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Kommentar Assad und DeutschlandNachfragen hilft

Ines Kappert
Kommentar von Ines Kappert

Ein Interview mit dem syrischen Präsidenten wird als Einladung für deutsche Vermittler missverstanden. Interessant sind andere Äußerungen Assads.

Ein höflicher Interviewpartner. Bild: dpa

G lückwunsch: Baschar al-Assad bekundet, Deutsche – ganz anders als Amerikaner – kämen der Realität in Syrien noch am „allernächsten“. Daraus abzuleiten, er ersuche Deutschland um eine Vermittlerrolle, ist jedoch Unfug. Assad reagiert auf den Vorschlag der Interviewer lediglich höflich: Gesandte wären willkommen. So weit, so egal. Außenminister Westerwelle hat das Ganze zu Recht sofort abmoderiert. Es gebe bereits einen Vermittler – seitens der UN.

Spannend an den Ausführungen Assads ist etwas anderes. Sie zeigen, dass Journalisten, die sich nicht ständig vor der Macht eines Diktators verbeugen, diesen durchaus in Erklärungsnot bringen können.

So fangen die Kollegen erfreulicherweise an zu lachen, als Assad versuchsweise behauptet, er habe nie gesagt, keine Chemiewaffen zu besitzen. Später bezweifelt er dann die vom Westen verbreiteten Opferzahlen des Giftgasanschlags. Warum strenge er dann selbst keine Untersuchung an? Weil es sich um „Terroristengebiet“ handle, da könne er „nichts tun“.

Im Klartext: Terroristen haben die eigenen Leute, die eigenen Kinder erstickt. Sinn ergibt das keinen. Aber es zeigt, wie willfährig Assad mit dem Begriff „Terroristen“ verfährt.

Seine Erzählung zu Syrien basiert stets auf folgender Behauptung: Er bekämpfe keine Syrer, sondern nur Terroristen, und die kämen vor allem aus dem Ausland. Eine Behauptung, die im Westen auf zu wenig Skepsis stößt. Ob er leugnen wolle, dass viele seiner Soldaten nun aufseiten der Rebellen stünden? Nein, doch das seien eben „Deserteure und Kriminelle“ – sprich: Syrer, aber eben solche, die das Recht auf Leben verwirkt haben.

Dieses Schicksal teilen sie mit der Mehrheit von Assads Landsleuten. Das in Deutschland zu bemerken könnte dabei helfen, sich den Realitäten in Syrien tatsächlich anzunähern.

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Ines Kappert
Gunda-Werner-Institut
leitet seit August 2015 das Gunda-Werner-Institut für Feminismus und Geschlechterdemokratie der Heinrich-Böll-Stiftung.   Mich interessiert, wer in unserer Gesellschaft ausgeschlossen und wer privilegiert wird - und mit welcher kollektiven Begründung.   Themenschwerpunkte: Feminismus, Männlichkeitsentwürfe, Syrien, Geflüchtete ,TV-Serien.   Promotion in Allgemeiner und Vergleichender Literaturwissenschaft zu: "Der Mann in der Krise - oder: Konservative Kapitalismuskritik im kulturellen Mainstream" (transcript 2008).   Seit 2010 Lehrauftrag an der Universität St. Gallen.
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14 Kommentare

 / 
  • MD
    Michel D

    "Im Klartext: Terroristen haben die eigenen Leute, die eigenen Kinder erstickt. Sinn ergibt das keinen. Aber es zeigt, wie willfährig Assad mit dem Begriff „Terroristen“ verfährt."

    Na dann waren es wohl auch Asad-Truppen, die im August bei Latakia verübt hatten, über das heute praktisch alle Medien (außer der taz wohl) berichten. (Es wurden auch viele Frauen dabei umgebracht, interessiert sich die taz-Redaktion wenigstens jetzt für den Fall?) Es gibt Tote in Syrien? Asad wars!

  • M
    muckel

    Es liegen keine Beweise für Assads Täterschaft vor.

    Es gibt auch viele Thesen, Rebellen wollen Angriff der Amis provozieren bis hin zum bloßen Unfall, auch durch Rebellen/Terroristen.

     

    Das alles blendet die TAZ aus, für sie steht der Täter fest: Assad. Motiv: Äh, tja, nun.....Wahnsinn! Cool, natürlich!

     

    Ihr seit schon lange kein linkes Blatt mehr, aber direktes Kriegstreiben, das ist neu.

  • GS
    Günter Scholmanns

    Mit der "Entfernung" meines Kommentars seid Ihr auf dem Gipfel der Bigotterie angelangt.

  • HB
    Harald B.

    Wiedermal das alte Schema: hier der böse Dikstator, der Scherge, dort die guten Vollbartrebellen, die die Scharia einführen wollen.

    Libyen ist nach dem Sturz Gaddafis, von NATO-Bomben herbeigeführt, ein failed state, in dem Warlords und islamistische Banden herrschen.

    Nichts daraus gelernt?

    Wieviel Länder ala Irak, Libyen braucht die taz noch?

    • @Harald B.:

      Im Rückblick hat sich Saddam Hussein natürlich als schuldig herausgestellt( Giftgaseinatz), genauso wie die Bush- Regierung für einen einen überzogenen, eigennützigen Krieg.Es gibt denkwürdige Parallelen zu Assad, auch wenn die Schuld indiziös ist.

      Ich weiß nicht, was Sie aus dem Artikel alles herauslesen, doch von guten Vollbartrebellen ist keine Rede.

      Mit Schwarz-Weiß-Malerei, wie Sie es selbst dem Autor vorwerfen, ist kein Blumentopf zu gewinnen.

  • M
    Marco

    Assad ist der Böse! Amerika hat nur Ehrenhaftes im Sinn! Alles Andere ist abwegig!

     

    Siehe "Deadly Dust"!

  • GS
    Günter Scholmanns

    Kommentar entfernt.

    • GS
      Günter Scholmanns
      @Günter Scholmanns:

      Mit der "Entfernung" meines Kommentars seid Ihr auf dem Gipfel der Bigotterie angelangt.

      • MD
        Michel D
        @Günter Scholmanns:

        Na immerhin wird es gemeldet. Früher erschienen allzu kritische Kommentare einfach nicht ;-)

  • M
    Meier3

    "Terroristen haben die eigenen Leute, die eigenen Kinder erstickt. Sinn ergibt das keinen."

     

    Natürlich ergäbe das Sinn: Die USA zum Angriff auf Assad zu bewegen. Hätte sogar fast geklappt.

     

    Sieht taz den Sinn nicht oder will taz den Sinn nicht sehen? Beides ein Armutszeugnis. (Aber den 11. September haben die USA inszeniert...klar, das sind ja die wahren Bösen.)

  • T
    Turner

    Das ist lächerlich, Frau Ines Kappert. Es gibt bis zu 1000 Brigaden in Syrien bei der Opposition - wenn man großzügig ist und eine Brigade bei 5 Mann beginnen läßt, dann haben wir 2000 Brigaden. Die Oppositionellen sind aufgeteilt in Armee des Islams, Free Syria Army, Säkuläre, Christen, Kurden etc. Wir wissen nicht genau, wer von diesen 1000 Brigaden durch den Giftgas-Angriff getötet wurde oder nach Assads Meinung getötet hat. In der italienischen und belgischen Presse behauptet man, die Oppositionellen sind für den Giftgas-Angriff verantwortlich. In der USA & BRD wird Assad verantwortlich gemacht.

  • P
    Peter

    Stellen Sie sich doof oder sind Sie es? Ich gehe davon aus, dass Sie sich beim Schreiben des Meinungsartikels Zeit zum Denken nehmen. Warum ist das Ergebnis dann so merkbefreit?

     

    Wenn Herr Assad sagt, es handele sich um Terroristengebiet, meint er offensichtlich, dass dieses Gebiet militärisch von seinen Feinden kontrolliert wird.

     

    "Im Klartext: Terroristen haben die eigenen Leute, die eigenen Kinder erstickt. Sinn ergibt das keinen. Aber es zeigt, wie willfährig Assad mit dem Begriff „Terroristen“ verfährt"

     

    Wie man auf so einen Stuss kommen kann erschließt sich mir überhaupt nicht. Und das dann auch noch "Klartext" nennen. Schämen Sie sich! Das ist doch eine Beleidigung für jeden denkenden Geist auf dieser Erde.

     

     

    Nur zu Ihrer Information: Wer die Schuld an dem Massaker trägt ist ungeklärt. Außerdem gab es Berichte, dass die Schulkinder aus anderen Regionen des Landes verschleppt wurden. Inwiefern das der Wahrheit entspricht, weiß ich natürlich nicht. Es reicht aber zu zeigen, wie undurchsichtig die Lage in diesem Land ist und wie behutsam man mit "Klartest"-Pamphleten sein sollte, will man denn Ernst genommen werden.

     

    Davon abgesehen, frage ich mich was erfreulich an Journalisten sein soll, welche im Dienste der verordneten Ideologie, ihren Interviewpartner auslachen, sich aber bei den wirklich Mächtigen in unserem System nur als Speichellecker hervortun. Aber mir scheint, da ordnen Sie sich voller Enthusiasmus mit ein.

  • "Warum strenge er dann selbst keine Untersuchung an? Weil es sich um „Terroristengebiet“ handle, da könne er „nichts tun“."

    wo ist ihr punkt, frau kappert? über den begriff "terrorist" kann man streiten, aber fakt ist, dass er keine kontrolle über die betroffenen gebiete hat. wie soll er da also ene untersuchung durchführen lassen?

    • R
      Rincewindo
      @paulibahn:

      Das ist Frau Kappert doch völlig egal. Oder scheint sie in dem Kommentar auch nur den Hauch der Mühe zu zeigen, sich der Sache objektiv zu nähern?