Spielemesse Gamescom: Mehr Wumms in Köln
Die Spielebranche jubelt, die Fans sind zufrieden, doch große Innovationen sind kaum in Sicht. Die Gamescom geht heute zu Ende.
KÖLN taz | Für die Spielebranche war die Gamescom ein voller Erfolg: Alle Tickets waren im Vorfeld ausverkauft, 340.000 Besucher, mehr Aussteller waren in den Hallen vertreten und sogar der Bundeswirtschaftsminister eröffnete die Spielemesse.
Doch der unvermeidliche Umbruch bereitet der Branche Kopfschmerzen. Kurz nach der Öffnung der Gamescom immer das gleiche Ritual: Von drei Seiten schwemmt das Publikum in die Kölner Messehallen. Zuerst kommen die 17-Jährigen angelaufen. Sie wissen genau in welcher Halle ihr Lieblingsspiel demonstriert wird und möchten sich in den Schlangen ganz vorne einreihen, um Außerirdische zu bekämpfen und mit lächerlich großen Waffen in Stücke zu zerschießen.
Dann kommen die Fans, die sich neue Strategiespiele oder die Controller der nächsten Konsolengeneration ansehen wollen, eilig, doch gemessenen Schrittes. Stände wie der von „The Sims 4“ oder der neuen X-Box-Tanzspiele bleiben zunächst erstaunlich leer, erst im Laufe der Stunden können sie ihr Publikum finden.
Der Erfolg der Messe zeigt: Die alten Rezepte funktionieren noch. Ganz vorne sind die 3D-Shooter, die mit immer neuen Details und einem immer rasanteren Spielverlauf aufwarten. Erfolgstitel werden immer neu aufgelegt: Die Fußball-Simulation Fifa erscheint in ihrer 21. Folge, das Rennspiel Gran Tourismo in der sechsten, die beliebten Lego-Spiele widmen sich jetzt den Superhelden aus den Marvel-Comics statt denen aus Star Wars. Was gut an den Kinokassen läuft, verkauft sich auch gut an den Spielkonsolen.
Konsolenkrieg
Die Konsolen sind der Hoffnungsträger des ganzen Marktes. So musste die Spielebranche in Deutschland im ersten Halbjahr 2013 sogar Umsatzverluste hinnehmen. Doch sowohl Sony, als auch Microsoft bringen pünktlich zum Weihnachtsgeschäft die neusten Versionen ihrer Spielekonsolen auf den Markt und sollen so das Ruder herumreißen.
Im Krieg der Konsolen hat Sonys Playstation 4 technisch die Nase vorn, die XBox One will mit Extras wie Bewegungserkennung und einem integrierten Multimedia-Center überzeugen. Beide warten mit der Rechen- und Grafik-Power auf, auf die Entwickler so lange gewartet haben. Nun ist es nicht nur möglich, die Spiele in höherer Auflösung und Geschwindigkeit abzuspielen. Dem Spielverlauf selbst werden neue Ebenen hinzugefügt.
Die Umgebung bei Shootern bleibt nicht mehr starr und unbeweglich. Geht ein Gegner hinter einer Mauer in Deckung, kann man die Mauer wegsprengen. Electronic Arts hat in Battlefield 4 sogar einen Wolkenkratzer integriert, den die Teams mit ihrer enormen Zerstörungskraft zum Einsturz bringen können. Das sieht nicht nur spektakulär aus, sondern verändert auch das Spielfeld. Statt vorgefertigter Spielabläufe werden den Käufern gigantische offene Welten präsentiert, die diese stundenlang erkunden können.
Neue Spielideen
Kleinere Entwicklungsstudios haben da das Nachsehen – viele spezialisieren sich inzwischen auf Spiele für Smartphones oder auf Online-Spiele. Ziel ist der „casual gamer“, der mal eben in eine Spielewelt abtauchen will ohne 60 Euro zu bezahlen oder sich an einen Spiele-Controller mit 14 Knöpfen zu gewöhnen. Doch selbst mit der besten Spielidee ist kein Blumentopf mehr zu gewinnen, wenn das Marketing nicht stimmt. Wer nicht in den Top 10 der App Stores auftaucht, macht kein gutes Geschäft.
Gleichzeitig ist die Branche verzweifelt auf der Suche nach neuen Spielkonzepten. So hat Electronic Arts das eher niedliche Spiel „Plants vs Zombies“, das gerade auf Smartphones populär geworden war, in einen 3D-Shoter verwandelt, der auf der gleichen Spieletechnik basiert wie das Kriegsspiel Battlefield 4.
Die Spieleindustrie zeigt sich inzwischen genau so riskoscheu wie die Filmbranche: Wo es um achtstellige Produktionskosten geht, soll der Erfolg garantiert sein. So hat Ubisoft genau das richtige Gespür gezeigt, als es mit „Watch Dogs“ ein Spiel über die allgegenwärtige Überwachung vorgelegt hat, in dem der Held mit seinem Smartphone bewaffnet den Kampf gegen Überwachungskameras, Datenbanken und Verbrecherbanden antritt.
Doch gleichzeitig bekommt die Spielfigur eine Waffe in die Hand gedrückt, mit der sie wie gewohnt viele Konflikte mit einem blutigen Gemetzel erledigt. Dafür kann der Spieler in 65 verschiedenen Wagentypen durch ein realistisch gestaltetes Chicago fahren – der Erfolgstitel „Grand Theft Auto“ lässt grüßen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Parteiprogramme für die Bundestagswahl
Die Groko ist noch nicht gesetzt