Kommentar Steinbrücks Erpresser: Ein angemessener Gegenschlag
Politiker sind öfter mit Erpressungsversuchen konfrontiert, als man denkt. Es bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich für den Fall der Fälle vorzubereiten.
Der Kandidat tritt vor die Kameras. Er ist sichtlich not amused. Ein anonymer Erpresser hat gefordert, Peer Steinbrück solle auf seine Kanzlerkandidatur verzichten, andernfalls werde er öffentlich machen, dass der Sozialdemokrat und seine Frau vor 14 Jahren eine Philippinin schwarz als Putzfrau beschäftigt haben.
Das, klagt Steinbrück, gehe „weit über die Belastungen und Auseinandersetzungen hinaus, was man üblicherweise wird wohl akzeptieren müssen“. Deshalb habe er Anzeige erstattet. Er endet mit den Worten: „Es wird mich in meinem Wahlkampf nicht beeinflussen.“ Wobei die Mundwinkel noch etwas weiter nach unten gehen als sonst.
Ist das eine gekonnte Inszenierung des angeschlagenen Kandidaten? Wohl kaum.
Erpressungsversuche sind für prominente Politiker eher die Regel denn die Ausnahme. Die wenigsten davon werden öffentlich. Politiker sind auch nur Menschen mit einer Menge Geschichte. Mit kritikwürdigem Fehlverhalten, aber eben auch mit privaten Details, die absolut okay sind.
Die sich aber mit dem entsprechenden Spin für eine populistische Attacke bestens eignen: mal durch unverhohlene Drohungen, mal durch unmoralische Angebote etwa von Boulevardmedien. Die könnten etwa die Preisgabe bestimmter Informationen einfordern – und im Gegenzug Nichtberichterstattung über anderes offerieren.
In diesem Fall hat Steinbrücks Ehefrau Gertrud mitgespielt. Sie erzählte der Bild, die am Samstag als Erste über die Erpressung berichtete, alle entlastenden Details. Inhaltlich sind die Vorwürfe offensichtlich nicht haltbar. So blieb selbst dem Springer-Blatt nichts anderes übrig, als die Erpressung an sich auf die Titelseite zu heben. Steinbrück selbst erscheint in erster Linie als Opfer.
Wäre es daher nicht besser gewesen, er hätte die Geschichte von sich aus erzählt, statt zu warten, bis Bild groß einsteigt? Nein, denn ein unangenehmer Beigeschmack bleibt. Deshalb kann sich ein Politiker allenfalls mit einer klugen und vor allem nachvollziehbaren Erklärung auf den Fall der Fälle vorbereiten. Selbst wenn das, was da im Keller stinkt, keine Leiche ist, sondern nur alter Käse.
Leser*innenkommentare
Faxi
Gast
An unsere Moralapostel: Ich habe letzten Monat denselben Elektriker, der meinen Sicherungskasten erneuert hat, gebeten, auf meine Rechnung einen Lichtschalter im Keller der Hausgemeinschaft zu reparieren. Anschließend haben mir die Miteigentümer je 2,66€ auf die Hand gegeben. Ohne separaten Auftrag. Ich nehme an, dass ich damit für höhere Würden disqualifiziert bin...
Konstantin
Gast
Zitat aus Ihrem Artikel: "Inhaltlich sind die Vorwürfe offensichtlich nicht haltbar".
Wie Sie zu diesem Schluss kommen, kann ich nicht nachvollziehen. Die Frau ist ohne Arbeitsvertrag und die damit verbundenen Rechte und Sicherheiten für Arbeitnehmer bei der Familie Steinbrück beschäftigt worden. Sogar dann, wenn die Frau bei der Mutter regulär beschäftigt gewesen sein sollte und an die Steinbrücks ausgeliehen wurde, bedarf es der dafür gesetzlich bestimmten Regeln. In dem Fall würde es sich um ein Leiharbeitsverhältnis handeln, dass ebenfalls besonderen gesetzlichen Bestimmungen unterliegt. Abgesehen mal davon, dass die Arbeitnehmerüberlassung genehmigungspflichtig ist bzw. solche Beschäftigungsverhältnisse nur mit Erlaubnis einer überwachenden Behörde möglich sind. Das hat seinen Grund und zwar um Arbeitnehmer vor Missbrauch zu schützen und ihre Rechte zu wahren.
Das ist hier nicht der Fall, was dazu führt, dass die besagte Frau keinen Kündigungsschutz, keine Kündigungsfristen, keinen Anspruch auf Bezahlung in Krankheit oder an Feiertagen hatte, keinen Urlaubsanspruch erworben hat, kein Recht auf Bezahlung in Nichtbeschäftigungszeiten hatte... sondern je nach Bedarf und nach Lust und Laune der Familie Steinbrück eingesetzt wurde.
Ich gebe Ihnen Recht, dass es sich um alten Käse handeln würde, wenn es denn so wäre, dass die Frau ausnahmsweise ein oder zwei Male zum Einsatz gekommen wäre.
Das AÜG ist aus gutem Grund geschaffen worden, weil die Arbeitnehmerüberlassung viele Gefahren für Arbeitnehmer bringt. Das Gesetz soll Arbeitnehmer vor Missbrauch schützen, damit sie nicht benachteiligt beschäftigt werden.
Rainer B.
@Konstantin Auch mündlich geschlossene Verträge sind gültig und bindend. Allerdings ist im Streitfall der Nachweis schwierig.
PEERlich
Gast
die putzhilfe selbst sagt ,sie hätte nur schwarz arbeiten können wegen der arbeit des mannes und des aufenthaltstatus
die steinbrücks sind einfach nur peinlich.
auch wenn mama die putzhilfe ebenso schwarz beschäftigt und zur tochter,die mit mama abrechnet, schickt,gibts keinerlei entlastungsargumente
es paßt einfach zu einem abstauber,daß selbst im privaten umfeld für einen klitzekleinen finanziellen vorteil,das steinbrücksche haushaltseinkommen lag damals brutto um die 300 000 DM ,bewußt gegen gesetze verstoßen wurde.
Alternative
Gast
"Es bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich für den Fall der Fälle vorzubereiten."
Wie wäre es mit keine Steuern hinterziehen, sich an selbstgemachte Gesetze zu halten, die gepriesenen politischen Inhalte selbst zu leben, keine Kinder zu ficken oder wie hier ganz einfach keine illegalen Putzfrauen steuerfrei zu beschäftigen?
Dann kann man sich die taz-artigen Vorbereitungen sparen.
duke
Gast
Bitte den Artikel zu Ende lesen, der Vorwurf sind falsch.
Ob man dafür allerdings die Bildzeitung benötigt, ist fraglich, aber wohl dem Wahlkampf geschuldet.
Rainer B.
Seine Anzeige macht Sinn, der Kontakt seiner Frau mit der Bild-Zeitung nicht.