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Ordnungdienst vs. ObdachloseVertreibung im Dunkeln

Der Bezirkliche Ordnungsdienst verscheucht eine bulgarische Familie mit Kindern von der Alster, die dort im Zelt übernachten wollte.

Drunter erlaubt, daneben verboten - auch wenn es um Kinder geht: Zelte unter der Kennedybrücke. Bild: Miguel Ferraz

Bestimmt kein Einzelfall, doch diesmal gibt es Zeugen: Der Bezirkliche Ordnungsdienst (BOD) des Bezirksamtes Mitte hat am Mittwochabend nach Einbruch der Dunkelheit eine obdachlose bulgarische Familie mit Kindern an der Alster vertrieben. Sie wollten neben der Kennedybrücke in einem Zelt übernachten, dort standen auch andere Zelte. Die BOD-Männer verlangten von der Familie per Platzverweis, das Terrain zu verlassen.

Augenzeuge des Vorfalls ist auch Sascha geworden, Verkäufer des Straßenmagazins Hinz&Kunzt, der selbst unter der Kennedybrücke „auf Platte geht“, also dort übernachtet. „Die vom Ordnungsdienst haben gesagt, wenn die Familie nicht verschwindet, würden sie das Zelt selber abreißen und ihr die Kinder wegnehmen“, berichtet Sascha bei Hinz&Kunzt-Online, Er hatte die Familie schon zuvor kennengelernt. Die Familie hätte sich sehr gut um die Kinder gekümmert. Nach dem Vorfall und dem Abbau des Zeltes seien die drei Erwachsenen verschwunden, während die Kinder mit der Großmutter in einem kleinen Behelfszelt unter der Kennedybrücke übernachten mussten. Eine Alternative für die Familie habe der BOD zuvor nicht aufgezeigt.

Aus dem Blick, aus dem Sinn

Die Vertreibung von Obdachlosen aus Öffentlichen Räumen und dem Stadtbild hat Tradition - zumindest an touristischen Knotenpunkten:

Der Zaun: Um Obdachlose und übernachtende Punks von der Kersten-Miles-Brücke nahe den touristischen Landungsbrücken fernzuhalten, ließ der damalige SPD-Bezirksamtsleiter Markus Schreiber im September 2011 einen Zaun bauen. Nach heftigen Protesten musste das 18.000 Euro Teil wieder demontiert werden.

Das Hausrecht: Um die Obdachlosen und Trinker vom Bahnhofsvorplatz zu vertreiben, den Touristen auf dem Weg in die Hotels queren, hat der SPD-Senat am Hauptbahnhof das Hausrecht der Bahn-Security übertragen. Die kann jetzt Menschen unten den Vordächern mit Platzverweisen wegschicken.

Bezirksamtssprecher Norman Cordes räumt ein, dass die abendliche Vertreibung „sicherlich nicht human“ gewesen sei. Die BOD-Mitarbeiter wären wohl gerade auf Streifengang gewesen, als sie die Familien angetroffenen hätten. Dann sei die Situation aus dem Ruder gelaufen, so dass die Polizei kommen musste, sagt Cordes. Er gibt aber zu bedenken, dass es zu dieser Situation eine Vorgeschichte gibt. Der BOD habe die Familie mit ihrem Familienzelt bereits am Freitag angetroffen und aufgefordert, sich aus dem öffentlich sichtbaren Bereich zu entfernen und unter die Brücke zu ziehen, wo jedoch kein Platz mehr ist. „Grundsätzlich ist das Übernachten in Parkanlagen nicht erlaubt und schon gar nicht mit Zelten“, sagt Cordes. Es solle aber kein Präzedenzfalls geschaffen werden. Unter der Kennedybrücke würde das Campieren von Obdachlosen allerdings geduldet. Böse Zungen behaupten, das Ganze diene dazu, dem Tourismus-Standort Hamburg das Image einer sauberen und intakten Stadt zu verpassen. „Man kennt das: Aus den Augen, aus dem Sinn“, sagt der Obdachlose Sascha.

Für Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer bleibt der Vorgang immer noch ungeheuerlich. „Es kann nicht angehen, eine Familie in der Nacht ohne Alternative wegzuschicken – die Familie ist in einer Notlage in der Parkanlage gelandet“, sagt Karrenbauer. Man könne javielleicht sagen, dass sie tagsüber von der Fläche, die man von der S-Bahn aus einsehen kann, weg müssten, „dann müsste ihnen aber eine Alternative aufgezeigt werden“, verlangt Karrenbauer.

Es müsse einfach zur Kenntnis genommen werden, dass es immer mehr Familien gebe, die auf der Straßen leben, erläutert Karrenbauer. Und auch die verschiedenen BODs registrierten, dass immer mehr Osteuropäer im Freien übernachten. „Wir dürfen uns nicht daran gewöhnen, dass Familien auf der Straße leben“, warnt Karrenbauer. „Alle Obdachlosen müssen das Recht auf eine Unterkunft haben.“

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7 Kommentare

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  • Auch wenn es schon lamge her ist, der blonde Mann mit schwarzem Pulli auf dem Bild, bin ich.



    Wir hatten nach dem Vorfall, Platz unter der Kennedybrücke geschaffen, um der Familie die Möglichkeit zu geben, dort ihr Zelt aufzustellen. Wir haben die Familie in die Mitte der Brücke platziert um ihnen best möglichen Schutz zu bieten.



    Um der Behörde kein Dorn im Auge zu sein, haben wir regelmäßig den Besen geschwungen, Müll gesammelt und Unkraut gezupft. Wir waren eine kleine Berühmtheit, es kamen immer wieder Anwohner und auch Polizisten im Dienst und während des Feierabend, um nach dem Rechten zu schauen. Selbst die Tafel hat dort halt gemacht.



    Es war einfach Klasse, in dieser schweren Zeit aktzeptiert und respektiert zu werden. Nun, 8 Jahre später ist die Allgemeine Situation auf Hamburgs Straßen viel schlimmer geworden. Es gibt kaum mehr zusammenhalt...

  • W
    Werner

    Wie lange darf man denn in Sofia an zentraler repräsentativer Stelle zelten?

    Vorschlag:

    Vielleicht hat ja jemand von den Symphathisanten der bulgarischen Touristen einen großen Garten und kann einen Platz für das Zelt anbieten.

    Oder:

    Vielleicht kann Ihre Zeitung auch eine Aktion starten um Zeltplätze für unsere Gäste zu suchen? Es werden sich bestimmt viele gute Menschen melden.

    Viele Grüße aus einem Hotelzimmer

    Werner

  • Dem Ordnungsamt müssten Listen vorliegen, wer in der näheren Umgebung ein Parteibuch der Linken, der Grünen oder der Piraten besitzt und die Zeltbewohner mt der Verpflichtung der Aufnahme dort absetzen. Immerhin sind das diejenigen, die den vermehrten Zuzug dieser Leute fordern und bejubeln.

    Dann wäre schnell Ruhe im Karton und der Rest der Gesellschaft hätte endlich seine Ruhe.

     

    Gruß

    Beteigeuze

  • F
    FranzK

    Das europäische Konstrukt der offenen Grenzen, kann nicht funktionieren, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse in den Ländern nicht annähernd auf einem Niveau sind. Wenn es zB. für Bulgaren, mit Kleinkindern, attraktiver ist, in Deutschland auf der Straße zu leben, anstatt Chancen in ihrer Heimat zu suchen. Das birgt einen riesigen sozialen Sprengstoff, der irgendwann den Politerkern um die Ohren fliegt, sollten sie keine Lösung finden. Das Prinzip, der offenen Arme, die alle geknechteten auffordern zu uns zu kommen, ist zwar sehr christlich, wird die Gesellschaft aber überfordern. Man kann froh sein, das sich noch kein charismatischer, rechter Demagoge gefunden hat, der diese Stimmen einsammelt und einen Flächenbrand verursacht.

    • @FranzK:

      Wenn von Familien aus Bulgarien, Ungarn oder Rumänien die Rede ist, kann man meistens davon ausgehen, daß es sich um Sinti und Roma handelt. Und die lebten entsprechend so schon in ihren Heimatländern -- nur mit dem Unterschied, daß es die rechten Demagogen dort gibt.

  • A
    amigo

    Wann melden sich endlich die ersten Pfeffersäcke aus Blankenese und bieten auf ihren riesigen Anwesen zumindest Platz zum Zelten? Aber das ist wohl schon wesentlich zuviel verlangt für unsere armen Reichen...

    • J
      johnny
      @amigo:

      Wann stellen Sie endlich ihr Wohnzimmer als Unterkunft zur Verfügung?