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Neue ProtesteUSA warnen vor Hamburg

In der Hansestadt gehen die Demonstrationen gegen die eingerichtete Gefahrenzone weiter. Die US-Botschaft mahnt alle Reisenden zur Vorsicht.

In der Paulinenstraße wird auch schon gewarnt. Bild: dpa

HAMBURG/BERLIN afp | Nach den jüngsten Zusammenstößen zwischen linken Demonstranten und Polizisten in Hamburg hat die US-Botschaft Landsleute in der Stadt zu Vorsicht im Umfeld von Protestzügen ermahnt. Auch Demonstrationen, die friedlich gedacht seien, könnten in Gewalt eskalieren, hieß es in einer über die Homepage verbreitete Reiseinformation. Am Dienstagabend protestierten in Hamburg nach Polizeiangaben vom Mittwoch hunderte Menschen gegen das sogenannte Gefahrengebiet, das die Behörden nach den Krawallen im Dezember eingerichtet hat.

In Hamburg waren die Auseinandersetzungen zwischen linken Gruppen und Polizei im Dezember eskaliert. Kurz vor Weihnachten wurden bei einer Demo für das das linke Kulturzentrum Rote Flora und gegen den Umgang Behörden mit Flüchtlingen 120 Polizisten verletzt. Eine Woche später attackierten nach Angaben der Beamten etwa 30 bis 40 Menschen eine Polizeiwache an der Hamburger Reeperbahn, dabei wurden drei Polizisten verletzt. Bereits in dieser Phase hatte die US-Botschaft ihre Bürger gewarnt.

Ähnlich wie das Auswärtige Amt informieren die US-Botschaften Reisende in solchen Botschaften regelmäßig über aus ihrer Sicht relevante Vorgänge. So mahnte die diplomatische Vertretung in Berlin US-Bürger zuletzt unter anderem auch vor Kriminalität auf Weihnachtsmärkten, einem mutmaßlichen Kinderentführer in Berlin und riet zur Vorsicht im Umfeld einer PKK-Demonstration in der Hauptstadt im November. Solche Informationen sind aber noch keine offizielle Reisewarnung: Diese gelten aktuell etwa für Ägypten, den Südsudan, Libyen und Honduras.

Am Dienstagabend protestierten in Hamburg nach Polizeiangaben etwa 650 Menschen gegen das nach den Krawallen eingerichtete Gefahrengebiet. Der Protest im Stadtteil St. Pauli sei "störungsfrei und friedlich" verlaufen, sagte ein Polizeisprecher. Später sei in einem anderen Stadtteil aus einer Gruppe heraus Pyrotechnik auf Polizisten geworden worden. 17 Demonstranten seien daraufhin in Gewahrsam genommen worden. Im gesamten Gefahrengebiet habe die Polizei am Dienstag insgesamt 156 Menschen überprüft und 36 Platzverweise ausgesprochen.

Die sogenannten Gefahrengebiete sind eine seit einigen Jahren im Hamburger Landespolizeirecht verankerte Maßnahme zur Gefahrenabwehr. In diesen Bereichen kann die Polizei leichter als sonst üblich Personalien oder sogar Taschen kontrollieren. Bislang wurden solche Zonen in kleinerem Ausmaß und zeitlich befristet etwa bei Demos oder brisanten Fußballbegegnungen ausgerufen. Kritiker werfen der Polizei und dem SPD-Senat vor, mit der Einrichtung einer großen Gefahrenzone weitere Proteste zu provozieren. Einige bezweifeln auch, dass sie rechtmäßig ist.

Die Hamburger Grünen riefen alle Seiten am Mittwoch zur Mäßigung auf. „Niemand darf jetzt das Feld den Hardlinern überlassen“, erklärte Fraktionschef Jens Kerstan. Die „blindwütigen Gewaltexzesse“ der vergangenen Wochen seien nicht zu rechtfertigen, die Schaffung des Gefahrengebiets und Debatten über Gummigeschosse für Beamte seien jedoch „kontraproduktiv“. Er sei in großer Sorge, dass es weitere Eskalationen geben könne.

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12 Kommentare

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  • A
    Atmender

    Vielleicht sollten die Amis einen Präventivschlag unter Beteiligung der Bündnispartner in Betracht ziehen. Auch die Bundeswehr muß dabei ihrer Rolle gerecht werden und Verantwortung übernehmen, denn die Sicherheit Deutschlands wird im Schanzenviertel verteidigt.

  • WA
    winter ade

    habt nachsehen, schließlich müssen die amis auch für uns den winter mitertragen. und - arne hat auch ein bissel recht.

  • A
    Arne

    Danke, US-Botschaft!

    Diese Warnung sorgt dafür, dass das Bild der BRD, in denen keinerlei soziale Unruhen bestehen und in der Rechtsstaatlichkeit herrscht, deutliche Kratzer bekommt, die sich über kurz oder lang auch auf den Export auswirken werden.

    Nur so ist der herrschenden Klasse beizukommen.

  • PH
    Peter Haller

    Hiermit warne ich jeden vor VICTOR_S !

    Aber wahrscheinlich ist der ja Mitglied im hanseatischen Polizisten-Mob ! Also ist sein Erbrechen verständlich.

  • "In der Hansestadt gehen die Demonstrationen gegen die eigerichtete Gefahrenzone weiter"

    -------------------

    mich deucht, da wurde in der Eileitung ein semantisch nicht unrelevantes "n" vergessen ;) !

    undskyldig.

  • Es muss sauber geklärt werden warum die Situation seit fast einem Monat so eskaliert ist. Denn so wie es jetzt läuft, kann es nicht bleiben. Die aktuelle Polizeiführung sollte abgelöst werden und ihren Dienst künftig in irgendeiner Wüste versehen. Ihre Wasserwerfer können sie ja mitnehmen. Hamburg braucht Polizisten die lieber mit dem Hirn als mit Fäusten und Schlagstöcken arbeiten wollen. Eine Deeskalationstrategie ist gefragt. Das können die bisherigen Polizeiführer nicht, wie sie seit längerem beweisen.

  • V
    Victor_S

    Ich verstehe die ganze Diskussion nicht. Der Staat darf sich von kriminellen Gewalttätern und dem linken Mob nicht erpressen lassen. Punkt. Rechtsfreie Räume darf es nicht geben und die Gewalt gegen Polizisten muss drakonisch geahndet werden.

    Ich kann verstehen, dass die amerikanische Botschaft vor bestimmten Stadtteilen warnt.

  • BB
    Bastian Bernd

    "Auch Demonstrationen, die friedlich gedacht seien, könnten in Gewalt eskalieren"

     

    heißt das es wird auf alles geschossen was Aufrecht geht?

     

    Stand hier nicht gestern noch das die Geschichte mit der Davidwache Spinnerei von ein paar verwirrten Politikern ist?

     

    was stimmt denn nun?

  • A
    Atmender

    Hahaha, da sieht man mal, wie paranoid die Amis drauf sind. Wenn man die Zahl der jährlichen Todesopfer durch Gewalt in den USA selber bedenkt, müßte die US-Regierung eigentlich jedem Bürger dringend empfehlen, zu seiner eigenen Sicherheit auszuwandern.

    Völlig plämmplämm.

  • "Auch Demonstrationen, die friedlich gedacht seien, könnten in Gewalt eskalieren [...]"

     

    Eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Wenn im Vorfeld schon solche Thesen in den Raum gestellt werden, dann ist doch klar, dass was passiert. Schließlich bereitet man sich auf die Eskalation vor und tritt entsprechend auf (Wasserwerfer, Demo-Stopp, usw.). Worauf das hinausläuft, haben wir alle bei der Roten-Flora-Demo gesehen.

  • S
    Sven

    *ROTFL* Objektiv betrachtet dürften bestimmte Viertel amerikanischer Großstädte eine deutlich höhere Gefahr darstellen.

  • S
    serfin

    Bleibt zu erwähnen, dass der von der Polizei postulierte Angriff auf die Davidwache, der auch zur Begründung des Gefahrengebiets diente, gar nicht stattgefunden hat. Es gab lediglich Pöbeleien von Clubgängern auf der Reeperbahn und anderswo hat sich ein Streifenpolizist eine blutige Nase geholt.

    Gut scheint die TAZinterne Kommunikation wohl nicht zu funktionieren, die Hamburger TAZer und TAZerinnen wissen da differenzierter zu berichten...