piwik no script img

Die KriegsreporterinLeerstand in Räumen und Köpfen

Kolumne
von Silke Burmester

Frühere Büros von „Spiegel“, „FR“ und „Berliner Zeitung“ können Wohnungsnot lindern - und selbst leere Springer-Köpfe können auf Weiterverwendung hoffen.

Wir hoffen, dass es in den verwaisten Büroräumen ein bisschen besser aussieht, glauben es aber nicht. Bild: dpa

H allo, taz-Medienredaktion! Menschen, junge vielleicht, haben am Freitagabend das leerstehende ehemalige Redaktionsbüro des Spiegels in Hamburg eingenommen, um – ja, langweilig! – zu feiern. Aber auch, um gegen Leerstand zu demonstrieren. Prima!, sage ich und freue mich, dass die Schwundsituation der Medien zu was gut ist. Die Spiegel-Leute sind zwar umgezogen, weil sie ein größeres Haus brauchten – auch nicht mehr lange, wenn die Auflage sich so weiter entwickelt –, aber auch woanders werden Räume frei.

So in Frankfurt bei der Rundschau, in Harburg können die Räume des Harburger Anzeigers übernommen werden, in NRW welche der WAZ-Gruppe, in Berlin gibt es bei der Berliner Zeitung Vakanzen und bei Springer ist wegen Leerstands in den Hirnen an der Rudi-Dutschke-Straße gleich ein ganzes Riesenhaus zu besetzen.

Im Zweifel tut man die afrikanischen 500-Euro-Flüchtlinge aus Italien da rein, zu denen Hamburg einfach nicht nett sein will. Und die leeren Springer-Köpfe? Die schickt man zur Anschlussverwertung zur SPD. Hätte, hätte, Fahrradkette – schöner sprechpeeren mit die Kleine Rolf von das Bild-Blatt.

Eva Häberle
Silke Burmester

berichtet von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de.

Hach, das Leben kann so einfach sein! Und ich bin so froh, einen Platz zu haben, wo ich meine guten Ideen weitergeben kann!

Es ist ja auch wichtig, dass wir zusammenhalten. Wir alle. Deswegen freu ich mich so, dass die Leipziger School of Media, das ist Ostdeutsch und heißt „Schule für Medien“, an mich denkt, wenn sie ein Angebot hat, mit dem ich meinen „Personal- und Fachkräftemangel langfristig bewältigen“ kann. Ich kann meine Mitarbeiter dort etwas studieren lassen, mit dem sie „High Potentials“ werden. So steht es in einer Mail, die mich erreichte. Ich muss doch sehr bitten! Und verstehe nicht, warum alle meinen, Sex sei die Lösung?! Nicht für jedes Problem, ehrlich, Leipziger Medienschule. Nicht alles lässt sich mit Potenz übertünchen.

Kennst du, Medienredaktion, Günther Jauch? Nee? Macht nix. Aber du kennst bestimmt Reinhold Beckmann. Das ist der Talk-Show-Moderator, der gesagt hat, er möchte gern aufhören zu moderieren, bevor andere laut sagen, sie hätten gern, dass er aufhört zu moderieren. Ich glaube, der rächt sich. An Anne Will.

Lange Zeit hatte es nämlich geheißen, Frau Anne müsse gehen und nicht der Beckmann, denn im Gegensatz zu Frau Anne ist er sehr gut im NDR vernetzt und geht immer mit den Bestimmern kegeln. Nun aber hört er auf und, so glaube ich, schickt jeden Mittwoch sein Publikum zu Anne Will in die Sendung, damit es gaaaaaaanz laut applaudiert. Viel lauter, als eine vernünftige Publikumsgruppe es je tun würde. Denn Anne Will ist ja nicht Justin Timberlake, sondern nur Anne Will. Leider.

Vom Psycho-Onkel zum Psycho-Taktierer

Jedenfalls kreischen die dort in einem solchen Übermaß, dass man denkt, das ist eine Sendung für Verrückte. Das ist die Beckmann-Taktik. Vom Psycho-Onkel zum Psycho-Taktierer. Töten durch Umarmung. Anne!, möchte ich rufen, schmeiß die Beckmann-Leute raus! Lass wieder normal klatschen in deiner Sendung, sonst nimmt die bald keiner mehr ernst. Ach, schon wieder bin ich froh, meine guten Tipps anbringen zu können.

Tipps von der Fotografenorganisation „Freelens“ bekommt bestimmt bald Gruner + Jahr. Die haben nämlich am Dienstag ihre neuen Rahmenverträge für Fotografen rausgeschickt. Und nun versteht man u. a. auch, warum es so viele Ableger der Brigitte oder vom Stern gibt: Schießt du ein Foto für einen, dürfen es alle Mitglieder der Markenfamilie kostenfrei nutzen! Ja da kommt Freude auf! Flatrate-Knipsen – der Gruner-Family-Tarif für Fotografen! Beeindruckt zurück nach Berlin!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • O
    ostendfaxpost

    Die alten Redaktionsräume der Frankfurter Rundschau besetzen? Klasse Idee, bin sofort dabei. Sobald ich meine Zeitmaschiene aus der Werkstatt zurück habe. Was es mit der Rundscha Redaktion auf sich hat? Nu da hab ich einige Pics von 2006.

    http://gifgraphik.blogspot.de/p/blog-page_6.html

  • D
    dieter

    Igitt, jetzt wollte ich ihnen zu Ihrem hervorragenden Text gratulieren und nur kurz anmerken, dass Frau Will doch die ist, die zum 20.Jahrestag der Brandanschläge getalkt hat, zum Thema "wie gefährlich ist der Islam"...

     

    Und dann muss ich sehen, dass hier schon wieder ein PI-Jünger sein Häufchen gemacht hat.

     

    Aber vielleicht hat Franz ja Recht, historisch sicherlich, Hitler hat bekanntlich das Wort "Gutmensch" hergestellt und benutzt für Leute wie Sie Frau Burmester und für Leute wie mich, den dieter. Da kann der Franz uns doch heute historisch untermauert weiterhin so nennen.

     

    Tägliche Neonazi-Bilder gibt es ja leider noch nicht in der TAZ. Immerhin gibt es HAUFENweise Neonazi-Kommentare für uns Gutmenschen.

    Und, Nein, Herr Franz Vege, ich will kein Foto von ihnen sehen!!

  • HL
    Heike Lindenborn

    @ Franz Vege:

    Könnte es sein, daß Ihnen die "Alt-Nazis", von denen es noch reichlich gibt, unabhängig von Alter und/oder Geschlecht, näher stehen?

  • R
    ReVolte

    Der taz-Köpfin ist da was entgangen. In Wahrheit verhackstückt "Psycho"-Kenner Beckmann als Mutter Anne kostümiert inzwischen alles, was sich in den schaurigen ÖRR verläuft. Deshalb auch der laute Beifall. Die Schreie der Opfer … Nur Detektive Ödenthal könnte ihn stoppen, wenn sie nicht auch mumifiziert im ARD-Keller läge.

  • JA
    Jueren Arne Klein

    Nee, jetzt mag ich nicht mehr!

    Vier Mal habe ich versucht, dem Herren über mir dazu zu gratulieren, dass er sich offenbar lieber an halbnackten Frauen aufgeilt als an hohlen Neonazis und ihm darüber hinaus versucht zu erklären, dass man Hauptwörter samt und sonders groß schreibt und in seinem Fall "Überheblichkeit" wohl doch angebracht ist.

     

    Aber dann war die Webseite meines Haus- und Hof-Blattes down und ich wurde immer wieder an den Anfang meiner überlegenen Überlegungen zurückgeworfen. Und jetzt mag ich nicht mehr.

     

    Was übrigens auch öfter mal anklingt hier im Blatt ist, dass diese sogenannte "Medienkrise" auch ihr Gutes hat. Jawohl.

     

    Und das Internet, meine Lieben Alles-beim-Alten-lasser und Neues-auf-den-Tod-hasser, das Internet killt keine Zeitung. Das kann es gar nicht. Das Internet killt auch keine Bücher oder Verlage oder Musiker.

     

    Das Internet killt - und dafür sind wir alle sehr dankbar - die veralteten und an die Entmündigung der Leser und Zuschauer gekoppelten Geschäftsmodelle einzelner Verlagshäuser und Sender. Allen voran das der Medien-Großgrund-Besitzer und Ignoranten von Springer.

     

    Das womit der Dieckmann nach neun Monaten aus dem Silikon-Valley zurückgekommen ist, ist NICHT die Zukunft, auch wenn Döpfner uns das nur zu gerne alle glauben machen möchte.

    Wenn die "BILD" gerne Geld für "Qualitätsjournalismus" einfordern will, sollten sie erstmal die gesamte Redaktion für ein Jahr auf eine anständige Journalisten-Schule schicken. Die Redaktions-Räume könnten in der Zeit für sinnvolle Projekte geöffnet werden.

  • MP
    Mäneken Piss

    Darf ich mir vorstellen:

    Die Pissecke, wo's in Berlin am meisten stinkt, ist in der Rudi Dutschke Strasse und zwar direkt am Denkmal für den Erfinder des modernen Punkrock, Ronald Reagan - ohne ihn und seine Reaganomics hätte es American Hardcore nie gegeben - denn jedesmal, wenn Kreuzbergs Punkrocker auf'm Asiamt zu viel Bier gesoffen haben und pullern müssen, müssen sie da hin machen, weil alle "Baulücken" (Kriegsdenkmäler) inzwischen mit ekligen Neubauten für Yuppies und andere kapitalistische Schwerverbrecher zu geschissen sind.

  • JA
    Juergen Arne Klein

    @ Franz Vege:

     

    Schön, dass Sie sich lieber an halbnackten "Models" als an hohlen Neonazis aufgeilen aber wen bitte meinen Sie mit "Ihr"?

     

    Meinen Sie freie Journalisten, die als intelligente Menschen lieber für eine kleine aber feine Zeitung schreiben, die nicht gegen Ausländer hetzt, keine Frauen und Minderheiten diskriminiert?

     

    (ich frage für einen Freund)

     

    PS: "Überheblichkeit" ist (ebenso wie "BILD-Zeitung") ein Hauptwort und wie mir scheint zumindest in Ihrem Fall sehr wohl angebracht.

  • FV
    Franz Vege

    überheblichkeit gegenüber Springer ist nicht angebracht. seien wir mal ehrlich: Ihr seid die bildzeitung für den politisch korrekten Gutmenschen. Zum Aufgeilen eurer Leser gibt es keine Girls, sondern tägliche Neonazi Bilder.