Studie zu afrikanischen Landarbeitern: Fairer Handel, niedrige Löhne
Laut einer Studie sind Löhne in Regionen, die von Fairtrade-Erzeugern dominiert sind, niedriger als in Gebieten mit konventionellen Erzeugern.
BERLIN taz | Der Verkauf von Produkten mit dem Fairtrade-Siegel verbessert einer neuen Studie zufolge nicht die Lebensbedingungen der Landarbeiter in Äthiopien und Uganda.
„Wo Fairtrade-Blumen angebaut wurden, und wo Farmergruppen Kaffee sowie Tee auf Fairtrade-Märkten verkauften, waren die Löhne sehr niedrig“, erklärte das durch die britische Regierung finanzierte Autorenteam von der University of London. Diese seien „normalerweise höher in vergleichbaren Gebieten und bei vergleichbaren Arbeitgebern gewesen, die die gleichen Produkte erzeugt haben, aber bei denen es keine Fairtrade-Zertifizierung gab.“
Zudem hätten die Landarbeiter oft keinen Zugang gehabt zu Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen, Kliniken und Sanitäranlagen, die mit dem Preisaufschlag für Fairtradeprodukte bezahlt werden. Diese Ergebnisse beziehen sich nicht auf die Bauern, sondern deren Beschäftigte – zum Beispiel Erntehelfer. „Wir wollten uns auf den bisher am wenigsten erforschten und am meisten ignorierten Aspekt konzentrieren“, teilte Hauptautor Christopher Cramer der taz mit.
In den untersuchten Gegenden waren ein Drittel bis die Hälfte der registrierten Erwachsenen Landarbeiter. Weltweit sind 1,2 Millionen Bauern Mitglied in Fairtrade-Erzeugerorganisationen. Die Forscher berufen sich unter anderem auf 1.700 Interviews mit Betroffenen.
Die Fairtrade-Organisationen etwa in Deutschland oder Großbritannien werben damit, dass sie mit den höheren Preisen, die die Verbraucher zahlen, bessere Bedingungen für Bauern und Arbeiter in Entwicklungsländern sicherstellten. Deshalb müssten Importeure bei den meisten Produkten einen festgelegten Mindestpreis garantieren.
Wenig Aufmerksamkeit für Lohnthemen
Dazu komme eine Fairtrade-Prämie, die die Produzentenorganisationen in soziale und wirtschaftliche Projekte investierten. Die Löhne auf großen Plantagen beispielsweise müssten mindestens so hoch sein wie die regionalen Durchschnitts- oder die gesetzlichen Mindestlöhne. Doch wenn die Arbeiter von Kleinbauern-Organisationen beschäftigt werden, die weniger als 20 Arbeiter beschäftigen, würde Fairtrade „Lohnthemen ziemlich wenig Aufmerksamkeit“ schenken, heißt es in der Studie.
Die Wissenschaftler empfehlen denn auch, die Fairtrade-Standards und -Kontrollverfahren zu ändern. Diese müssten sicherstellen, dass auch die Lohnarbeiter von Farmen mindestens genauso viel kassieren wie in konventionellen Betrieben. Bisher seien solche Reformen aber am Widerstand der Kleinbauern-Vertreter im zuständigen Gremium gescheitert, sagte Claudia Brück, Sprecherin von TransFair Deutschland.
Die britische FairTrade-Stiftung und Fairtrade International bestritten in Stellungnahmen zu der Untersuchung nicht, dass Landarbeiter in von Fairtrade-Farmen dominierten Regionen im Schnitt weniger verdienten als ihre Kollegen aus Gebieten, die von konventionellen Betrieben dominiert werden. Fairtrade Großbritannien warf den Autoren der Studie jedoch „bedeutende Fehler“ vor. Es sei „falsch, dass Fairtrade nicht das Leben der Armen verbessere.“ Viele unabhängige Untersuchungen hätten Vorteile für arme Bauern und Arbeiter belegt.
In Uganda hätten die Wissenschaftler nur eine von fünf Organisationen kleiner Teebauern mit Fairtrade-Zertifizierung untersucht. „Viele von diesen verkaufen höhere Anteile ihres Tees unter Fairtrade-Bedingungen“ als der von den Forschern untersuchte Erzeugerzusammenschluss. Bauern, die aber nur einen kleinen Teil ihrer Ernte mit dem Fairtradesiegel absetzen, könnten auch nur wenige Vorteile, etwa an ihre Saisonarbeiter, weitergeben. „Die Studie hat nicht abgeschätzt, wie viel jede zertifizierte Bauernorganisation unter Fairtrade-Bedingungen verkauft.“
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