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Kolumne Press-SchlagDer Sympath als Monster

Jürger Klopp gibt in Neapel den brüllenden Einschüchterer. Es ist nicht der erste Ausraster des Dortmunder Trainers. Sein Image aber bleibt bestens. Schade.

Jürgen Klopps imponierende Mimik erinnert an einen Alpha-Pavian. Bild: reuters

D iesen Moment wird Venâncio Tomé so schnell nicht vergessen. Der kleine Schiedsrichter aus Portugal war von der Uefa als vierter Offizieller zum Champions-League-Spiel des deutschen Vizemeisters Borussia Dortmund beim SSC Neapel geschickt worden.

Ein halbe Stunde war gespielt, das raste ein gut gekleideter Mann in feinstem Zwirn auf ihn zu, brüllte ihn an, fletschte dabei seine großen, weißen Zähne und kam ihm mit seinem hassverzerrten Gesicht so nahe, als wolle er ihm ein Stück aus der Backen herausbeißen.

Der Portugiese kannte den Mann. Es war Jürgen Klopp, der Dortmunder Trainer. Tomé funkte den Schiedsrichter an. Dem blieb keine andere Wahl. Er verwies Jürgen Klopp aus dem Innenraum. Tomé wird aufgeatmet haben. Endlich konnte er seiner Arbeit in Ruhe nachgehen – ohne Angst davor, von einem wütenden Monster angegangen zu werden.

Klopp ist nicht das erste Mal derartig aus der Rolle gefallen. Er hat es bisher abgelehnt, an sich zu arbeiten. Warum sollte er auch? Er kann sich darauf verlassen, dass er nur „Entschuldigung“ sagen muss, und alles ist wieder gut. So geschah es auch am späten Mittwochabend in Neapel. „Ich mach da den Affen“, sagte er. Bei der Pressekonferenz nach der 1:2-Niederlage der Dortmunder war aus dem Monster längst wieder der beinahe omnipräsente Sympath geworden, mit dessen Gesicht Werbetreibende hierzulande Produkte aus fast allen Branchen verkaufen können.

Er hat sein lächelndes Antlitz schon für verschiedene Autohersteller, für Tapetenkleister, eine Bank, eine bürgerlich-konservative Tageszeitung und Rasierapparate zur Verfügung gestellt. Kein Sponsor scheint sich daran zu stören, dass da einer für sie wirbt, der sich in emotional aufgeladenen Situationen nicht beherrschen kann.

Meisterhafte Selbstdarstellung

Das Bild vom netten Herrn Klopp, das in den zahlreichen Werbefilmchen so perfekt inszeniert wird, bekommt so gut wie keine Kratzer ab, auch wenn der Trainer sich noch so sehr danebenbenimmt. Der ist längst ein Meister der Selbstdarstellung und hat es sogar am Abend seines jüngsten Aussetzers in Neapel geschafft, an seiner Legende als netter Übungsleiter eines Arbeiterklubs aus dem geschundenen Ruhrgebiet zu stricken.

Bei der Pressekonferenz sagte er, dass er sich das Spiel nach seinem Platzverweis in den Katakomben des Stadions auf einem Fernseher zusammen mit dem Hausmeister angeschaut hat, und zauberte mit dieser Bemerkung gleich ein Lächeln auf die Gesichter der versammelten Reporter.

Besserung gelobt der erfahrene Ausraster Klopp gar nicht erst. „Wenn ich jetzt sage, es passiert nicht mehr, denken die Leute vielleicht, ich habe einen Lattenschuss. Ich wollte es nicht mehr machen, habe es trotzdem gemacht“, hat er nach dem Spiel gesagt. Richtig schlimm findet er seine Unbeherrschtheiten also nicht. Vielleicht haben sie seinen Verein drei Punkte in der Champions League gekostet. Das ärgert den Trainer natürlich. Alles andere ist ihm egal.

Legitime Ausraster

Doch der Schaden ist weitaus größer. Auch weil er als Werbetestimonial so gefragt ist, müsste Klopp wissen, dass er für viele Menschen im Fußballbetrieb ein Vorbild ist. Ihm wird nachgeeifert. Seine Ausraster gelten als legitimer Ausdruck von Emotionalität. Jugendtrainer können bestätigen, dass Klopp nicht nur als Jungsversteher und Kabinenmotivator ein Vorbild ist, sondern auch als brüllender Gegner- und Schiedsrichtereinschüchterer.

Jürgen Klopp ist längst zu einem Problem geworden, gerade weil er so angehimmelt wird. Hallo, ihr da draußen, könnt ihr bitte mal aufhören, den Mann zu mögen?

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Andreas Rüttenauer
Sport, dies und das
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20 Kommentare

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  • Kloppi macht einen tollen Job,seit Jahren,hat das CL-Finale in London unverdient verloren( Schiri !)-Dante und Ribery hätten Rot sehen MÜSSEN !Dies in Neapel war peinlich,ihm sicher auch.Die sehr unglückliche Niederlage in Neapel sollte vergessen werden,die Ärmel hochgekrempelt um die Bayern weiter zu ärgern.

  • Sie suchen ein Vorbild?

    Hängen Sie sich doch ein Bild von Merkel an die Wand ; )

  • DS
    denkender Stehplatztribünenbesucher

    "...1968 geboren und war dann lange Münchner". Ein Schelm wer böses dabei denkt... ;)

  • P
    Piaget

    Wenn Klopp vielleicht ein schlechtes Vorbild für diejenigen ist, die solche Ausraster nun als gerechtfertigt sehen, dann muss er zwangsläufig ein gutes Vorbid für die sein, die sich nach solchen Ausrastern nicht entschuldigen und kein Einsehen haben.

    Entweder ist lernen möglich oder lernen ist möglich. Es kann nicht sein, dass nur das lernen passiert was nicht/gefällt.

  • A
    ama.dablam

    @Bernd Goldammer: man kann "mit purer Rationalität" sogar die Champions-League gewinnen, siehe Heynckes.

    Über Kausalität lässt sich natürlich streiten, aber mir fällt auf Anhieb keine andere Sportart ein, deren Besucher regelmäßig massive Polizeipräsenz zwingend erfordern. Das Recht auf Wochenendschlägerei wird durch das Prädikat "Sozialadäquanz" veredelt, sonst wären solche Veranstaltungen im Grunde zu verbieten.

    Da kann sich Klopp schon fragen lassen, ob er seiner Vorbildfunktion gerecht wird. Wenn er zwischen Emotion und Agression nicht unterscheiden kann, dann hat er ein offensichtliches Problem.

  • PH
    Peter Haller

    @Revolte

    "Klopp ist der revoltierende, authentische Gegenentwurf".

    Häh ?? Ein Blödmann ist der, mehr nicht !

  • "Jürgen Klopp ist längst zu einem Problem geworden, gerade weil er so angehimmelt wird. Hallo, ihr da draußen, könnt ihr bitte mal aufhören, den Mann zu mögen?"

     

    Die farblosen Langweiler und Überkorrekten, die stromlinienförmigen Mitläufer und aalglatten Schleimer, die Angepassten und Leisetreter sind zum eigentlichen Problem geworden. Klopp ist der revoltierende, authentische Gegenentwurf, dem die alltägliche Gehirnwäsche mit dem Ziel der fortschreitenden Entmannung weitgehend unberührt lässt und gerade deshalb symphatisch macht.

  • H
    huev

    Also sooo weiß finde ich seine Zähne gar nicht...

  • "Seinem Image bleibt bestens. Schade."

     

    Und Pavian mit deren taz muss schlampig.

  • Das tut mir aber leid, dass Jürgen Klopp nicht Ihrem Bild entspricht, Herr Rüttenauer.

    Gestattet sei die Frage, was ein vierter Schiri an der Seite eigentlich soll. Wenn er nicht da stünde, wäre das Syenario gestern gar nicht passiert. Klopp hätte wild gestikuliert, na und? Kann sich ja jeder ne Barbie-Puppe mit Ken kaufen, der keine Lust hat auf Typen, die noch nicht so weichgespült sind wie pseudoalternative taz-Redakteure.

    • E
      El_Duderino
      @Linksaussen:

      ###Wenn er nicht da stünde, wäre das Syenario gestern gar nicht passiert. ###

      Stimmt, dann wäre der Psychopath auf den Platz gestürmt und danach auf die Tribüne verbannt worden. Der Veitstanz, den Klopp immer wieder aufführt, hat mit Emotionen nichts zu tun. So führt sich bestenfalls jemand auf, der dem Trotzalter nie entwachsen ist. Wenn er sich nicht beherrschen kann, dann sollten er besser mit Puppen spielen. Der Mannschaft hilft er mit seinem Verhalten sicher nicht, im Gegenteil.

  • Das tut mir aber leid, dass Jürgen Klopp nicht Ihrem Bild entspricht, Herr Rüttenauer.

    Gestattet sei die Frage, was ein vierter Schiri an der Seite eigentlich soll. Wenn er nicht da stünde, wäre das Syenario gestern gar nicht passiert. Klopp hätte wild gestikuliert, na und? Kann sich ja jeder ne Barbie-Puppe mit Ken kaufen, der keine Lust hat auf Typen, die noch nicht so weichgespült sind wie pseudoalternative taz-Redakteure.

  • Das tut mir aber leid, dass Jürgen Klopp nicht Ihrem Bild entspricht, Herr Rüttenauer.

    Gestattet sei die Frage, was ein vierter Schiri an der Seite eigentlich soll. Wenn er nicht da stünde, wäre das Syenario gestern gar nicht passiert. Klopp hätte wild gestikuliert, na und? Kann sich ja jeder ne Barbie-Puppe mit Ken kaufen, der keine Lust hat auf Typen, die noch nicht so weichgespült sind wie pseudoalternative taz-Redakteure.

  • UF
    Ulrich Frank

    Richtiger Kommentar. Aber solange diese grenzwertigen Spektakel mit ihren grotesk überbezahlten Figuren dann auch noch durch öffentliche Gelder finanziert und durch Präsenz scheinbar mitfiebernder Politiker bzw. Staatsfrauen anstandslos geadelt werden - wer brüllt kritisiert ja nicht - wird sich nicht viel ändern.

  • C
    charlsmanson

    Klopp ist authentisch nicht mehr und nicht weniger.

    Jeder weiß das er lieb ,nett,sympathisch ist und manchmal halt ausrastet.

    So what....

    NUR DER BVB

  • K
    Kloppo

    Was ist so schlimm daran, dass er den vierten Offiziellen angeschrieen hat? Das ist doch kein Schachturnier! Mit solchen Kommentaren reiht sich der Autor in einer Reihe mit den Pyro-Hassern, Stehplatz-Verbietern usw. Schade!

  • D
    drui

    Na super. Reichen jetzt Hassmails oder braucht es Morddrohungen, um den Autor zufrieden zu stellen? Wenn er Leute sucht, die Klopp nicht mögen, sollte er mal nach Gelsenkirchen fahren.

  • S
    schreiber

    »Hallo, ihr da draußen, könnt ihr bitte mal aufhören, den Mann zu mögen?«

    äähhmm .. nö!?

  • O
    Oskar

    Was bist Du?? Bayernfan?!

    Gruss

    Oskar

  • M
    Möger

    der könnte gut für HB werben...