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Grüne kritisieren Polizei„Homosexuelle“ & „Sexualstraftäter“

Das BKA prüft 745 Tötungsdelikte neu auf einen rechtsextremen Hintergrund. Mit fragwürdigen Kategorien, wie der Grüne Volker Beck kritisiert.

Gar nicht erbaut von der Polizeiarbeit: Grünen-Rechtspolitiker Volker Beck. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Grünen üben harsche Kritik am Polizeivorgehen in der Neuüberprüfung ungeklärter Tötungsdelikte auf ein rechtsextremes Tatmotiv. Der Grünen-Rechtsexperte Volker Beck bezeichnete einen Kriterienkatalog, mit dem das BKA und die Landespolizeien die Straftaten neu aufrollen, als „unerträglich“ und forderte eine „unverzügliche“ Überarbeitung.

Seit Bekanntwerden der NSU-Mordserie überprüfen die Sicherheitsbehörden nochmals, ob 745 versuchte oder vollendete Tötungsdelikte einen rechtsextremen Hintergrund hatten. 628 der Fälle sind bisher ungeklärt. Die Ermittler bekamen für ihre Arbeit einen Indikatorenkatalog zur Hand, der erst kürzlich von der Bundesregierung veröffentlicht wurde. Darin werden sechs Kategorien genannt, die der Überprüfung der Delikte zugrunde liegen sollen: darunter die Herkunft der Opfer, ihre Religion oder ihre (linke) politische Einstellung.

Der Grüne Volker Beck kritisiert nun eine der Kategorien scharf: die der „sexuellen Orientierung“. Die Ermittler fassen darunter „z.B. Homosexuelle, Transsexuelle, Sexualstraftäter“.

In einem Protestschreiben, das Beck diese Woche an Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) schickte und der taz vorliegt, nennt der Grüne diese Zusammenfassung „unerträglich und diffamierend“. Gleiches gelte für die Kategorie „gesellschaftlicher Status“, worunter neben Obdachlosen, Drogenabhängigen und Kriminellen auch „Deutsche in Ehe-/Liebesbeziehung mit Ausländern“ genannt werden. „Das“, schreibt Beck, „grenzt an institutionalisierte gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“.

Der Grüne fordert de Maizière auf, den Indikatorenkatalog „unverzüglich überarbeiten zu lassen“ sowie die politisch und fachlich Verantwortlichen zu benennen. Das Bundesinnenministerium wollte sich am Freitag nicht zu dem Schreiben äußern. Man wolle Herrn Beck „direkt antworten“, sagte ein Sprecher. Die Bundesregierung hatte zuvor darauf verwiesen, dass der Katalog zwischen „Bund und Ländern abgestimmt“ wurde. Auch seien „polizeiinterne und externe Wissenschaftler aus dem Bereich der Rechtsextremismusforschung“ an der Erarbeitung beteiligt gewesen.

Inzwischen kommt jedoch auch Kritik vom Lesben- und Schwulenverband. Deren Vorstandsmitglied Manfred Bruns sagte, es sei zu begrüßen, dass "endlich auch die sexuelle Orientierung der Opfer" in die Tatprüfung einbezogen werde. "Die Opfer aber mit Tätern zu vermengen, ist absurd."

Seine Revision will das BKA bis Mitte des Jahres abschließen. Die bisher geprüften 745 Delikte bezeichnen die Behörden nur als „Zwischenschritt“. Die tatsächliche Zahl der Tötungsdelikte mit rechtsextremen Motiv wird deutlich niedriger eingeschätzt. Bisher hat die Bundesregierung seit 1990 bei 63 Tötungsdelikten ein rechtsextremes Tatmotiv offiziell anerkannt. Opferverbände zählen dagegen rund 150 Tote durch rechte Gewalt.

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4 Kommentare

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  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Die Anprangerung der sexuellen Orientierung war schon immer ein probates Mittel zum Stimmenfang. Für extremistische, wie auch für sogenannte demokratische Parteien.

  • jetzt hat der herr beck die logik ganz an den nagel gehängt. INCIPT WILLKÜRHERRSCCHAFT!!

     

    rechtsextreme straftsaten GEGEN v schwule und lesbebn SIND diffamierung. abbau, bekämpfung der diffamierunmg als diffamierung - ein so dummdreiste extrem arrogante überhebung über wirklich jeden funken vernünftigen denkens, die bisherige strategie

    der "opferverfolgiuung (linke, migranten, schwule. arbeitslose, obdachlose) statt täterverfolgung (rechte, neonazois) , weiterverfolgend, VON EINEDM POLTI UNDRECJHTSPROFI, zeigt die postdemokrtie, den extremen rechstutsch der grünen

    und eben die anitintellektuelle kriegserklärung - "im kleingedruckten" sozusagen.

     

    das in einer stadt mit 3 unis und vollakademisierter jurispundenz.

     

    offene BRUTALE linken verhöhnung!!

     

    sich von der eigenen ohnmacht nicht kaputtmahen LASSEN?? - ABERRT NICHT GEGEN GEGENSTRATEGENH GRÜNER HERR BECK!!!

  • VL
    Völlig logisches Vorgehen

    Wenn ein Homosexueller ermordet wird oder ein in einer Beziehung mit einem Ausländer lebende Mensch, dann sind die ermittlungstechnisch zu untersuchenden Tatverdächtigen andere als bei einem Mord unter Landwirten in Hunterhuglhapfing. Mord aus Eifersucht ist z.B. bei einem Homosexuellem wohl kaum von einer Frau ausgeführt worden. Bei einem Ehrenmord wird man andere Leute suchen als bei einem Mord in deutschen Waffenhändlerkreisen. Die Kategorien machen absolut Sinn. Ob sie ohne Hintergrundwissen und besonders ohne Nachdenken politisch korrekt klingen oder nicht. Volker Beck ist bei den Grünen völlig fehl an seinem Posten, denn dank ihm assozieren heute die meisten Leute im Land Homosexuelle mit Kinderschändern auch wenn das nirgens steht. Er erweist damit sowohl Mordermittlern als auch Homosexuellen etc. einen Bärendienst. Man hat sowieso das Gefühl, daß die Grünen zur Zeit alles machen um ja kein Fettnäpchen auszulassen. Gut gemeint ist nicht gut gemacht. Die taz versucht einen Skandal aufzublasen wo keiner ist und leider wird der Unsinn wohl auch Erfolg haben. Man fragt sich wo in der Politik und den Medien eigentlich Leute sind, die auch mal etwas anderes als das üblich Vorgekaute sagen und statt Reflexen ihr Gehirn benutzen.

  • G
    Gast

    Wir reden hier von der Kategorisierung von Opfern.

    Ein ermordeter Sexualstraftäter ist genauso ein Opfer wie ein ermordeter Homosexueller. Für Strafermittlungsverfahren die beiden voneinander zu trennen, nur damit man nicht mit "diesen" Leuten im selben Satz steht, ist mehr als überflüssig.