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Teilöffnung für Haasenburg GmbHNachschub für das Skandalheim

Brandenburgs Bildungsministerin will das Heim Neuendorf am See wieder öffnen – unter „verschärfter Beobachtung“. Die Linke kritisiert die Entscheidung.

Blümchen draußen, rabiate Erziehungsmethoden drinnen: Die Heime der Haasenburg GmbH stehen in der Kritik. Bild: dpa

BERLIN taz | Brandenburgs Bildungsministerin Martina Münch (SPD) will Heime der Haasenburg GmbH teilweise wieder für eine Belegung öffnen. Das teilte die Ministerin am Donnerstag mit. So kann die Firma am Standort Neuendorf am See ab dem 1. September wieder Kinder und Jungendliche aufnehmen. Die Haasenburg GmbH kann damit nur noch 12 von insgesamt 54 Plätzen belegen.

Nach Lesart der Ministerin bleibt der Belegungsstopp für den Träger „weitgehend erhalten“. Die Firma, die seit den taz-Enthüllungen nicht mehr aus den Schlagzeilen kommt, „bleibt unter verschärfter Beobachtung“, ließ die Ministerin erneut mitteilen.

Um in Neuendorf am See möglichen Misshandlungen vorzubeugen, wird künftig die strenge Eingewöhnungszeit, in der die Insassen weitgehend abgeschottet werden, zeitlich befristet. Im Anschluss daran soll zudem mit dem Jugendamt, das die Kinder in die Einrichtung verschickt hat, entschieden werden, ob diese Phase verlängert wird.

Auch legte das Ministerium nun fest, dass die Kinder regelmäßig unkontrolliert Kontakt mit Sorgeberechtigten und der Untersuchungskommission aufnehmen dürften. Zudem sollen monatlich höchstens zwei neue Kinder und Jugendliche mit freiheitsentziehenden Maßnahmen in eine Gruppe kommen dürfen.

Für den Standort Müncheberg hob die Ministerin den Belegungsstopp nicht auf. „In Jessern kommt eine Belegung nicht in Betracht, weil der Träger den Standort derzeit stillgelegt hat“, ließ Münch mitteilen. Auf taz-Anfrage teilte Ministeriumssprecher Stephan Breiding mit, dass Jessern nicht eigenständig, sondern nur in Abstimmung mit dem Landesjugendamt wieder eröffnet werden könnte.

Koalitionspartner verwundert Entscheidung

Dass Münch nun nach verschiedenen Standorten differenziert, wundert ihren Koalitionspartner. Torsten Krause (Linke), der dem zuständigen Bildungsausschuss vorsitzt, sagte der taz: „Die Vorwürfe beziehen sich ja auf alle Einrichtungen und auch auf das Konzept“.

Das Ministerium teilte der taz mit, dass die beiden verblieben Heime vom Landesjugendamt inspiziert worden seien. Das Amt sei dabei zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen. Der Ministeriumssprecher sagt: „Die Situation in Müncheberg war von deutlich größerer Unruhe geprägt als die in Neuendorf. Deswegen haben wir entschieden: in Müncheberg geht es nicht". Auch diese Entscheidung ist bis Mitte Oktober befristet. Generell dürfe ein Belegungsstopp nur für sechs Wochen verfügt werden, so Breiding.

Münchs Koalitionspartner ist über die Lösung der Ministerin insgesamt wenig erfreut. Krause ließ mitteilen, dass bei dem Träger das „Kindeswohl in Zweifel gezogen“ werden müsste. Die Linke trete „für eine Aussetzung der Betriebsgenehmigung“ ein.

Krauses Genosse aus Hamburg, Landessprecher Bela Rogalla, wurde deutlicher. Es sei „skandalös, dass ausgerechnet das Heim in Neuendorf vom Belegungsstopp ausgenommen wurde, in dem Kinder und Jugendliche stundenlang auf Fixierliegen gefesselt wurden“, so Rogalla. Er beklagte, „viele Kinder und Jugendliche berichten seit Jahren über Isolation, Zwang und Gewalt in den Einrichtungen der Haasenburg GmbH in Brandenburg.“

Vor ihrer Entscheidung hatte sich Martina Münch in der vergangenen Woche mit Vertretern von Jugendämtern getroffen, die Kinder in Heime der Haasenburg GmbH entsenden. Die Ministerin wollte sich ein Stimmungsbild einholen.

Jugendämter nicht unbefangen

Nach taz-Informationen äußerten die Ämter trotz der aufgedeckten Missstände kaum Beschwerden über den Träger. Allerdings sind die entsendenden Jugendämter nicht unbefangen. Sie tragen in der föderal strukturierten Heimaufsicht die Verantwortung für die Kinder und Jugendlichen, die sie bereits seit Jahren in die Haasenburg GmbH verschicken. Und seit Jahren können in dem Träger gravierenden Missständen offenbar nicht abgestellt werden.

Immer wieder mussten neue Auflagen erlassen werden. Über Konzepte einer „totalen Unterordnung“ ist das Brandenburgische Landesjugendamt gar seit 2006 im Bilde. Formal ist auch die übergeordnete Behörde daher verantwortlich, also das Bildungsministerium von Marina Münch.

Unterdessen ist der am Montag geflohene Jugendliche, der aus dem Saarland stammt, wieder in das Neuenburger Heim zurückgebracht worden.

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8 Kommentare

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  • E
    Exerzieher

    Es wird festgelegt, dass die Kinder und Jugendlichen unkontrolliert Kontakt zu Sorgeberechtigten und der Untersuchungskommission aufnehmen dürfen? Wer bitte will das kontrollieren? Und warum ist das nicht das grundsätzliche Recht? Jeder verurteilte Gewalttäter hat das Recht auf eine Verteidigung!

    Es wird verfügt, dass monatlich nicht mehr als zwei neue Jugendliche mit freiheitsentziehenden Maßnahmen in eine Gruppe aufgenommen werden. Nur wer noch nie in solch einer Einrichtung gearbeitet hat, kann solche einen Schwachsinn verfügen. Zwei Aufnahmen pro Monate sind zu viel!!! Aber es wird verschärft beobachtet, die Frage bleibt, wer hier wen beobachten will, da der Blick von außen doch verwehrt bleibt! Wird sicher keiner begrenzt, wenn überhaupt eine Kontrolle erfolgt und die Unterlagen und Dokumente darüber verbleiben in den Einrichtungen. Mal ganz davon abgesehen, dass ich diese Unterlagen ganz subjektiv verfassen kann. Ich habe immer gesagt, und ich bleibe dabei, dass ich in einer solchen Einrichtung das Lügen lernte. Nirgends wird so unverschämt gelogen! Das alles hat mit Pädagogik nichts, aber auch gar nichts zu tun!

  • G
    Gast

    Es ist wohl das Heim in Neuendorf gemeint?

     

    Wie auch immer, armes Deutschland, da kann man den Jugendlichen nur wünschen, dass sie das selber in die Hand nehmen, da rechts-staatlich da wohl nix zu machen ist. Die von der taz bemängelte Behandlung der Jugendlichen beschreibt ja wahrscheinlich exakt das Ziel der Jugendämter - Brechung jeglichen Widerstandes und Eingliederung die Ja-Sager Gesellschaft.

  • S
    Sokrates

    Ich kann es nicht glauben.

    Immer deutlicher wird sichtbar, dass in diesen Heimen nicht das Wohl der Kinder und Jugendlichen im Vordergrund steht sondern diese nur das Notwendige Übel in einer lukrativen Geschäftsidee sind und Jugendämter, Minister und Ermittlungsbehörden dies nicht erkennen wollen.

     

    Es fehlt nur noch der erpresserische/perfiede Satz "Wenn wir diese Heime schliessen, diese Verwahrmethoden nicht mehr getstatten gehen viele Arbeitsplätze verloren."

     

    Eine Katastrophe, wie in Deutschland mit der Menschenwürde umgegangen wird.

  • E
    ewo

    Man kann ja hier nicht mehr von einem Erstvorkommnis sprechen. In jedem Rechtsstaat waeren die Leute bis zur Ministerin mit langjaehrigen Haftsstrafen im Gefaengnis, aber da es nur um Kinder geht langen die Taeter ordentlich zu.

  • Tja, würde es hier um Asylanten, Flüchtlinge, Roma und Sinti gehen, hätten wir eine Menge interessanter Beiträge zu lesen.

    Da es nur um Kinder und Jugendliche aus extrem belasteten Lebenssituationen geht, die von einigen Jugendämtern gerne weggesperrt würden, ist mit einer Vielzahl von Beiträgen nicht zu rechnen.

    Eingesperrte Kinder eigenen sich wohl nicht zur Hetze, interessieren aber auch nicht.

    Missstände in der Jugendhilfe gibt es immer noch.

    Schön, dass wenigsten die taz hier mal recherchiert und am Ball bleibt.

  • S
    spreewaldeule

    Neuenburger Heim? Wo liegt das?

  • TA
    Thomas aus dem Westen

    Schweinerei!!!!

  • DB
    Dennis Bartos

    Laut Pressemitteilung gelten die neuen Auflagen nur für Neu aufgenommene Minderjährige.

    Wieso liebe Taz?

    Bitte unbedingt explizit nachhaken!