Bedrohter Kleinbär in den Anden: Noch rechtzeitig entdeckt
Zum ersten Mal seit 35 Jahren entdecken Forscher ein neues fleischfressendes Säugetier auf der westlichen Hemisphäre. Doch sein Lebensraum ist in Gefahr.
Der Olinguito sieht aus wie ein Teddybär: Er wird 40 Zentimeter groß, wiegt ein knappes Kilo, hat dunkle Knopfaugen und ein braunes Fell. Wer mit der neu entdeckten Makibären-Art kuscheln wollte, müsste allerdings in die Nebelwälder der Anden reisen, bis zu 2.700 Meter hohe Berge besteigen und sich nachts von Baum zu Baum schwingen. Und er sollte sich beeilen - denn der Lebensraum des Bassaricyon neblina, wie der Olinguito wissenschaftlich heißt, ist bedroht.
Gefunden hat das Tier eine Gruppe um Kristofer Helgen vom Smithsonian's National Museum of Natural History in Washington. Ihre Entdeckung präsentierten die Forscher jetzt im Fachmagazin „ZooKeys“. Bevor sie in freier Wildbahn nach der neuen Art suchten, stießen sie in Museen auf Makibären, die ungewöhnlich kleine Schädel und Zähne sowie dichtereres Fell hatten. Die Informationen über die Tiere waren allerdings beinahe 100 Jahre alt. Also starteten die Wissenschaftler eine Expedition – und fanden den Olinguito in den Nebelwäldern der Anden in Ecuador und Kolumbien.
Die neue Spezies ist eine kleine Sensation: Neue Säugetiere werden nur sehr selten entdeckt, Fleischfresser noch seltener. Auf der westlichen Hemisphäre gab es zuletzt vor 35 Jahren einen vergleichbaren Fund. Damals entdeckten Wissenschaftler das Kolumbianische Wiesel – in einer ähnlichen Region. „Die Entdeckung des Olinguitos zeigt uns, dass die Welt noch nicht völlig erforscht ist und noch nicht alle ihre grundlegenden Geheimnisse aufgedeckt sind“, sagte Forscher Helgen.
Fleischfresser, der Feigen mag
Der Olinguito oder Anden-Makibär gilt als Fleischfresser, obwohl er sich sich vor allem von wilden Feigen und anderen Früchten ernährt. Er frisst aber auch Insekten und Nektar. Die Tiere leben in höheren Lagen als andere Makibären, sind nachtaktiv und bekommen nur ein Junges auf einmal.
Viel mehr ist über die Lebensweise der neuen Spezies noch nicht bekannt – obwohl wahrscheinlich schon viele Menschen den Olinguito im Zoo gesehen haben. Die Forscher berichten, dass in den 1960er Jahren mindestens ein Exemplar aus Kolumbien in amerikanischen Zoos lebte – aber für einen gewöhnlichen Makibären gehalten wurde. Die Wärter wunderten sich, warum das Tier sich nicht mit den anderen paaren wollte.
Helgen und sein Team wollen den Olinguito weiter erforschen. Gleichzeitig weisen sei darauf hin, wie gefährdet er sei. Auf der roten Liste des IUCN steht der Kleinbär noch nicht. Aber etwa 42 Prozent seines Lebensraumes seien bereits in Ackerland oder Siedlungsfläche umgewandelt worden. „Die Nebelwälder der Anden sind eine Welt für sich, gefüllt mit Arten, die nirgendwo sonst zu finden sind und von denen viele gefährdet sind“, sagt Helgen. „Wir hoffen, dass der Olinguito zu einem Botschafter für die Nebelwälder Ecuadors und Kolumbiens wird und die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf diese entscheidenden Lebensräume lenkt.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Filmförderungsgesetz beschlossen
Der Film ist gesichert, die Vielfalt nicht