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Ein Lob der Berliner VerkehrspolitikDie den Streifen lieben

Auf Berlins Straßen läuft viel schief. Die lobwürdige Ausnahme: Zebrastreifen, sagt die Fußgängerlobby der Stadt.

Auch Radler stehen auf Zebrastreifen. Oder besser: fahren darauf ab. Bild: dpa

Vorbei sind die Zeiten, in der die außerparlamentarische Opposition noch auf die Regierung schimpfte. Der „Fachverband Fußverkehr Deutschland FUSS e. V.“ ist der rührigste Verein in der Berliner Verkehrspolitik, und lange hat er auch den Senat hart kritisiert. Aber jetzt? Nichts als Lob!

Der FUSS e. V. „bedankte sich beim Senat, der Senatsverwaltung und bei den Bezirken“, heißt es in der neuesten Mitteilung. Die Politik lässt dem Verband aber auch kaum eine andere Wahl. Das Lob gibt es nämlich „für ihr kontinuierliches Anlegen von Zebrastreifen“, und das ist schon immer eine der Hauptforderungen der Fußgängerlobby. Der gute alte Zebrastreifen ist nämlich nach Ansicht von Bernd Herzog-Schlagk, dem Bundesgeschäftsführer des Vereins, „noch immer in sehr vielen Fällen die angemessene Antwort auf die Frage, wie Fußgänger sicher und komfortabel die andere Straßenseite erreichen können“.

Um die Stadt autogerecht zu machen, war die Zahl der Zebrastreifen seit Jahrzehnten kontinuierlich gesunken. Die Wende kam im Jahr 2001, als es in der Stadt nur noch rund 100 Zebrastreifen gab. Der damalige rot-rote Senat startete ein Neubauprogramm. Allein im letzten Jahr entstanden 33 neue Überquerungen, von denen jede zwischen 10.000 und 76.000 Euro kostet. Und gestern wurde dann schon der 300. Zebrastreifen den Fußgängern übergeben, und zwar am Humannplatz in Prenzlauer Berg.

Die Hauptstadt ist damit nach Ansicht des FUSS e. V. sogar bundesweit ein „Vorreiter“. Bundesgeschäftsführer Bernd Herzog-Schlagk findet es ausdrücklich „bedauerlich, wie zögerlich andere Städte trotz der hervorragenden Erfahrungen in Berlin mit der Einrichtung von Fußverkehrsquerungsanlagen umgehen“.

Aber was gut ist, kann natürlich auch noch besser werden. Nachdem der FUSS e. V. die Autofahrer gebändigt hat, möchte er sich nun auch mit den Radfahrern anlegen. Er fordert, dass die Zebrastreifenmarkierung „konsequent auch über die Radwege geführt wird“, um klarzumachen, dass auch hier die Fußgänger Vorfahrt haben. HEI

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1 Kommentar

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  • UL
    Uwe Lütge

    Bei dem vorangestellten Bild hätte man gut daran getan, darauf hinzuweisen, dass Radfahrende auf Zebrastreifen (Fußgängerüberwegen) zwar fahren dürfen, aber grundsätzlich keinen Vorrang haben, also insoweit warten müssen. Auf dem Bild schließt sich im Gehwegbereich rechts von den Platten offensichtlich ein nicht benutzungspflichtiger Radweg an, der Bordstein ist davor völlig abgesnkt (Nullbord). Auch dies beides verhilft nicht zu einem Vorrang.

    Der Verkehrsclub Deutschland VCD hat sich übrigens für Streifen quer zur Fahrbahn stark gemacht, da sie psychologisch hemmend wirken und deutlicher das Abbremsen "provozieren". Die aktuelle Form rührt wohl von den alten Römern her, wo man mit dem Karren längs durch Trittsteine durchfuhr, über die die Fußgehenden ohne Kontakt zum üppigen Straßenschmutz zur anderen Seite gelangen konnten.

    Laut Wikipedia war Berlin 1952 übrigens die erste deutsche Stadt, die einen „Fußgängerschutzweg“ einrichtete.