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Klage wegen Porno-Filesharing„Primitive Sexakte“ ohne Tiefe

Münchner Richter wollen zwei Pornos aus den USA nicht vor Tauschbörsen im Internet bewahren. Doch ihre Begründung ist eine sehr seltene.

Schöpfungstiefe? Naja. Aber wenigstens geht's gleich zur Sache. Screenshot: Youtube.com

BERLIN taz | Es gibt ein Pornofilmchen, das immer als Kichervorlage herhalten muss, wenn es darum geht, wie primitiv Pornos sind: Stroh in einer Zimmerecke, der Stromkasten ist hin. Auftritt Elektriker, Wollpullover, schwarze Maske, nebst einer Frau in Unterwäsche. Er: „Warum liegt hier überhaupt Stroh rum?“. Sie: „Und warum hast du ne Maske auf?“. Er: „Na dann blas mir doch einen.“

Das ist bescheuert. Lässt aber Grundzüge einer Handlung, ja einer „persönlichen geistigen Schöpfung“ erahnen, wie es das deutsche Urheberrecht für schützenswerte Werke formuliert. Ob das den Schöpfer dieses Fickfilms interessiert hat? Aber mit etwas Wohlwollen: Da hat sich jemand Gedanken gemacht und den Aufhänger mit dem Stromkasten erfunden.

Ebendieses Gedankenmachen hat nun ein Münchner Gericht zwei US-Filmen abgesprochen, die – illegal, klagte der angebliche Produzent – in deutschen Internettauschbörsen kursierten. „Flexible Beauty“ und „Young Passion“ fehle es an „persönlicher geistiger Schöpfungstiefe“.

Es wurde also dermaßen handlungsfrei gevögelt („lediglich sexuelle Vorgänge in primitiver Weise gezeigt“ heißt es im Beschluss), dass die Richter es unterhalb der „Schöpfungshöhe“ im Urheberrecht ansiedelten. Das sieht nämlich eine ästhetische Fallhöhe – Kriterium: „Individualität“ – vor. Man könnte nun wie die Richter argumentieren: Mit der Kamera auf zwei Menschen / zwei Tiere / ein Toastbrot draufzuhalten reicht nicht.

Doch das machen in Deutschland sehr wenige Richter, wie „Lawblogger“ Udo Vetter schreibt: „Fast alle Gerichte bejahen ohne großes Aufhebens die erforderliche Schöpfungshöhe, auch bei Pornofilmen ohne sonstige Handlung.“ Till Kreutzer und John Weitzmann von der Bürgerrechtsplattform Irights weisen zudem darauf hin, dass es sich hier um eine in Zivilprozessen übliche „formelle Wahrheit“ handelt, die weder diese Pornos im Speziellen noch Pornografie im Allgemeinen bewertet.

Aber selbst wenn den Filmchen nun doch noch eine gewisse Schöpfungstiefe zugesprochen würde: An der Einschätzung würde sich vermutlich nichts ändern. Das Gericht sah es nämlich nicht als erwiesen an, dass die Kläger überhaupt die Rechteinhaber der Filme waren. Die klagende Firma, eine Malibu Media LLC, ist aber auch schon in den USA als Massenabmahnerin bekannt. US-Anwälte gehen davon aus, dass sie auf schnelle außergerichtliche Einigungen hofft und in der Regel bei Widerstand vor Gericht die Klagen fallen lässt. (akl/mbr/lrs)

Update 03.07. 16.45: Der Artikel wurde mit einem Verweis auf Irights.info ergänzt.

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10 Kommentare

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  • V
    viccy

    @ Rechtsanwalt

    Wäre in der Tat interessant gewesen, wenn der Anwalt der Abmahnfirma die fehlende Schöpfungshöhe bestritten hätte. Denn er hätte die bestehende Schöpfungshöhe ja - substantiiert - darlegen und beweisen müssen. Wäre das Gericht danach gleichwohl zu seinem Urteil gekommen, hätte letzteres wahrlich mehr Aussagekraft.

  • A
    abGEZockt

    Der Mangel an „persönlicher geistiger Schöpfungstiefe“ läuft bei uns täglich über den Fernseher und wir werden dazu gezwungen, diesen Dreck aus den VSA zu finanzieren.

  • B
    BillyGunn

    "unterhalb der Schöpfungshöhe"... ich pack mich weg!

    Saugeile Formulierung für "unterhalb der Gürtellinie"....

  • RB
    Rainer B.

    Muss man jetzt befürchten, dass Pornofilme in Zukunft immer mit "geistiger Schöpfungshöhe" gepimpt werden?

  • D
    Desconocido

    Jetzt werden viele Pornofans Zuhause sitzen und Lamentieren:

    Nein, wie konnte das passieren? Jetzt bekommt vermutlich jeder Porno Tiefgang und am Ende heiraten die noch!

  • LS
    Lalon Sander

    @Rechtsanwalt:

     

    Zur Einschätzung als Laufbilder geht der Beschluss ebenfalls ein, wir haben sie nur nicht im Artikel mitbesprochen. Können Sie aber hier nachlesen: http://www.wbs-law.de/wp-content/uploads/2013/06/LG-M%C3%BCnchen-7-O-22293-12.pdf

     

    Beste Grüße

     

    - Lalon Sander

  • S
    Supi

    @Christophe T.

     

    Zwei Doofe ein Gedanke ;)

  • R
    Rechtsanwalt

    Die "formelle Wahrheit" des Zivilprozesses ist eine Seite - die fehlende Schöpfungshöhe hat der Anwalt der Abmahnfirma schlicht vergessen zu bestreiten. (Auch Abmahnungen wegen Filesharings eines der beiden Porno-Filme sind übrigens ähnlich handwerklich mies - war da etwa der gleiche Anwalt am Werk?)

     

    Was aber auch der Richter (der ebenfalls nicht als Leuchte bekannt ist) übersehen hat: Wenn es kein Filmwerk ist, so handelt es sich doch mindestens um Laufbilder im Sinne von § 95 UrhG - dafür braucht es keine Schöpfungshöhe. Und auch Laufbilder darf man nicht einfach so online tauschen.

     

    Wenn allerdings sowohl der Klägeranwalt als auch der Richter... äh... optimierbare Rechtskenntnisse haben, gewinnt man einen Prozess eben auch mal mit abwegiger Begründung.

     

    Leider kommt das öfter vor als "Otto Normalmandant" denkt.

  • S
    Supi

    Gilt das selbe auch für seichte Popmusik (no pun intended) und Hollywoodfilmchen?

  • CT
    Christophe T.

    also einige Hollywood flicks sind aber was geistiges Reichtum angeht auch nicht viel besser ... ok die Beleuchtung ist sicher besser aber im Grunde ... geistig oft arm!