Privatisierung von Sicherheitsfirmen: Nicht ordentlich behütet
In Frankfurt behandelt die Bahnhofssecurity einen Mann rassistisch. Der Rückzug der Polizei zugunsten des Sicherheitsdienstes ist ein Irrweg.
Auf dem Frankfurter Hauptbahnhof wird ein afrikanisch-stämmiger Jugendlicher von Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes der Deutschen Bahn mit dem Schlagstock attackiert, weil er ohne Fahrschein unterwegs gewesen sein soll.
So jedenfalls hat es der Grünen-Politiker Daniel Mack am Dienstag öffentlich gemacht. Und da von einem Dementi der Sicherheitsfirma bislang nichts bekannt ist, darf der Vorfall als wahr unterstellt werden. Schon für sich allein genommen ist bei einem solchen Vorgehen gegen einen mutmaßlichen Schwarzfahrer der Ausdruck „drastisch“ ein Euphemismus.
Dass jedoch auch Mack, der ebenfalls dunkelhäutig ist, als er den Vorfall mit seinem Mobiltelefon dokumentieren wollte, von einer Mitarbeiterin des Sicherheitsdiensts als „Nigger“ beschimpft wird, der abhauen solle, macht die ganze Angelegenheit zusätzlich pikant – auch für die Security-Leute. Denn Daniel Mack ist in einer privilegierten Position: Als Politiker hat er die Macht der Öffentlichkeit. Die hatte der attackierte 18-Jährige nicht. Wie viele ähnliche Vorfälle mag es also deutschlandweit geben, von denen man schlichtweg nichts erfährt?
Im vorliegenden Fall darf von einem rassistischen Hintergrund ausgegangen werden. An dem Frankfurter Vorfall war eine Gruppe von fünf Security-Leuten beteiligt, über die Wortwahl der Kollegin hat sich keiner beschwert. Allen Beschäftigten von privaten Sicherheitsunternehmen nun pauschal fremdenfeindliche Einstellungen unterzuschieben wäre natürlich ebenso falsch wie fatal. Dennoch liegt das Problem sehr tief.
Es beginnt bei den überall zu findenden Einsparungen bei der Polizei, die politisch gern als Reform verkauft werden. So war beispielsweise die Bahnpolizei früher einmal Teil des Bundesgrenzschutzes (BGS). Im Zuge der Umwidmung des BGS zu einer Bundespolizei wurde sie aufgelöst. Damit war Platz geschaffen für Privates. Und auch die DB-Sicherheit ist ein eigenständiges Unternehmen, das von der Bahn AG lediglich beauftragt wird. Eine unmittelbare Verantwortung für deren Verhalten besteht somit nicht.
Nicht alle Anbieter sind seriös
Und der graue Markt der Sicherheit, der mit dem erzwungenen Rückzug der Polizei entsteht, ist und wird immer größer. Und nicht alle privaten Sicherheitsanbieter, die in diese Lücke drängen, sind seriös. Neben die kurzzeitige und somit schlechte Ausbildung, die miese Bezahlung und den starken Arbeitsdruck tritt seit einiger Zeit jedoch ein tatsächliches, flächendeckendes Problem mit der Fremdenfeindlichkeit.
So klagte beispielsweise schon Anfang dieses Jahres das brandenburgische Innenministerium darüber, dass jeder zehnte der dortigen 1.150 aktiven Neonazis in privaten Sicherheitsfirmen arbeiten würde. „Es ist ein besorgniserregendes Phänomen“, ließ sich der Pressesprecher zitieren.
In ähnlicher Form besteht das Problem fragwürdiger Personalauswahl quer durch alle Bundesländer. Daraus zu schließen, alle privaten Sicherheitsleute seien rechtslastig, ist natürlich unzulässig. Ihr Hauptproblem liegt eher bei dem mit dem Job verbundenen Stress in Konfliktsituationen, den Anpöbeleien durch die „Kunden“ (wie wir Bürger und Bürgerinnen unterdessen ja so schön genannt werden) und Ähnlichem. Und so etwas entlädt sich irgendwann und irgendwo in Beschimpfungen und/oder Übergriffen. Der Frankfurter Vorfall ist dabei nur ein besonders widerwärtiger Fall.
Natürlich lassen sich derartige Fälle auch nicht völlig verhindern, wenn solche Sicherheitsaufgaben wieder an die Polizei zurückgegeben werden und sie personell in die Lage versetzt wird, sie auch zu erfüllen. Gleichwohl werden PolizistInnen bei aller Kritik dennoch besser ausgebildet, und auch die Beschwerde- und Sanktionsmöglichkeiten sind größer.
Solange wir jedoch weiter dulden, dass die Polizei immer weiter aus der Fläche zurückgezogen wird, bleibt vom Frankfurter Fall lediglich die kurzatmige Empörung übrig. Mehr nicht.
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