch nicht besiegelt ist.

  • JJ
    Jared J. Myers

    Hochachtung für Robert Becker. Leute wie ihn bräuchten die staatlichen Entwicklungs-Organisationen häufiger. Die Regel ist meist: Wenn's brenzlig riecht, verschwindet und kümmert Euch nicht um Eure Ortskräfte. Eine entsprechende Anweisung hat Becker offensichtlich auch erhalten - er hat sie nicht befolgt und wurde dafür entlassen.

     

    Was die Parteienstiftungen etc. angeht: Sie als "Non Governmental Organizations" zu bezeichnen, ist de jure nicht verkehrt, aber de facto stark verzerrt. Sie sind in den Gastländern, um dort die Politik im Sinne der ihnen nahe stehenden Parteien zu verändern. Da kann man leicht in Gefilde der politischen Einflussnahme kommen, die im Gastland ungut an Kolonialzeiten erinnern.

     

    Dagegen hilft nur absolute personelle, finanzielle und organisatorische Transparenz - und genau die verlangt die ägyptische Regierung von den ausländischen politischen Stiftungen. Allerdings ist es völlig daneben, Gesetze rückwirkend geltend zu machen...

  • E
    end.the.occupation

    Ich verstehe eh nicht wieso man die rechte Konrad-Adenauer-Stiftung nicht schon eher in die Schranken gewiesen hat. Diese Stiftung ist islamophob und pro-Israel. Deshalb haben die ägyptischen Behörden richtig entschieden, vorallem auch im Sinne der muslimischen Bevölkerung. Auf Ungläubige braucht man keine Rücksicht nehmen!