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Mangelnde Hygiene40.000 Tote durch Klinikinfektionen

In Deutschland infiziert sich jährlich eine Million Menschen mit Krankenhauskeimen. Experten fordern, dass Hospitäler mit hohen Infektionsraten öffentlich gemacht werden.

Krankenhauskeime, die unsichtbare Gefahr im Operationssaal Bild: dpa

BERLIN afp | In deutschen Krankenhäusern infizieren sich nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) jährlich rund eine Million Patienten mit Keimen. Etwa 40.000 Menschen sterben jedes Jahr als Folge mangelnder Hygiene in Kliniken, wie DGKH-Vorstand Klaus-Dieter Zastrow der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung vom Donnerstag sagte. Die Hälfte aller Krankenhausinfektionen ist nach Ansicht der Fachleute vermeidbar.

Zastrow beklagte, dass das Thema Hygiene in vielen Krankenhäusern nach wie vor vernachlässigt werde. Oft gelte das Prinzip: „Man kassiert Geld, aber macht keine Hygiene.“ Dabei enthalte das 2011 verschärfte Infektionsschutzgesetz „strenge Regeln, die vom Land zu überwachen sind“. Die Krankenhausbetreiber seien von den strengeren Vorschriften jedoch „nicht begeistert“. Das Thema werde auch von der Politik klein gehalten, „um Geld zu sparen“, bemängelte er.

Das Nationale Referenzzentrum zur Überwachung von Klinikinfektionen schätzt die Zahl der jährlich Infizierten auf 400.000 bis 600.000 und beziffert die Todesfälle auf 7.500 bis 15.000. Diese Zahlen seien „im Sinne der Krankenhauslobby geschönt und längst überholt“, so der Vorwurf Zastrows.

Er forderte, Krankenhäuser mit hohen Infektionsraten im Internet öffentlich zu machen. So habe der Patient die Möglichkeit zu sagen: „Da geh' ich lieber mal nicht hin.“ Hygieneverstöße müssten hart bestraft werden. „Wenn der Krankenhausleiter weiß, dass sich sein Chefchirurg nicht um Hygiene kümmert, muss er ihn feuern“, sagte Zastrow. „Das Gesetz gibt das her.“

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7 Kommentare

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  • D
    desillusionist

    Die Experten sollten die Ursachen der zunehmenden Antibiotika-Resistenzen benennen und auf eine Abschaffung drängen. Sie sind längst bekannt: 1. Laxe Verschreibungspraxis der Ärzte (keiner mit Husten soll ohne Rezept die Praxis verlassen müssen), 2. Laxe Handhabung in der Tiermast, vor allem im Bereich Geflügel.

     

    Es gibt eine inzwischen berühmt-berüchtigte Europakarte mit farblich dargestellten nachgewiesenen Häufigkeiten resistenter Keime. Die Situation ist umso besser, je restriktiver die Verschreibungspraxis für Antibiotika ist und je rigider die Quarantäne an resistenten Keimen Erkrankter praktiziert wird.

     

    Die Krankenhäuser werden die Verbreitung resistenter Keime nicht aufhalten können, wenn alles um sie herum deren Verbreitung fördert.

    • @desillusionist:

      Abschaffung von was bitte? Antibiotika oder deren Resistenzen? Ist wohl beides unmöglich. Beim Rest, insbesondere der laxen Handhabung in der Medizin, besonders aber auch in der Masttierhaltung, gebe ich Ihnen recht.

      Und nein, die Ausbreitung lässt sich nur Eingrenzen und Verlangsamen. Um sie Aufzuhalten müsste eine ganze Weile global auf Antibiotika verzichtet werden, damit die Evolution die Situation bereinigt.

      (Bakterien mit Restistenzplasmiden haben einen leichten Nachteil gegenüber ihren Artgenossen ohne Resistenzplasmid unter Umweltbedingungen ohne Antibiotikaeinfluss -> die Selektion verläuft auf lange Zeit gesehen zu Gunsten der Bakterien ohne Resistenzplasmid)

  • Ich wurde hier in Oberhausen in einer Klinik im Intimbereich infiziert, weil ich einen Intimschutz beim Röntgen tragen musste, der definitiv nicht desinfiziert war. Als Antwort auf meine schriftliche Anfrage bekam ich einen Anruf mit der Aussage, dass ich sehr wahrscheinlich an einer Desinfektionsmittelallergie (was ein Wort!) leide. Zur Zeit überprüft ein neutraler Arzt die Sache, und wehe ich habe keine solche Allergie.

  • HG
    „Helle-helle, güll-güll!“

    "Etwa 40.000 Menschen sterben jedes Jahr als Folge mangelnder Hygiene in Kliniken, wie DGKH-Vorstand Klaus-Dieter Zastrow der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung vom Donnerstag sagte. Die Hälfte aller Krankenhausinfektionen ist nach Ansicht der Fachleute vermeidbar."

     

    Ich tippe darauf, dass die "vermeidbare Hälfte" auf das Konto der tagtäglich ein und aus gehenden PatientInnen-BesucherInnen geht, da fraumann sich ja allgemein eher nicht mehr die Hände wäscht, wie man z.B. auch immer wieder in Fitnessstudios, Restaurants, etc. beobachten kann, dass sich ca. 50% aller ToilettenbesucherInnen nach ihren Notdurften nicht die Hände waschen.

  • Sowohl der Krankenhausalltag müsste dazu entschleunigt werden, damit genügend Zeit fürs Desinfizieren der Hände zwischen der Behandlung von PatientInnen da wäre, als auch der Wille, mehr Geld in den Reinigungsdienst zu investieren, so dass Zimmer nicht mehr zu Dumpinglöhnen im Akkord gereinigt werden müssen.

  • I
    ich_krieg-Nagelpilz

    das ist der Kranenkassenbeiträgen angemessen.....ein weiterer versuch der Überbevölkerung Herr zu werden.....Helau

  • Wie wäre es mit grossen Warnhinweisen, in Form von grossen Fotos als Warnung, Klinikaufenthalt kann töten und Leiche.