Schriftsteller Andreas Altmann: „Ich will, dass es mir schlecht geht“
Er wurde von seinem Nazi-Vater terrorisiert, seine Autobiografie zum Bestseller. Andreas Altmann über Zen, Sex und seine Prothese: das Schreiben.
Andreas Altmann fühlt sich nur wohl, wenn er getrieben ist. „Ich muss rattern“, sagt er. „Ich will nicht auf meinem Totenbett in Tränen ausbrechen über all die Feigheiten, die ich mir hab durchgehen lassen.“
Altmann, heute 63, wurde während seiner Kindheit in Altötting von seinem Nazi-Vater geprügelt und terrorisiert. Er brach aus, wollte Bodybuilder und Radrennfahrer werden. Er fing an, Psychologie und Jura zu studieren, brach beides ab. War Nachtportier, Spüler und Schauspieler. Nichts gelang ihm. Mit 38 fing er an, als Reisereporter zu schreiben, wurde mit dem Egon-Erwin-Kisch-Preis und zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet.
Altmann lebt heute in Paris und hat in den letzten zwei Jahren fünf Bücher veröffentlicht. Seine Autobiografie „Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend“ wurde zum Bestseller.
Das ganze Gespräch mit Andreas Altmann lesen Sie in der taz.am wochenende vom 15./16. Juni 2013. Darin außerdem: „Der Krisenmigrant: Eric Vázquez Jaenada ist weg aus Spanien. Hauptsache Arbeit! Also nach Deutschland.“ Und: Deutsche Whistleblower kommentieren die Datenspionage des US-Geheimdienstes NSA. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.
Hier rechnete er gnadenlos ab: mit seinem Vater, dem Kleinbürgertum und vor allem der katholischen Kirche. „Ich bewundere lieber Leute, die selbstständig denken. Himmlische Jungfrau? Mich gerettet? Jesus am Kreuz geschlachtet, weil ich onaniert habe? Was soll dieser zum Himmel schreiende Schwachsinn im 21. Jahrhundert?“
Die Sprache wurde sein „Flammenwerfer“, sein „Racheschwert“, mit der er die Hydra seiner inneren Getriebenheit jeden Tag aufs Neue bezwingt: „Meine psychosomatischen Schäden schienen unreparierbar, dann kam dieses Wundermittel über mich“, erzählt er.
Im sonntaz-Gespräch berichtet Andreas Altmann über die Angst vor Stillstand und sein Grauen vor der Wohlfühlgesellschaft, die nicht mehr wissen will: „Der große Haufen will das Billige, das Dämliche, die RTL-Kacke.“ Es geht um die Sinnlosigkeit des Lebens, Altmanns homoerotische Fantasien und Literatur als Gesellschaftstherapie.
Leser*innenkommentare
annalena
Gast
einer der letzten originale, willi ? hoppla, da widerspreche ich dir aber zünftig, sei nicht einseitig, es gibt mehrere
willi
Gast
andreas altmann ist einer der letzten originale!
annalena
Gast
Altmann schreibt gut, interessant und in einer Offenheit die erstaunt. Seine Reisereportagen sind speziell, sind auf ihn und die Menschen fokussiert, zeigen uns nicht Kulturstädte, zeigen uns das Leben hier, dort, in allen seinen Facetten.
Anmerken muss ich noch: Liebe TAZ-Leute, weshalb dies grässliche Foto, dies Gesicht guckt mich an, und ist mir unsympathisch.
Peter
Gast
Altöttingen?