Vorschau Argentinien – Schweiz: Peps Dialektik
Bei den Bayern ist der Schweizer Xherdan Shaqiri meist nur Einwechselspieler. Im Achtelfinale aber sieht Guardiola in ihm eine Gefahr für Argentinien.
BERLIN taz | Pep Guardiola war vor ein paar Tagen in Buenos Aires. Geschäftlich. Er hatte einen Gig im Luna Park, einer geschichtsschwangeren Konzerthalle. Dort sollen sich Juan Perón und Eva Duarte (später Eva Perón, noch später Evita) erstmals getroffen haben, Diego Maradona feierte seine Hochzeit dort. Und letzte Woche sprach eben der Bayern-Trainer, der unter dem schmissigen Titel „Die Weltmeisterschaft aus der Sicht von Pep“ auftrat.
Ein Platz in den Reihen 1 bis 18 gab’s für 186 Euro. Ein nicht nummerierter Platz ganz außen, links und rechts von der Bühne: 35 Euro. Da konnte man Guardiolas Glatze zwar nur von der Seite sehen, aber man konnte hören, was der Allesgewinner über Argentiniens kommenden Gegner sagte: die Schweiz.
In erster Linie widmete er sich dem Offensiven Xherdan Shaqiri. Das lag nah. Erstens hat der kleine, kastige Schweizer gerade drei Tore im entscheidenden Gruppenspiel gegen Honduras geschossen (Endstand 3:0), zweitens kickt Shaqiri für Guardiolas FC Bayern. Der 22-Jährige spiele „eine sehr gute WM“, sagte Guardiola. Das überraschte wenig.
Was soll man auch sagen über einen, der gerade dreimal getroffen hat? Doch Guardiola wusste ja, dass er für die 280.000 Euro Gage, die er vom Veranstalter angeblich bekommt, ein bisschen mehr liefern muss. Also führte er sein „sehr gut“ noch aus: „In Strafraumnähe ist Shaqiri torgefährlich, weil er schnell ist und gut schießt.“
Der Kastenstürmer
Das verwunderte doch: Warum steht Xherdan, der Kastenstürmer, dann nicht häufiger bei den Bayern in der Startelf? In der Champions League durfte er nur dreimal mitmachen. Und lediglich 17 Bundesligaspiele bestritt Shaqiri in der vergangenen Saison, siebenmal wurde er dabei eingewechselt, fast immer erst nach der 70. Minute. Und wenn er doch mal von Beginn an randurfte, musste er fast immer vor dem Abpfiff das Feld räumen. Und das nicht, weil ihm der Trainer einen ehrenvollen Abtritt ermöglichen wollte.
Shaqiri hat deshalb schon Ende März, als er in einem Interview einen Wechsel zumindest nicht ausschließen wollte, den Notausgang bei den Bayern aufgestoßen – und kurz vor der WM hat er der Tür noch einen kräftigen Tritt verpasst: „Ich will auch in den wichtigen Spielen von Anfang an spielen und nicht nur in der Bundesliga, wenn schon alles klar ist.
So ein Jahr will ich nicht noch einmal erleben“, sagte er der Schweizer Zeitung 20 Minuten. Aber der neue Arbeitgeber müsse schon ein Spitzenverein sein: „Die Champions League ist mir wichtig.“ Nun stehen die Vereine angeblich Schlange an der Kasse des FC Bayern: Mit dem FC Liverpool sei schon alles klar, heißt es hier und dort. Aber Juventus Turin sei auch interessiert. Außerdem hätten sich Manchester United und der FC Sevilla eingereiht.
Shaqiri fühlt sich unterbewertet beim FC Bayern unter Guardiola. Das war in der Vorsaison, der Jupp-Heynckes-Triple-Bayern-Spielzeit, noch anders: „Ich habe von Heynckes mehr Vertrauen gespürt, vielleicht auch weil Guardiola weniger mit uns Spielern spricht“, beklagte sich Shaqiri.
„Ttelkandidat“ Argentinien
Statt mit spricht der Bayern-Trainer nun also über den im Kosovo geborenen Schweizer. Und zwar in seiner ganz eigenen guardiolaschen Dialektik: Xherdan Shaqiri ist eine Gefahr für die argentinische Mannschaft (Dienstag, 18 Uhr, ZDF), aber – das hat die vergangene Saison gezeigt – zu schwach für die Startelf der Bayern. Argentinien ist für Guardiola übrigens ein „Titelkandidat“. Und Shaqiri komme bei den Bayern zwar meistens von der Bank, „macht dann aber seine Sache immer gut“.
Im Schweizer Nationalteam ist Shaqiri dagegen gesetzt. Immer. Er hat gerade den Renteneintritt seines Trainers Ottmar Hitzfeld zumindest um ein paar Tage nach hinten verschoben. Und der Schweizer Coach wirkt nicht sauer drum – obwohl auch er Shaqiri im Honduras-Spiel vorzeitig vom Platz nahm. In der 86. Minute. Er sollte seinen ehrenvollen Abtritt bekommen.
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