Kommentar Frankreichs Rassismusurteil: Jenseits aller Dummheit
Die Rassisten des Front National versuchen vor Gericht, sich als Opfer zu inszenieren. Frankreichs Justiz hat jetzt ein exemplarisches Urteil gefällt.
D ie Justiz hat derzeit einen schweren Stand in Frankreich. Wann immer sie Prominente angreift, wie etwa Expräsident Nicolas Sarkozy, heißt es gleich, die Richter seien politisch voreingenommen. Wenn jetzt eine Exkandidatin des Front National zu einer Haftstrafe verurteilt wird, weil sie die aus Guyana stammende Justizministerin Taubira mit einem Affenvergleich verunglimpft hat, kommt aus rechtsextremen Kreisen der gleiche Vorwurf: unerträglich, das darf nicht unwidersprochen bleiben.
Im Fall der Rassismus-Verurteilung wegen einer besonders verachtenswerten Fotomontage kommt hinzu, dass mit der jetzigen Polemik gegen die Justiz die Grenzen der „Toleranz“ verschoben werden sollen. Was heute klar den Tatbestand eines Vergehens darstellt, soll morgen als grenzwertiger Fall von Humor oder Meinungsfreiheit durchgehen.
Man erinnert sich in Frankreich nur zu gut, wie der FN-Gründer Jean-Marie Le Pen mehrfach mit seinen dreist antisemitischen „Witzen“ den Schutz der Bürger vor rassistischen Anfeindungen und Beschimpfungen zu unterlaufen suchte. Er wurde deswegen zu Recht verurteilt. Dieses Mal ging es um dieselbe Grundsatzfrage.
Die Rassisten versuchen, den Spieß umzudrehen und sich als Opfer aufzuspielen – als wenn ihre Verurteilung eine Beeinträchtigung der Demokratie wäre und nicht umgekehrt sie die Grundrechte angreifen. In ihrem eigenen Fall rechtfertigt die verurteilte Exkandidatin des FN selber noch die Strenge der Richter, indem sie völlig uneinsichtig die Meinung vertritt, solche Beschimpfungen seien in ihrem Frankreich kein Delikt.
Im Fernsehen hatte sie Taubira auch noch als „Wilde“ bezeichnet, die „besser auf den Ästen“ als im Justizministerium sitzen solle. Das ist im wahrsten Sinn sträflich dumm und musste exemplarisch verurteilt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung
Resolution gegen Antisemitismus
Nicht komplex genug