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Volksentscheid über Verwaltung gefordertVerein will sieben Hamburgs

„Mehr Demokratie“ will Hamburg in sieben selbstständige Kommunen mit eigenen Parlamenten und Verwaltungen auflösen.

Weiterbauen oder lieber nicht? Als eigenständige Kommunen könnten die Bezirke selbst bestimmen. Bild: dpa

Der Verein „Mehr Demokratie“ möchte aus einem Riesen sieben Zwerge machen und kündigte einen Volksentscheid über die Aufsplitterung des Stadtstaates in eigenständige Kommunen an. Der Volksentscheid könnte im Herbst 2017 „parallel zur nächsten Bundestagswahl“ stattfinden, sagte Vorstandsmitglied Manfred Brandt im Hamburger Abendblatt in einem Streitgespräch mit dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Andreas Dressel.

In einer Zeit, in der „die Kooperation in der Metropolregion ausgebaut“ werde, werden mit „einer Rückkehr zur Kleinstaaterei nur neue Probleme geschaffen und kein einziges gelöst“, sagte Dressel.

Auch die anderen Fraktionen im Rathaus stehen der Idee ablehnend bis skeptisch gegenüber. „Hamburg ist kein Flächenland“, sagt der grüne Fraktionschef Jens Kerstan. Die komplette Zerschlagung der Verwaltungsstruktur sei wenig sinnvoll.

Grüne und auch Linke favorisieren ein anderes Modell. Sie wollen die Amtszeit von Bezirksamtsleitern an die Wahlperiode der Bezirksversammlungen anpassen. Damit werden die BewerberInnen – ähnlich wie bei den Bürgerschaftswahlen – zu SpitzenkandidatInnen und somit werde die Kommunalwahl aufgewertet. Die FDP spricht sich für die Direktwahl der Bezirksamtsleiter durch das Volk aus.

Die Bezirke

Hamburg ist als Bundesland und Stadt zugleich eine Einheitsgemeinde.

Die Stadt ist gegliedert in die sieben Bezirke Mitte, Altona, Eimsbüttel, Nord, Wandsbek, Bergedorf und Harburg.

Am 25. Mai fanden die Bezirkswahlen erstmals zusammen mit der Europawahl statt. Bisher gingen sie stets zusammen mit Bürgerschaftswahlen über die Bühne. Die Wahlbeteiligung sank auf den Minusrekord von 41,0 Prozent.

Die Bezirksversammlungen sind keine Parlamente, sondern Verwaltungsausschüsse. Ihre Größe richtet sich nach der Einwohnerzahl. Wandsbek hat 57 Sitze, Bergedorf 45 Sitze, alle anderen 51 Sitze.

Mehr Demokratie begründet den Vorstoß mit der schwachen Beteiligung von nur 41 Prozent an den Bezirksversammlungswahlen am 25. Mai. Diese waren, wie von Mehr Demokratie durchgesetzt, erstmals zusammen mit der Europawahl durchgeführt worden.

Die geringe Wahlbeteiligung erklärte Brandt damit, dass die Bezirke zu wenig Macht hätten. Erhielten sie mehr Kompetenzen oder werden die Bezirke zu eigenständigen Städten, stiege laut Brandt auch die Wahlbeteiligung.

Nach der Sommerpause will Mehr Demokratie einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen. Antworten auf zwei Fragen müsste der Verein bis dahin aber noch geben: Wie soll die Idee finanziell funktionieren? Und wie soll die zusätzliche Bürokratie mit einer Landesregierung und sieben Großstadtverwaltungen gerechtfertigt werden?

Eine Volksinitiative, die erste von drei Stufen der direkten Demokratie, soll nach dem Willen von Mehr Demokratie dann Anfang 2015 parallel zum Bürgerschaftswahlkampf durchgeführt werden.

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3 Kommentare

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  • Klingt nach was. Herr Brandt will bloß leider mehr Gemeinden als aktuell Bezirke. Das halte ich für unnötig.

     

    Mein Vorschlag: Es gründen sich innerhalb des Landes Hamburg die vier Gemeinden Wandsbek, Altona, Harburg-Wilhelmsburg sowie Hamburg. Die ersten beiden wechseln anschließend zu Schleswig-Holstein, Harburg-Wilhelmsburg nach Niedersachsen und die Restgemeinde Hamburg wird entsprechend, als einzige Gemeinde, wieder eins mit dem Bundesland Hamburg. Außerdem kommt das niedersächsisch besetzte Ritzebüttel zurück nach Hamburg und die Stadt Lübeck wird ein Bundesland Deutschlands (später der Europäischen Föderation nach Auflösung der Bundesrepublik).

     

    Damit sollten alle zufrieden sein und ein Kapitel aus düsteren Zeiten Deutschlands kann somit auch wieder beseitigt werden.

  • Ja, und warum nur sieben?

    Soll unser schönes Farmsen etwa dann von Wandsbek regiert werden?

    Da kommen wir doch vom Regen in die Traufe!

  • Eine Aufteilung in 7 Bezirke würde wahrscheinlich im absoluten Chaos enden. Wir sehen ja, wie uneinig sich die Bundesländer in vielen Dingen sind - und das hier in einer Stadt wünsche ich mir nicht. Die geringe Wahlbeteiligung sehe ich jedoch nicht darin, dass der Wähler den Kommunen wenig Machteinfluss einräumen. Die Wahlverdrossenheit ist bundesweit, und am schlimmsten war am 25. Juni, dass es doch auch um die Europawahl ging. Und da verstehe ich Niemanden, der nicht wählen geht. Denn von Deutschland aus kann man an der Europapolitik wenig bis gar nichts ändern. Derzeit sehe ich von Brüssel eine Gefahr ausgehen, der sich viele Menschen erst bewusst werden könnten, wenn es zu spät ist. Ist es ja auch in etlichen Bereichen bereits geschehen. Nationales Recht, dass die Deutschen sich über lange Zeit erarbeitet haben, wird durch die EU aufgeweicht bis zerstört.