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Kommentar Gedenken am D-DayGruß aus Stalingrad

Daniél Kretschmar
Kommentar von Daniél Kretschmar

Die Alliierten mögen den Zweiten Weltkrieg in der Normandie gewonnen haben. Verloren hat Deutschland ihn in Russland, gegen die Rote Armee.

Militärenthusiasten vor dem Gedenktag in Vierville sur Mer. Bild: dpa

E s ist nur menschlich, eine Erzählung der eigenen Geschichte zu suchen, wo Gutes, Wahres, Schönes dominiert, wo Humanität sich zu neuen Höhen aufschwingt zum Nutzen aller. Eine Erzählung in der unsere heutige Existenz, wenn vielleicht noch nicht die Krönung, so doch ein wichtiger Schritt auf dem richtigen Weg ist.

Das aber will schon nicht klappen, wenn man die Nase hinter die Kulissen jeder beliebigen anderen nationalen Erzählungen hält – praktisch immer stinkt's da nach Leichen. Überhaupt unmöglich wird der feine Narrativ jedoch in dem Land, dessen Rechtsvorgänger als Feuerwalze über die Welt gerollt ist und dabei die industrielle Vernichtung der Juden betrieb.

Wie also das unangenehme Gefühl loswerden, es wäre nur gerecht gewesen, die Alliierten hätten zwischen „Maas und Memel, Etsch und Belt“ alles einfach rückstandsfrei niedergebrannt? Zum Beispiel so: Man schlägt sich auf die richtige, die gute Seite. Je nachdem, aus welchem der beiden deutschen Nachkriegsstaaten wir kommen, haben wir unser Zipfelchen vom Tischtuch der Guten entweder bei den tapferen Verschwörern vom 20. Juli abbekommen oder beim aufopferungsvollen kommunistischen Widerstand.

In DDR-Geschichtslehrbüchern wurde ganz im Sinne des guten, des antifaschistischen, des siegreichen Patriotismus selbst in den 1980er Jahren noch Stalin bemüht, der gesagt haben soll: „Die Hitlers kommen und gehen, aber das deutsche Volk wird es immer geben.“

Ausgleichende Geste

Was gewiss als taktisch überlegte und versöhnend ausgleichende Geste die Besiegten und zur Reparation Verpflichteten beruhigen sollte, kann rückblickend gerne auch als Drohung verstanden werden, denn eines ist gewiss: Das deutsche Volk ist geblieben und hat sich spätestens mit der Wiedervereinigung ein Gemeinwesen geschaffen, zu dessen Tugenden nicht unbedingt Demut vor den Opfern des und den Befreiern vom Faschismus gehört.

So freut es denn schon fast, dass, wie kolportiert wird, Angela Merkel die Teilnahme Wladimir Putins an den diesjährigen Feierlichkeiten zur Landung in der Normandie dringend empfohlen haben soll. Die Ironie ist der Geschichte eingeboren – versöhnliche Worte von den Nachkommen der Besiegten an den weltpolitischen Aussenseiter.

Dieser Tag kündigt sich an, seit Helmut Kohl und François Mitterrand in Verdun Hand in Hand der Toten gedachten. Das waren noch die des ersten Weltkriegs – an den Feierlichkeiten zum D-Day durfte der deutsche Kanzler 1984 nicht teilnehmen. Da war die Erinnerung daran, wer diesen Krieg warum geführt hat noch zu frisch, die Tätererzählung zu lebendig.

Die Leidenserzählung

In diesem Jahr nun kann Angela Merkel im Sand der Normandie gemeinsam mit den Vertretern der Siegermächte darüber reflektieren, wie weit es Deutschland seit dem 6. Juni 1944 gebracht hat. Jenem Tag, an dem die totale Niederlage des deutschen Faschismus mit der Eröffnung der von sowjetischer Seite lang ersehnten Front in Frankreich in greifbare Nähe rückte.

Ersehnt nicht etwa deshalb, weil Deutschland anders nicht in die Knie zu zwingen war. Die Höhe des Preises aber für die Beendigung des totalen Kriegs stand zur Diskussion. Die Toten waren in Millionen zu zählen, die Invasion rettete Unzählige. Besiegt waren unsere Großeltern da schon längst - und seit Stalingrad wussten sie das auch.

Stalingrad, dieser Ort, der in Deutschland nur als Leidenserzählung der 6. Armee unter General Paulus existiert: Hunderttausende die im grausamen Winter verreckten, von den endlos anrennenden Rotarmisten aufgerieben und von Hitler im Stich gelassen. Dort fand der deutsche Wahn sein klägliches Ende von der Hand des Russen, des Iwans, des slawischen 'Untermenschen'. Daran erinnert sich der Herrenmensch nicht gerne; und wenn er sich schon erinnern muss, dann besser als Opfer.

Täter, Opfer, Umdeutung

Diese Umdeutung der eigenen Soldaten zu Opfern eines quasi übernatürlichen Geschehens, und das Vergessen ihres Wirkens als Täter funktioniert naturgemäß im eigenen Lande am besten. Mit hinreichend geduldigem Wirken vertrauensbildender Maßnahmen nehmen aber auch die früheren Gegner die Erzählung auf. „Das Böse“ wird derweil auf eine telegene Person, Hitler, reduziert, der ganze Rest waren nur bedauerliche Schachfiguren in einem monströsen Spiel.

Wiederum Helmut Kohl gelang es schon recht früh, diese Kriegserzählung im öffentlichen Bewusstsein zu verankern. Als er 1985 zusammen mit Ronald Reagan den deutschen Soldatenfriedhof in Bitburg besuchte und dort Kriegsteilnehmer beider Seiten sich die Hände über den Gräbern von SS-Männern reichen ließ, rehabilitierte er die Mitglieder der verbrecherischen Organisation soweit es eben ging: als Opfer unter Opfern des großen Krieges.

Die Frage nach dem Unterschied von Tätern und Opfern, die Frage nach der Schuld war in den Hintergrund gestellt. Was damals noch den handfesten Historikerstreit auslöste, würde heute wohl nur mit Achselzucken zur Kenntnis genommen werden. Außer vielleicht – in Russland.

Omaha Beach, Stalingrad, Auschwitz

So wird also der D-Day dieser Tage ganz nüchtern als militärische Operation wahrgenommen – beeindruckend in seiner logistischen Ausführung, auf seine Weise kriegsentscheidend, ausgefochten jedoch zwischen zivilisierten Nationen – mit großen persönlichen Opfern auf beiden Seiten. In Stalingrad aber wurde das deutsche Wesen gebrochen. Dort wurde der Krieg wirklich verloren. Das haben wir nicht vergessen und die Russen auch nicht.

Ein angemessenes Gedenken an den Zweiten Weltkrieg zu finden, in Deutschland zumal, scheint eine schwierige Angelegenheit zu sein. Da gilt es, alle möglichen Befindlichkeiten zu beachten und neue geopolitische Konstellationen. Dabei könnte es so einfach sein: Man muss sich freuen, verloren zu haben.

Egal ob Putin seine Staatsgäste von zwei Dobermännern begleitet auf einem Bären reitend empfängt. Anders geht’s nicht. Unsere Helden können eben nur jene sein, die im Kampf gegen Massenmörder ihr Leben einsetzten. Die Massenmörder aber waren unsere Großeltern – in Omaha Beach, in Stalingrad, in Auschwitz.

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Daniél Kretschmar
Autor
Jahrgang 1976, Redakteur für die tageszeitung 2006-2020, unter anderem im Berlinteil, dem Onlineressort und bei taz zwei. Newsletter unter: https://buttondown.email/abgelegt
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25 Kommentare

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  • @ Gabriel Renoir

    (nebenbei, ein schöner Name, immerhin ein Name, wenigstens)

     

    Rußland liegt ökonomisch eben nicht "eher unter ferner liefen"! Auch ohne Gasvorkommen sähe es in Rußland keineswegs düster aus. Dieses riesengroße Land hat noch ganz andere Ressourcen zu bieten. Das glaube ich. Sonst wäre "der Westen" nicht so scharf darauf, dieses Land mit seinen zaghaft-halbherzig Demokratie aufbauenden Regierungschefs, jetzt eben Putin als willkommender ehemaliger Sowjet und KGB-Agent, endlich demütig in die Knie zu zwingen. "Dem Westen" geht es doch nicht um fehlende Menschenrechte in Rußland, sondern knallhart um die dort schlummernden Ressourcen!

     

    "Rußland-Versteherin"bedeutet nicht, unbedingte "Rußland-Befürwortende"/"Rußland-Akzeptierende" zu sein. Gemäß dem Sozialdemokraten und Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt mit seinem "durchaus verständlich".

     

    (Achselzucken) Meine Überlegung, die niemand teilen muß.

    • @Gerda Fürch :

      Es könnte sogar so sein das Russland gewisse Sanktionen ganz gut tun würden und man sich auf alte Stärken zurückbesinnt. Auch muss (leider) die arbeitsteilige Wirtschaft aus Sowjetzeiten überdacht und teilweise korrigiert werden müssen (dabei auch ganz klar Urheberrechtsfragen, Patente usw. geklärt werden). Bestimmte Waren auf die Menschen ohne große Probleme verzichten können, die aber interessanterweise gleichberechtigt beim erstellen von Wirtschaftsindizes herangezogen werden, wird in Russland auch kaum jemand vermissen. Die Lieferung von Rohstoffen müssen planmäßig zurückgefahren und durch veredelte Produkte ersetzt werden. Immer im Blick halten das die Rohstoffe heute die Grundlage der Wirtschaftsmacht von Morgen sein können und nicht leichtfertig an „Mitbewerber“ verschleudert werden dürfen btw. Mit dem drolligen Namen ist mir auch schon aufgefallen ,erinnert mich irgendwie an den Maler

  • Zu Auschwitz:

     

    Auch hier meine mich immer noch bewegende Frage, weil ich bis heute nicht verstanden habe:

     

    Warum haben 1944 die vier eng verbündeten Alliierten mit ihrer sehr erfolgreichen Luftwaffe die allen bekannten Bahnstrecken, die direkt in das riesengroße KZ Auschwitz führten, n i c h t bombardiert? Hunderttausende Juden hätten vor dem Transport in den schrecklich grausamen Tod durch Gas und Verbrennung gerettet werden können, wenn diese Bahnstrecken gezielt zerstört worden wären.

     

    Denn auch die Bahnstrecken, die direkt in die Mitte Berlins zum sogenannten "Führer"-Hauptquartier und Befehlsquartier der Reichswehr führten und als gute Orientierungshilfe für die alliierten Truppen mit Luftwaffe dienten, so hieß es in Erinnerungen meiner bereits alten Eltern *), Onkel *) und Tanten *), waren allen genauestens und bestens bekannt.

     

    *) Jahrgänge 1897 bis 1909.

    • @Gerda Fürch :

      1weil die IG Farben eine International tätige Aktiengesellschaft war mit Investoren aus GB und USA einschließlich -und das macht die Sache besonders unverständlich, vieler die sich zum jüdischen Glauben bekannten -dieses gilt übrigens für viele damalige Transnationale Konzerne -die und auch das ist erschütternd Die NSDAP mitfinanziert haben...

  • Die Landung in der Normandie war für die Kriegsentscheidung bestenfalls eine Randnotiz -( wenn auch unter großen persönlichen Opfern aller beteiligten Alliierten) Früher hätte sie strategische Bedeutung haben können durch begleitet durch das weitere Vorrücken von Italien nach Frankreich- hätte das sinnlose Töten deutlich früher allerdings unter wesentlich größeren Westlichen Opfern beendet werden können. In der Realität wurden zuerst natürlich die britischen Kolonien freigekämpft oder erweitert (bis Griechenland) Amerikanische Einflusssphären neugestaltet zunächst Italien, Orient usw. Auch nach Landung der Alliierten wurde unter (anderem nach Valin) noch ein Separatfrieden von Nazi Deutschland und insbesondere GB und ein gemeinsamer Kampf gegen den Bolschewismus diskutiert.

    Ohne äussere Hilfe wäre die Fähigkeit Deutschland Krieg zu führen (nach Expertenmeinung) spätestens nach der Abschneidung von Rumänischen Erdölgebiete in ca 6 Monaten buchstäblich verhungert. Frankreich hätte sich selbst befreit und das Wichtigste es hätte außer einer französischen keinerlei US- amerikanische, englische- kanadische Besatzungsgebiete bzw. einen solchen Anspruch gegeben. Also wurde es höchste Zeit für eine Invasion um sich Einflusszonen, technische Errungenschaften, humane Ressourcen, Patente und nicht zuletzt auch den Deutschen Goldschatz anzueignen. Die Operation Covent Garden hatte sogar das Ziel schnell auf das Gesamte Reichsgebiet vorzudringen und Jalta hin oder her den „Russen draussen zu halten“.

    • @NETS_ROT:

      Wie es um die Schlagkraft der (West)alliierten und ihrer Aufklärungsdienste bestellt war zeigt sich nicht zuletzt das Fiasko dieser Operation sowie der Ardennenoffensive die ohne sowjetischen Entsatz und ausreichend Treibstoff und Nachschub die schon im Ansatz interessanterweise hauptsächlich im US Sektor fast gescheiterten Landungsoperation fast wieder zurückgeworfen hätte.

      Übrig bleiben eine mediengehypte angeblich Westliche Befreiung vom Hitlerfaschismus, unter dem Strich gekürztes Leiden der Franzosen, Belgier, Niederländer, und auch Deutscher und das Schaffen der Voraussetzungen für den nächsten (kalten)Krieg - dafür war man dann auch bereit Kriegsgewinnler nicht zu enteignen, Nazis zunächst aus der Schusslinie später in einflussreiche Positionen zu hieven und Sabotage und unter Radarkriege gegen seinen Ehemaligen Bündnisspartner zu führen -ein Umstand der viele heutige Probleme erklärt

  • Das Denkmal für die Nation mit den größten Opfern wird nicht kommen, weil der Sowjetrusse bis heute, auch wenn er den Sowjet abgelegt hat, als Untermensch für die Herrschaftsideologen des Westens herhalten muss. Schon gegen Ende des Krieges hat Hitlers Spionagechef Gehlen richtig bemerkt, dass die Amerikaner mit ihrem Aufmarsch in der Normandie warteten, bis die Rote Armee an der Ostfront ordentlich ausgeblutet war. Mitten im heißen wurde also durch schäbiges Kalkül bereits der Grundstein für den Kalten Krieg gelegt. Gehlen führte dann nach Kriegsende den Kampf gegen den slawischen Untermenschen weiter, indem er bereits ab 1949 die Aufrüstung der Bundesrepublik Deutschland in Gestalt von geheimen milizartigen Armeekorps vorantrieb – wohlgemerkt unter den wohlwollenden Blicken Adenauers und mit finanzieller Unterstützung durch die CIA und ideologischer durch den BND. Der Rest ist bekannte Geschichte; und so lange die Bundesrepublik Deutschland quasi den exterritorialen 51. US-Bundesstaat abgibt, wird kein Denkmal für die größte Opfergruppe in Osten unseres Kontinents errichtet werden.

    Bernd Schoeps

    • @Bernd H. Schoeps:

      Eventuell hat das Fehlen von Denkmälern aber auch mit den Erfahrungen zu tun welche viele Deutsche mit der Sowjetunion in der Endphase des Krieges und als Siegermacht gemacht haben - nur mal so am Rande.

      • @Waage69:

        Tschuldigung, ich vergaß: die Russen haben ja weder Kaugummi noch Seidenstrümpfe auf das deutsche Volk regnen lassen. Könnte es vielleicht daran gelegen haben, dass sie - im Gegensatz zu den Amerikanern, die auf eigenem Territorium keinen kaputten Grashalm durch den Hitlerfaschismus zu beklagen hatten - bis auf's Blut um ihr Überleben kämpfen mussten? Man kann es bedauern oder beklagen, aber am Streicheln der Deutschen mit Wattebäuschchen war den Russen bestimmt nicht gelegen.

        Bernd Schoeps

        • @Bernd H. Schoeps:

          Das Verhalten der "Russen" war durchaus nachvollziehbar, trotzdem kann man von den "Deutschen" kaum erwarten, dass sie, über die Instandhaltung und Pflege von sowjetischen Soldatenfriedhöfen (Gefallene, Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter) hinaus noch Denkmäler z.B. für Stalins Armee aufstellen.

           

          Um an dieser Stelle aber kein unnötiges Hickhack ausbrechen zu lassen: das Anliegen des Autors, den übergroßen Anteil der Sowjetunion am Sieg über (Hitler) Deutschland zu würdigen finde ich nötig - unnötig ist allerdings meiner Ansicht nach ist die Verunglimpfung der kompletten Großelterngeneration als Massenmörder.

  • Wäre es möglich, daß Autoren der TAZ zwischen Bürgern der Sowjetunion und ethnischen Russen differenzieren und auf diesem Wege auch honorieren, daß es neben "den Russen" auch viele Angehörige nichtrussischer Bevölkerungsgruppen waren, die gegen Nazi-Deutschland gekämpft und dafür auch ihr Leben gelassen haben? Verkürzungen wie in diesem aktuellen Artikel hier sind nicht gerade geeignet, wieder im Aufmarsch befindlichen Nationalismen etwas entgegenzusetzen und damit zu Entspannung und einer friedlichen internationalen Politik beizutragen.

    • Daniél Kretschmar , Autor des Artikels, Autor
      @Irma Kreiten:

      Point taken.

  • Auf einem Sylter Friedhof gibt es eine Ehrentafel für die im II. Weltkrieg gefallenen deutschen Soldaten, getrennt nach West- und Ostfront. Die Proportionen dieser beiden Kategorien sagen mehr als dicke Historikerstudien: Auf einen an der Westfront Gefallenen kamen neun an der Ostfront. Der eigentliche II. Weltkrieg fand folglich im Osten statt. Dort starben mehr Menschen, sei es als Kombattanten oder Zivilisten, als je in Kriegen in so kurzer Zeit gestorben sind. Es war nicht nur der opferreichste Krieg der Menschheitsgeschichte, er war überdies auch der erste, als solcher auch explizit deklarierte Weltanschauungskrieg, anfangs im Namen einer sich als überlegen gerierenden germanischen Herrenrasse gegen die als minderwertig und lebensunwürdig diffamierte „bolschewistisch-jüdisch-slawische Untermenschenrasse“, in der Niedergangsphase als Verteidigungskrieg des zivilisierten „Europa“ gegen die asiatisch-bolschewistischen Horden aus dem Osten. Er war die bellizistische Fortsetzung des hitleristischen Kernprogramms, die „Ausrottung des Marxismus mit Stumpf und Stiel“, wie es der frisch ernannte Reichskanzler der Reichswehrführung am 3. Febr. 1933 versprochen hatte. W. Brandt hat sich in einer historisch einmaligen Demutsgeste vor dem Warschauer Denkmal des Ghettoaufstandes für die in deutschem Namen verübte Shoa entschuldigt. H. Kohl und F. Mitterand reichten sich in konzilianter Geste über den Gräbern von Verdun die Hände, die deutsch-französische „Erbfeindschaft“ endgültig beendend. G. Schröder hat mit seiner Teilnahme an den Gedenkfeiern in der Normandie 2004 eindeutig Farbe bekannt. Sogar kleineren Opfergruppen wie den Schwulen und den Sinti und Roma werden eigene Denkmäler gewidmet. Wann wird deutscherseits endlich der größten aller Opfergruppen und dem mit Abstand wichtigsten Kriegsfeind Hakenkreuz-Deutschlands eine ebenbürtige Ehrung und Geste der Versöhnung zuteil?

    • @Reinhardt Gutsche:

      Guter Punkt, Herr Gutsche.

  • 3G
    372 (Profil gelöscht)

    Daniél - und Dein Opa auch? Hat er dir was erzählt?

    • @372 (Profil gelöscht):

      Können Sie bitte Ihren Beitrag erläutern. Ich versteh ihn selbst nach längerem Nachdenken nicht. Keine Ironie!

    • Daniél Kretschmar , Autor des Artikels, Autor
      @372 (Profil gelöscht):

      Keine hinreichend früh geborenen (männlichen) Verwandten lebend kennengelernt. Bei den Toten ist vom Gefreiten an der Ostfront bis zum SS-Mann mit mir unbekanntem Einsatzgebiet alles dabei.

  • Als ich Anfang der 1960er Jahre nach Deutschland kam, wurde z. B. der Getto aufstand von Warschau in der Presse von "den Deutschen Besatzern" niedergeschlagen. Jetzt sagt man durchgehend in der Presse, dass der Gettoaufstand von den "Nazis" niedergeschlagen wurde. Genauso ist die "Sprachregelung" bei anderen von Deutschen Soldaten im Ausland begangenen Verbrechen. Die Deutschen verschwinden so aus der Berichterstattung über deutsche Verbrechen und machen obskuren, nationalitätslosen "Nazis" platz. Eine Geschichtsklitterung, über die anscheinend in der gesamten deutschen Presse und Öffentlichkeit seit Jahren Konsens herrscht.

  • Toller Kommentar! Mein Fazit: Nie mehr mit der halben Wahrheit abfinden, wenn man die Ganze haben kann. Alles hinterfragen, was in Deutschland von anderen Ländern und deren Politik gesendet oder geschrieben wird. Auch wenn die Gesellschaft einem deshalb dreckige Etiketten verpasst. Meine Mutter hat im II. Weltkrieg drei Brüder und ihr ganzes Hab und Gut verloren und wir, ihre Kinder, haben miterleben müssen wie sie später daran zugrunde ging. Nein, ich werde niemals dem Krieg das Wort reden. Für keine Macht der Welt. Denn zahlen werden ihn immer die kleinen Leute. Sie sind am leichtesten zu manipulieren.

  • ...nach all der Anbiederei der Grünen nicht nur in der Ukrainefrage ein herzerfrischender Kommentar! Und wenn Polen sich heutzutage aufregen, möchte man daran erinnern, dass Polen nach 1938 sich ein paar tschechoslowakische Landstriche in Kooperation mit den Nazideutschen angeeignet hat. nachdem es eine Verteidigung der ČSR verhindert hatte, indem es ein allfälliges Durchmarschrecht der SU verweigerte.

    Der Kommentar ist richtig gewichtet, weil das Deutsche Reich eben in der damaligen Phase eindeutig der aggressive Part war. den Part haben die VStA inzwischen unter einem menschenfreundlicheren Deckmantel übernommen. Da darf Frau Merkel, die als Mutti durchaus verkannt wird, allemal nicht fehlen.

    • @Gottfried Scherer:

      Die USA haben einen Rückzug aus der Politik der Militärintervention vollzogen.

       

      Ohne den Einsatz der USA wäre der 2. WK von Hitler evtl gewonnen worden. Die USA haben Stalin mit Waffen versorgt, und mehrer Fronten aufgemacht, Italien, Normandie, Luftkrieg. Ohne die Unterstützung der USA hätten die Briten weit weniger veranstalten können.

      • @Gabriel Renoir:

        neues aus dem Märchenwald - der Fuchs will die Hühner in Ruh lassen, und die Katze das Mausen lassen -ach ja auch will der Fuchs sich die Zähne brechen -nur der Igel glaubt es nicht ... frei nach einer Fabel

        • @NETS_ROT:

          Russland liegt auch jetzt ökonomisch eher unter ferner liefen. Wenn es kein Gas zu verkaufen hätte, sähe es düster aus. Man nehme einmal die Lebenserwartung russischer Männer, 64 Jahre. Was für ein Land!

          • @Gabriel Renoir:

            Sie haben es nicht verstanden np

  • Die Massenmörder aber waren unsere Großeltern – in Omaha Beach, in Stalingrad, in Auschwitz.

    wohl wahr!