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Appell von deutschen PolitikernZeugenschutz für den Informanten

Nach Bekanntwerden von Merkels Handygate fordern Politiker fast aller Parteien, Edward Snowden nach Deutschland zu holen.

Schafft ein, zwei, viele Snowdens! Bild: reuters

BERLIN taz | Die Abhöraffäre um Angela Merkels Handy hat am Freitag eine alte Forderung schlagartig zu neuem Leben erweckt: Asyl für Edward Snowden. Politiker von SPD, Grünen, Linken und der FDP fordern, dem amerikanischen Whistleblower eine sichere Bleibe in Deutschland zu stellen.

Der Grüne Bundestagsabgeordnete, Christian Ströbele, setzte sich dafür ein, Edward Snowden hier zu befragen und ihn vor den USA zu verstecken. „Er ist ein wichtiger, aber gefährdeter Zeuge. Ich halte eine Aufnahme in ein Zeugenschutzprogramm jetzt für mehr als angebracht“, sagte Ströbele der taz.

Das wäre auch im Interesse der Bundeskanzlerin, sekundierte die langjährige Parteivorsitzende Claudia Roth: „Es handelt sich bei ihm um einen Aufklärer im besten Sinne, der uns allen hilft, die von den Geheimdiensten herbeigeführte Kernschmelze des Rechtsstaats zu bekämpfen.“

„Wir brauchen diesen wichtigen Zeugen“, sagte auch der Fraktionsvorsitzende der Linken, Gregor Gysi, der taz und plädierte ebenfalls dafür, Snowden an einem sicheren Ort in Deutschland zu befragen. „Die Bundesanwaltschaft muss zeigen, dass sie den Mumm hat, diesen Weg zu gehen.“

Gysi kann sich auf den Vorsitzenden des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags, Thomas Oppermann (SPD), stützen. Im ZDF bescheinigte Oppermann Snowden eine „hohe Glaubwürdigkeit“ und stellte zugleich klar, Snowden solle nicht an die USA ausgeliefert werden, falls er nach Deutschland kommen sollte.

„Ein hohes persönliches Risiko auf sich genommen“

Die Hinweise über die Abhöraktion gegen Merkel und andere Regierungschefs basieren sehr wahrscheinlich auf den Dokumenten, die der 29-jährige Snowden vom US-Geheimdienst NSA kopiert hat. Von den USA mit Strafbefehl gesucht, ist der Whistleblower in Russland untergetaucht.

Ende Juni hatte der Gejagte mit Hilfe von Wikileaks Kontakt zu 21 Staaten aufgenommen. Auch bei der bundesdeutschen Vertretung hatte er um Asyl gebeten. Sein Begehren war damals abgeschmettert worden: Asyl könne nur beantragen, wer sich auf deutschem Boden befinde, sagte Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU).

„Ich halte es für falsch, zu sagen, Edward Snowden darf nicht zu uns kommen“, meint dagegen der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP). „Im Gegenteil. Snowden hat ein hohes persönliches Risiko auf sich genommen. Wir haben ihm zu verdanken, dass einer der größten Geheimdienstskandale der jüngsten Zeit aufgedeckt wurde.“

Ein Beobachtungsvorgang

Die Bundesanwaltschaft hat Vorermittlungen wegen des Verdachts auf nachrichtendienstliche Ausspähung eingeleitet. Es handele sich um einen Beobachtungsvorgang, heißt es auf Nachfrage. In diesem Rahmen habe man mittlerweile die mit der in Rede stehenden Frage befassten Bundesbehörden gebeten, ihre Erkenntnisse zu übermitteln, um eine zuverlässige Tatsachengrundlage zu erlangen.

Gysi betonte es sei wichtig, jetzt sofort Kontakt zu Snowden aufzunehmen. Man hätte den NSA-Whistleblower bereits im Sommer vernehmen müssen, als bekannt wurde, dass der NSA die Kommunikationsdaten von Millionen Bundesbürgern erfasste.

Auch Ströbele ist überzeugt: „Wenn es sich um jemanden aus einem anderen Land handeln würde, das Deutschland in diesem schrecklichen Maße ausgespäht hätte, würde man sicher Mittel und Wege finden, mit diesem wichtigen Zeugen Kontakt aufzunehmen.“

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20 Kommentare

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  • Man könnte ja auch Vernehmungsbeamte nach Russland schicken, um ihn vor Ort zu befragen. Aber der Flug ist wohl zu teuer.

  • R
    reblek

    "Der Grüne Bundestagsabgeordnete, Christian Ströbele, setzte sich dafür ein, Edward Snowden hier zu befragen und ihn vor den USA zu verstecken." - Wunderschöne Zeichensetzung, denn "der Grüne Bundestagsabgeordnete, Christian Ströbele, setzte..." bedeutet nichts anderes, als dass Ströbele der einzige Bundestagsabgeordnete dieses Vereins ist.

    • @reblek:

      Ist er auch. Die anderen Vereinsmitglieder sind nur Staffage.

  • Und dann ruft Obama bei Mutti aufm Privathandy an und die Maschine die Snowden zurück in sichere Gefielde bringen soll muss zwangslanden, so wie erst kürzlich ein südamerikanisches Regierungsoberhaupt.

     

    Der Oppermann scheint ja als Person schon eine existentielle Beleidigung für jeglichen Restverstand im Lande zu sein.

  • F
    Frust

    Nicht, glaube ich, dass Snowden hier zu den USA hörigen Typen kommt. Er wäre hier nicht sicher und würde eventuell ausgeliefert, sobald er hier alles offengelegt hat. Bei W.Brandt hätte ich keine Bedenken gehabt.Aber bei Merkel!?

    • @Frust:

      Schon bei Willy Brandt wäre es schief gegangen. Deutschland ist nicht souverän und hat laut Millitärgesetzen der Alleierten seit 1945 keine autonome Gerichtsbarkeit noch Eigentumsrechte. Danach hat USA seit Kriegesende alle rechtlichen Mittel, jeden Deutschen festzunehmen, der nach ihren Millitärgesetzen eine Bedrohung für sie darstellt. Die Deutschen sind immernoch Bewohner einer Besatzungszone, die lediglich ein Grundgesetz, aber keine gültige Verfassung hat.

      Insofern kann ich Herrn Ströbele für seine Forderung nicht verstehen, außer er widdert darin den staatsrechtl. Eklat, den dieser nach sich ziehen würde.

  • wo doch mit einfacher spd-grüne-LINKE mehrheit der mann DAUERHADFT (müsste im antragh festgezurrt werden), in sicherheut gebracht wrden könnte. selbstverständlich "funktioniert" er im moment als wichtruger informant .- das solteer hauprtsächlich für uns, ohneeogne atombommben tun - nicht für die riensenaatonmächte usa, russaland, china!!! wasen konverativen in den usa, (leert eue magitin aud alles was nichr konnversativ ist....) alles so reingfällt: die führen ohne not fast eine staatsbankrot herbei - da sind wir vor nichts sicher..

  • @KLAUSK

     

    Der Gedanke ging mir auch gerade durch den Kopf. Vielleicht sollte man Herrn Snowden befragen, ob das deutsche Zeugenschutzprogramm überhaupt sicher ist.

    • @Nin-Chen:

      Sie bringen es auf den Punkt. Ein Land, in dem noch nicht einmal die Bundeskanzlerin vorm Abhören geschützt werden kann, in so einem Land kann man auch davon ausgehen, dass auch die für das Zeugenschutzprogramm zuständigen Beamten abgehört werden können. Eine "sichere Bleibe" sieht anders aus.

  • 6G
    688 (Profil gelöscht)

    "... Edward Snowden nach Deutschland zu holen."

     

    JA, aber SCHNELL, bevor bekannt wird wen und was die hiesigen Geheimdienste ebenso abgehorcht haben ;-)

  • US
    uncle sam

    Es gibt laut Historiker Foschepoth jahrzehntealte deutsche Gesetze, nach denen das Abhören Merkels und aller anderen natürlich auch, nach wie vor legal ist.

     

    Genauso gibt es Gesetze, nach denen Snowden in Deutschland sofort an die Amis überstellt werden müsste bzw deutsche Behörden sich den amerikanischen auch in Deutschland nicht in den Weg stellen dürften. Und deutsche Behörden müssten darüber obendrein Stillschweigen bewahren.

     

    Snowden wäre daher gut beraten, nicht nach Deutschland zu kommen. Die Parteienfuzzis (evtl nicht die Linke, weil die im Bund noch nicht regiert hat), die jetzt ihre Mittäterschaft an der Kolonialgesetzgebung durch Reiten auf der Snowden-Sympathiewelle verschleiern wollen, wissen alle ganz genau, dass Snowden sofort erledigt wäre.

     

    Es geht jetzt nicht um den Boten. Die Botschaft tut unseren Politdarstellern weh. Hoffentlich noch recht lange.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Snowden wäre bei unseren naiven Halbblinden in größter Gefahr.

    In Russland ist er bestimmt sicherer.

    • P
      Pseudo
      @571 (Profil gelöscht):

      Genau so ist es.

      Frau Roth etc. hören sich an wie aus dem Kindergarten. Da hat man wenigstens noch ein paar Ideälchen.

       

      Hier wird ein fieses Spiel gespielt und was dahinter steckt, kann man nur ahnen.

       

      Der schlafende naive halbblinde gläserne Bürger hat ja gezeigt, woran er glaubt.

       

      Die Spezialdemokraten schlagen sich jetzt selber tot und das ist auch gut so.

  • J
    Johnny

    Kann Gysi nicht einfach seine unvergleichlichen Beziehungen zum KGB/FSB spielen lassen, um deren Infos zum Debriefing von Snowden und Assange zu bekommen oder gleich eine eigene Audienz?

     

    Zu irgendwas muss die ewige Moskautreue doch gut sein ...

  • AK
    Alisuleman Kender

    Ich vermute dass Herr Snowden in Russland sicherer ist, zumal die Affäre gar keine ist und wenn doch, dann ist sie nach Pofalla und Seibert schon lange abgeschlossen.

    • J
      Johnny
      @Alisuleman Kender:

      Das ist richtig: bei den Auftraggebern ist man immer sicherer als bei einer Strafverfolgungsbehörde, auch wenn sie einen als Zeugen einlädt.

  • Als Zeugen laden und dann ins Zeugenschutzprogramm.

     

    Alternativ:

    Uli Hoeness braucht einen neuen Spieler beim FC Bayern. Für die gibt es immer sämtliche Papiere und zwar sofort.

    • @Anton Pree:

      Geniale Alternative ;-)

  • D
    Daschauher

    Snowden als Kronzeugen der Affäre nach Deutschland holen, wie es Thomas Oppermann von der SPD gefordert hat, dass wäre eine schöne Klatsche für Obama - die Vorstellung wird bei ihm schon jetzt Schweißperlen der Stirn und Schaum vorm Mund erzeugen - das ist wie mentales teeren und federn - geil.

    • 0
      007
      @Daschauher:

      fragt sich wer hier schaum vorm mund hat...