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Tabakkrieg in DeutschlandZweiter Sieg gegen Goliath

Die weltgrößte Tabakmesse hatte gegen eine ähnlich benannte Website geklagt, die von Nichtraucheraktivisten betrieben wird. Nun hat sie verloren.

Immer gern in Aktion: Der Verein „Forum Rauchfrei“ Ende Mai vor dem Bundesfinanzministerium. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Nichtraucheraktivisten haben schon wieder gewonnen. Das Bündnis „Dortmund Kills“ darf eine Webseite unter der Domain intertabac.org weiterbetreiben, auf der User automatisch auf seine Homepage weitergeleitet werden.

Dort mobilisieren die Aktivisten gezielt gegen die Messegesellschaft Westfalenhallen Dortmund GmbH, die für die weltweit größte Tabakmesse verantwortlich zeichnet. Der Stein des Anstoßes: Die Messe trägt den Titel „Inter-tabac“.

Eingetragen ist die umstrittene Domain auf Johannes Spatz, den Sprecher des Vereins „Forum Rauchfrei“, der zu dem Bündnis gehört. Die Messegesellschaft - eine 100-prozentige Tochter der Stadt Dortmund – verklagte ihn vor dem Schiedsgericht der UN-Organisation für geistiges Eigentum (WIPO).

Konkret warf sie ihm vor, ihre Handelsmarke unrechtmäßig zu benutzen. Sein einziges Ziel sei, dem Ausrichter der Inter-tabac zu schaden. Spatz könne auch nicht geltend machen, dass er selbst ein „berechtigtes Interesse“ an der konkreten Domain habe – schließlich betreibe er selbst kein Unternehmen, das mit Tabak zu tun habe. Offenbar wolle er sich nur selbst bereichern.

Lobby mit mächtiger Unterstützung

Die Richterin entschied nun, dass die Messegesellschaft zwar in den ersten beiden Punkten recht habe, der Vorwurf, Spatz habe sich selbst bereichern wollen, sei aber nicht haltbar. „Forum Rauchfrei“ wird von Stiftungen finanziert, der Sprecher arbeitet ehrenamtlich. Damit, so die Richterin, reichten die Vorwürfe nicht aus, um Spatz das Betreiben der Domain zu verbieten.

Für den Verein ist das bereits der zweite Erfolg gegen die Raucherlobby: Als Teil des Aktionsbündnisses „Dortmund Kills“ hatte er im Februar die Tabakmesse „Inter-tabac ASIA“ auf Bali verhindert, die ebenfalls von der Dortmunder Messegesellschaft organisiert werden sollte. Für das Unternehmen hatte das erhebliche Verluste bedeutet.

Die Auseinandersetzungen zwischen den Nichtrauchern und der Tabaklobby dauern schon eine Weile an. Dabei hat die Lobby durchaus mächtige Unterstützung. Schließlich bringt die Messe der Stadt Dortmund nicht unerhebliche Einnahmen. Auch das Land Nordrhein-Westfalen liberalisierte im vergangenen Jahr kurzzeitig seine strengen Nichtrauchergesetze. Wie die taz damals berichtete, durften Besucher der „Inter-tabac“ trotz des sonst geltenden Rauchverbots in öffentlichen Einrichtungen auf dem städtischen Gelände Tabakwaren konsumieren – ganz zum Ärger der Aktivisten.

„Es ist eindeutig moralisch zu verurteilen, dass eine Stadt, die Präventionskampagnen gegen das Rauchen in öffentlichen Einrichtungen verfolgt, auf dem anderen Bein durch die Organisation solcher weltweiten Verantstaltungen das Tabakgeschäft unterstützt“, sagt Spatz.

Dass es zu der Anklage vor dem WIPO gekommen sei, habe den ganzen Verein dann aber doch „ganz schön geschockt“. Aber „es hat uns darin bestärkt darin, weiter zu machen“. In der kommenden Woche will „Forum Rauchfrei“ nun eine „noch größere Kampagne gegen die geplante Messe im September starten als die im voherigen Jahr“.

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6 Kommentare

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  • Was war denn bei der letzten Inter-Tabak in Dortmund mit der angekündigten "Großdemo" des Herrn Spatz und seines Vereins? Während ich genüßlich an meiner Pfeife zog, konnte ich genau 20 Teilnehmer an seiner groß angekündigten Aktion gegen das Rauchen zählen. Dabei hatte man sogar kostenfreie Anreise, und ggf. Übernachtung vor Ort, angeboten!

     

    Hingegen hält die Bergische Bürger Initiative e.V. mit einer Offenen Verfassungsbeschwerde dagegen, gegen dieses Gesetz zum angeblichen Schutz von Nichtrauchern. Und pikanterweise sind 2 der 4 Beschwerdeführer Nichtraucher, die sich durch das Rauchverbot in ihren Grundrechten beschnitten fühlen.

     

    Wir alle wollen selber entscheiden, wie, wo, wann, und mit wem wir unser Leben gestalten. Und das sollten wir sicherlich nicht einer temporären Landesregierung überlassen, oder?

     

    Letztlich stellt sich nur eine simple Frage: Was haben Nichtraucher in deklarierten Raucherbereichen überhaupt zu suchen?

     

    Mehr zur Verfassungsbeschwerde bei www.bbi-sg.de, bzw. auf facebook, unter "Verfassungsbeschwerde Rauchverbot NRW" und "Raucher in Deutschland"

    • @ron blu:

      20 sind immer noch um 16 mehr als die Beschwerdeführer deiner völlig chancenlosen Verfassungsbeschwerde. Schließlich wurde vom Bundesverfassungsgericht bereits 2008 ein generelles Rauchverbot für zulässig erklärt. Warum behauptest du in deinem Facebook Grüppchen immer noch das Gegenteil?

      • @meister:

        Ich frage mich auch, was Herr Blumberg an dem Urteil 1 BvR 3262/07 nicht verstanden hat. Die Rn. 121 und 123 lassen eigentlich keinen Interpretationsspielraum offen. Auch diese wirklich groteske "Offene Verfassungsbeschwerde" ist nur ein sehr gut gemachter Witz. "Rauchverbot in deklarierten Raucherbereichen verfassungswidrig!". Guter Witz! Ich denke, die Juristen des BverfG hatten einen lustigen Tag, als das aus dem FAX-Gerät quoll. Und das bei der bekannten Humorlosigkeit dieses Berufsstandes.

      • @meister:

        @Josef - Was in der Vergangenheit beschloßen wurde, das ist eine Sache. Tatsache ist jedoch, daß in 2008 das BVG per nämlichem Urteil ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie als "nicht verhältnismäßig" befand, und es aufgrund dieses Urteils in Baden Württemberg NICHT zu einem kompletten Rauchverbot wie jetzt in NRW gekommen ist. Im übrigen: Die Verfassungsbeschwerde der Bergischen Bürger Initiative e.V. (BBI) fußt auf 2 völlig neuen Ansätzen. Nicht vergleichbar mit früheren Entscheidungen, und somit bleibt das Ergebnis abzuwarten. Die Verfassungsbeschwerde ist auch für Dich einsehbar in Karlsruhe, unter dem AZ 1BvR1252/14

        • @ron blu:

          [...] In Baden Württemberg und anderen Bundesländern wurde nicht das generelle Rauchverbot für uvnerhältnismäßig erklärt sondern das Rauchverbot mit willkürlichen Ausnahmen, welche es dort gegeben hat. Denn dieses hat zu Verzerrungen zwischen Restaurants und Kneipen geführt. Ein generelles Rauchverbot, welches sowohl für Kneipen als auch für Restaurants gilt, ist absolut verfassungskonform, das wurde vom Gericht schon zigmal klar gestellt. Deine Beschwerde ist also zum Scheitern verurteilt. In Baden-Württemberg beabsichtigt übrigens die Landesregierung in absehbarer Zeit ein generelles Rauchverbot einzuführen.

           

           

          [Die Moderation: Kommentar gekürzt.]

          • @meister:

            Allerdings hat Ronald Blumgerg trotz seiner erheblichen Kenntnisdefizite im Bereich der Rechtswissenschaft, kein Problem damit, als freischaffender Rechtsberater aufzutreten und Anleitungen ins Netz zu stellen, mit deren Hilfe der Bruch geltenden Rechts befördert werden soll.

             

            Kommentar bearbeitet. Link entfernt.