piwik no script img

Kinderpornografie-Affäre um EdathySchwarz-Rot will Ziercke behalten

Die Opposition fordert den Rücktritt des BKA-Chefs, weil er Ermittlungen in den eigenen Reihen nicht öffentlich gemacht hatte. Doch die Koalition hält an ihm fest.

CDU und SPD stehen hinter ihm: Jörg Ziercke Bild: dpa

BERLIN dpa | In der Edathy-Affäre will der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl an dem heftig kritisierten Präsidenten des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, festhalten. „Ich glaube, dass Ziercke im Amt bleiben kann. Er ist ein sehr guter Polizist, und ich bin froh dass wir ihn haben“, sagte Strobl dem Kölner Stadt-Anzeiger.

Der CDU-Politiker zeigte Verständnis dafür, dass Ziercke Ermittlungen gegen einen hochrangigen BKA-Beamten nicht öffentlich gemacht hatte, der auf der Käuferliste eines kanadischen Kinderpornografie-Versands stand. „Das wäre möglicherweise sogar problematisch gewesen – es ging ja nicht um einen Politiker, sondern um einen Beamten“, sagte Strobl. So wie sich ihm die Sache darstelle, seien sofort Konsequenzen gezogen und der Mann vom Dienst suspendiert worden. Strobl: „Ich kann nicht erkennen, dass da Fehler gemacht wurden.“

Einem Untersuchungsausschuss in der vom früheren SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy ausgelösten Affäre würde sich die Union laut Strobl nicht verschließen, falls Linke und Grüne das fordern. Man könne die Aufklärungsarbeit zwar auch im Innenausschuss des Bundestages fortsetzen, aber wenn die Opposition das anders sehe, „dann sollten wir das positiv begleiten“.

Gegen Edathy wird wegen Verdachts auf Besitz kinderpornografischen Materials ermittelt. Sein Fall hatte im Februar zum Rücktritt des CSU-Ministers Hans-Peter Friedrich und danach zu einer schweren schwarz-roten Koalitionskrise geführt, die bis heute andauert.

Unterstützung von der SPD

Auch die SPD verteidigt den unter Druck geratenen BKA-Chef Ziercke und weist Rücktrittsforderungen aus der Opposition zurück. „Mir geht das alles zu schnell“, sagte Michael Hartmann, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, der Passauer Neuen Presse. „Herr Ziercke ist ein über Parteigrenzen hinweg anerkannter Spitzenbeamter.“

Es sei „ein Gebot der Sorgfalt und Gründlichkeit“, den BKA-Chef noch einmal „in aller Länge“ im Innenausschusses des Bundestages anzuhören und zu befragen, bevor über weitere Schritte entschieden werde. „Ein Untersuchungsausschuss ist ein scharfes Schwert. Wer es zu oft zieht, macht es stumpf“, sagte Hartmann.

Linken-Vorsitzender Bernd Riexinger bekräftigte seine Forderung nach dem Rücktritt von Ziercke. „Ziercke ist nicht mehr zu halten. Jeden Tag ein neuer Widerspruch, so geht das nicht weiter“, sagte er der Welt. Der Vertrauensbonus sei aufgebraucht. „Die Bundesregierung täte gut daran, ihn vom Dienst zu suspendieren.“

Linke fordern erneut U-Ausschuss

Die Opposition von Linken und Grünen im Bundestag forderte ein solches Gremium am Wochenende nach dem Bekanntwerden eines Kinderpornografie-Falls bei einem hohen BKA-Beamten. Linke und Grüne haben im Bundestag nach derzeitigen Regeln keine ausreichende Mandatszahl, um den Ausschuss durchsetzen zu können.

„Der Untersuchungsausschuss wird kommen“, zeigte sich Linke-Parteichefin Katja Kipping in der Rheinischen Post zuversichtlich. Der Fall Edathy habe Probleme und Fragen zu den Sicherheitsbehörden offengelegt, die aufgeklärt werden müssten. „Der Ausschuss ist Notwehr gegen die Vertuschungsmentalität in Regierung und Sicherheitsbehörden.“

Kipping geht davon aus, dass auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) vor dem Gremium aussagen müssen. Zudem müsse sich Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) fragen lassen, warum er an einem BKA-Präsidenten festhalte, der nicht mehr zu halten sei.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare