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Drogenpolitik in UruguayDope für alle

Als erstes Land weltweit plant Uruguay die vollständige Legalisierung von Marihuana. Ein Gesetzesentwurf ist bereits verabschiedet. Die Opposition ist entsetzt.

Da lacht der Uru. Bild: ap

MONTEVIDEO afp | Uruguay ist auf dem besten Weg zum weltweit ersten Land, das den Anbau und Verkauf von Marihuana vollständig legalisiert und unter staatliche Aufsicht stellt. Nach 14-stündiger Debatte verabschiedete das Abgeordnetenhaus am Mittwochabend (Ortszeit) einen entsprechenden Gesetzesentwurf knapp mit 50 der insgesamt 96 Stimmen.

Die Mehrheit wurde durch das regierende Mitte-Links-Bündnis Frente Amplio (FA) möglich. Das im Sommer 2012 vorgestellte Gesetzesvorhaben muss noch den ebenfalls FA-dominierten Senat passieren, bevor es in Kraft treten kann.

Es räumt dem Staat das Recht ein auf „Kontrolle und Regulierung von Import, Export, Anbau, Ernte, Produktion, Erwerb, Lagerung und kommerziellem Vertrieb von Cannabis und seinen Nebenprodukten“. Der Kursschwenk soll die Risiken und Folgeschäden des Drogenkonsums minimieren. Zurzeit ist in dem kleinen lateinamerikanischen Land lediglich der Konsum von Marihuana, nicht aber der Verkauf erlaubt.

Sollte das Gesetz in Kraft treten, könnten sich in Uruguay ansässige Personen in ein Register eintragen lassen und bis zu 40 Gramm pro Monat in lizenzierten Apotheken kaufen. Alternativ dürften sie selbst sechs Pflanzen kultivieren oder sich offiziellen Marihuana-Clubs anschließen.

Der amerikanische Kontinent leidet stärker als jede andere Weltregion unter Drogengewalt: Auf 100.000 Einwohner kommen pro Jahr 16 Morde, die zweithöchste Rate nach Afrika. Hauptursache ist der Verteilungskampf um das Milliardengeschäft mit Kokain, Marihuana und anderen Betäubungsmitteln. Über geeignete Gegenstrategien wird seit langem gestritten. Alle Oppositionsparteien in Uruguay und die Mehrheit der Bevölkerung sind gegen eine Legalisierung.

Kein Geld für die Mafia

Das Ziel sei „nicht die Förderung des Konsums, denn den gibt es ja schon“, sagte der Abgeordnete Sebastian Sabini, der den von Präsident José Mujica befürworteten Gesetzesentwurf im Unterhaus vorgestellt hatte. Dafür solle das Geschäft mit den Drogen aus den Fängen der Mafia befreit und damit eine wichtige Finanzierungsquelle des organisierten Verbrechens trockengelegt werden.

Der oppositionelle Parlamentarier Gerardo Amarilla sprach hingegen von einem „Spiel mit dem Feuer“, das ohne Erfolgsgarantie „eine ganze Generation opfert“ und womöglich mehr Drogenabhängige schaffe als vorher.

Nach Angaben des Nationalen Drogenrates konsumieren 120.000 der 3,2 Millionen Uruguayer regelmäßig Cannabis, jeder sechste davon täglich. Alljährlich werden demnach mehr als 20 Tonnen des Rauschmittels auf den Markt gebracht, was einem Gegenwert von 30 bis 40 Millionen Dollar (23 bis 30 Millionen Euro) entspricht.

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16 Kommentare

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  • R
    Reusius

    Bin ich jetzt ironieresistent? Oder meinen Sie das wirklich so ernst wie es den Anschein hat?

  • K
    keinemachtdendrogen

    Auf gar keinen Fall dem Beispiel Uruguay folgen. Die verheerenden Folgen schon von so genannten weichen Drogen wird hier dramatisch beschrieben: http://www.der-postillon.com/2013/07/jugendlicher-18-nach-uberdosis-cannabis.html?m=1

    • @keinemachtdendrogen:

      Ironie - Modus an?

       

       

       

      Falls nicht... Der Postillon ist eine satirische Seite!

      • K
        KEINEMACHTDENDROGEN
        @DonMuh:

        Das glaube ich nicht. Die Geschichte klingt für mich absolut nachvollziehbar und plausibel. Wahrscheinlich habe die Drogen, die Sie propagieren und vermutlich auch nehmen (???) Ihre Wahrnehmung verzerrt. Es soll ja auch vorkommen, dass Menschen nach dem Genuss von Rauschdrogen z. B. annehmen, dass auch Nachrichtensprecher oder Fernsehmoderatoren während der Sendung im Drogenrausch sind.

        • V
          Veritas
          @KEINEMACHTDENDROGEN:

          Also es gibt 2 Alternativen: Entweder der Gast "keinemachtdendrogen" meint das alles ironisch (an ihn: Kannst aufhören, so lustig ist es nun auch nicht - also der Postillon-Artikel ist sau lustig, keine Frage, aber ich meine dich).

           

           

           

          Oder er ist der verstandloseste Hirni aller Zeiten.

           

           

           

          Nä, ich glaube schon ersteres, aber wie gesagt, so toll war's jetzt auch nicht dass man noch weiter machen müsste.

  • D
    DonMuh

    Hanf legalisieren = den Markt für Erwachsene regulieren!

     

     

     

    WARUM? DARUM!

     

     

     

    WAS bitte sind am Umgang mit Cannabis die Wesensmerkmale einer Straftat im Sinne der Rechtsauffassung eines freiheitlichen Rechtsstaates?

     

     

     

    WIE kann ein freiheitlicher Rechtsstaat Teile seiner Bürger für ein Verhalten zu Kriminellen erklären, welches weder Leben, Gesundheit, Ansehen oder Eigentum eines Anderen Schaden zufügt?

     

     

     

     

     

    ( Quelle: Prof. Dr. Scheerer ueber die Verfassungswidrigkeit des Cannabisverbotes )

     

     

     

     

     

    Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz wegen Cannabis:

     

    über 100.000 jährlich

     

     

     

    Kosten der Cannabisrepression:

     

    über 1 Mrd. jährlich

     

     

     

    ( Quelle: DHV Prohibitionsuhr 2012 )

     

     

     

    Prohibition (Verbot, Sicherheit, Ordnung) vs. Prävention (Gesundheit):

     

    7 : 1

     

     

     

    7 Euro werden ausgegeben für die Durchsetzungsversuche eines Drogenverbots

     

    1 Euro wird ausgeben für die Suchkrankenhilfe

     

     

     

    ( Quelle: Prof. Heino Stöver vom Schildower Kreis zur gescheiterten Drogenpolitik )

     

     

     

    Richtige Aufklärung statt Verbote!

     

     

     

    Gefährlichkeit von Hanf (lat. Cannabis):

     

    Google it: Drogen Gefährlichkeit Ranking

     

     

     

    0 ( wörtlich: NULL ) Hanftote

     

    (zum Vergleich: 74 000 Alkoholtote jährlich)

     

     

     

    Google it: Wie gefährlich ist Cannabis? Metastudie von Frau Dr. Nicole Krumdiek

     

     

     

    Kein Geld für Bildung ( Kindergärten, Schulen, FHs, Universitäten )!

     

    Kein Geld für soziale Einrichtungen!

     

    usw.

     

     

     

    Viel Geld für die Verfolgung einer Pflanze!?

     

     

     

    Nein, Schluss damit!!!

     

     

     

    Hanf legalisieren = Medizin, Jugendschutz, Verbraucherschutz, Steuereinnahmen in Mrd. Bereich, Entlastung der Justiz, Aufklärung, Schwächung des Schwarzmarktes und organisierter Kriminalität!

  • SG
    Steffen Geyer

    Wer möchte, dass die Hanfprohibition auch in Deutschland endlich ergebnisoffen diskutiert und letztlich zugunsten von Jugendschutz, Qualitätskontrolle und Steuereinnahmen abgeschafft wird, dem empfehle ich, sich am 10. August an der Hanfparade in Berlin zu beteiligen.

     

     

     

    Los geht es um 13 Uhr unter dem Motto "Meine Wahl? Hanf legal!" am Bahnhof Zoo.

  • Ich bin ein Uruquayer.

  • G
    Gast

    2,5 Millionen Alkoholtote sind sogar voellig untertrieben! Wenn man nun Alkohol verbieten wuerde, wie viele Tote kaemen dann noch durch das Schattengeschaeft zustande? Entsprechend kann es nur heissen: Legalize it, don´t critisize it!

  • "„Spiel mit dem Feuer“, das ohne Erfolgsgarantie „eine ganze Generation opfert“ und womöglich mehr Drogenabhängige schaffe als vorher."

     

     

     

    Diese Aussage ignoriert das vollständige Versagen der bisherigen Drogenpolitik und auch die Wirkung von Cannabis. "Geopfert" wird niemand, denn macht (im Gegensatz zu Alkohol z.B.) nicht körperlich abhängig und zerstört den Körper auch nicht (auch hier wieder im Gegensatz zum Alkohol). Es gibt in der Geschichte der Medizin keinen einzigen Cannabis-Toten. (Wieder zum Vergleich der Alkohol: 2.5 Millionen Tote pro Jahr laut WHO)

    • JI
      Jane Isklar
      @Elvenpath:

      Opfer sind die Konsumenten, die nicht das Glück haben, Leute zu kennen, die nur Cannabis konsumieren und eventuell auch das Risiko auf sich nehmen, es zu verkaufen.

       

       

       

      Dealer in einer _Drogenscene_ haben da eine recht einleuchtende Verdienst / Risiko abwägung zu führen. Wenn durch Cannabisverkauf die eigene Abhängigkeit (von haren Drogen) nicht finanziert werden kann, das Risiko einer Bestrafung aber gleichwertig ist, werden Cannabiskonsumenten immer mehr mit anderen Angeboten konfrontiert und können in einem "schwachen Moment" der Neugier erliegen, selbst von der jederzeit verfügbaren harten Droge, "aus versehen" abhängig werden. Nä, bevor ich garnichts krieg, probieren kann ich ja mal. Oh gut. Ups, abhängig. Pech, selber schuld?

  • B
    broxx

    Hey Grooveman, was verdammt ist gestrecktes Cannabis? Ich kenne nur minderwertiges, gestrecktes hab ich noch nie in 36 Jahren Konsum gesehen...

    • U
      Ungläubiger
      @broxx:

      Nun, da wäre zum einen Brix, eine Mischung aus Plastik und Zucker, die extra zum Strecken von Gras entwickelt wurde und verheerende Folgen für die Lunge haben kann. Dann gab schon Fälle von: Vogelsand, Zuckerwasser, Blei, Asbest, Mehl und natürlich die gute alte "deutsche Hecke", bei der tatsächlich einfach Grünschnitt vom nächsten GaLa-Bau untergemischt oder pur vertickt wird.

       

      Haschisch wird mit gemahlenen Saaten, ebenfalls Vogelsand, Erde, Holz- und anderem Mehl und wer weiß was noch gestreckt. Echtes, weich-harziges und pechschwarzes Hasch ist unglaublich teuer und mittlerweile leider verdammt rar geworden. Alles was man an Hasch bekommt ist irgendwie gestreckt worden. Berühmt wie auch berüchtigt ist dabei pechschwarzes Zeug, das leider überhaupt nicht harzig ist und nur sehr schlecht brennt, unter Wärmeeinwirkung nicht weich wird und überhaupt auch kaum klatscht; Kosename von dieser fiesen Kreation ist denn auch nur Schuhcreme, in Anlehnung an das vermutete Streckmittel dahinter.

       

      Es ist schön, dass Sie diese Streckmittel noch nie gesehen haben, dann haben Sie Glück gehabt, denn auch mit Zucker gestrecktes Gras ist nicht unbedingt schonender für die Atemwege. Doch gerade für unerfahrene Konsumenten können die Folgen unkalkulierbar sein. Und da setzt dann auch schon ein wichtiger Punkt an: Wenn es keinen Schwarzmarkt für Erwachsene gibt, dann schrumpft diese Schattenwirtschaft in sich zusammen. Legale Konsumenten (ab 16/18/21) könnten dann staatlich kontrollierte Ware mit (halbwegs) uberwachbarer Qualität beziehen. Ähnlich wie bei Lebensmitteln gäbe es sicher das eine oder andere Skandälchen, aber insgesamt wäre die Verfolgung bei Verstößen einfacher, da Verkäufer, Zwischenhändler und Produzenten ja mit ordentlich angemeldeten Gewerben agieren würden. Elfjährige Kinder hätten es bedeutend schwerer an Gras (vor allem gestrecktes) zu kommen.

    • Q
      qwertz
      @broxx:

      lieber broxx, da hast du aber glück gehabt. bei uns hier wird ganz gerne gestreckt, u.a. mit vogelsand, schuhputzcreme, melasse, aber auch mit blei, was vor einiger zeit ein paar tote im raum leipzig nach sich zog. ja, soetwas gibt es leider...

  • G
    groooveman

    Großartig!

     

     

     

    Hoffentlich werden auch deutsche Politiker bald begreifen, das es nicht darum geht eine neue Droge zu etablieren sondern eine längst etablierte Droge zu regulieren und zu kontrollieren.

     

     

     

    Der unkontrollierte deutsche Schwarzmarkt der gestrecktes Cannabis an jeden weitervermittelt der es haben will, und sei er auch erst 11, geht mir ziemlich auf die Nerven.