Bayern-AfD und Bundesvorstand streiten: Wer hat die Neonazis aufgenommen?
In Bayern haben es Ex-NPDler, Ex-Republikaner und rechte Burschenschafter in die AfD geschafft. In der Partei ist nun Streit ausgebrochen.
BERLIN taz | Kurz vor den Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg weist die AfD jeden Vorwurf des Rechtspopulismus von sich – versucht aber gleichzeitig, für Rechte attraktiv zu sein. Es ist ein Spagat. Hinter den Kulissen aber zeigt sich, wie wenig dieser funktioniert – und wie schwer sich die AfD mit extrem rechten Mitgliedern tut.
Einen Eindruck davon vermitteln interne Sitzungsprotokolle des AfD-Bundesvorstands vom Juli, die der taz vorliegen. Darin werden allein für den bayrischen Landesverband acht Mitglieder benannt, die zuvor bei der NPD, bei den Republikanern oder einer rechten Burschenschaft waren. Ein Mann stand gar im Verdacht, in der Wehrsportgruppe Hoffmann aktiv gewesen zu sein. Die neonazistische Terrorgruppe wurde 1980 verboten.
Von „rechtsradikale Äußerungen“ in Onlineforen ist die Rede, einer „Flut parteischädlicher Äußerungen“ oder „unmöglichem Auftreten am Stammtisch“. Für die AfD ist das Bekanntwerden der Problemmitglieder misslich. Denn die Protokolle vermerken auch, wie bestenfalls mit den Fällen umzugehen ist: mit Austritten, „still und leise“.
Der Bundesvorstand bat ihr Mitglied Marcus Pretzell, auch Europaabgeordneter und NRW-Landeschef der AfD, „politisch auffällige Mitglieder im Landesverband Bayern für den Bundesvorstand aufzubereiten, um gegebenenfalls gegen diese vorgehen zu können“. Pretzell lieferte eine Liste – und verschärfte die Vorwürfe noch: Bayerns AfD-Chef Andre Wächter selbst habe die Problemfälle mitverschuldet. Einen Mann habe er für den Kreisvorstand vorgeschlagen, einem anderen den Beitritt gestattet, obwohl ein Vorstandsbeschluss fehlte. In anderen Fällen habe Wächter es abgelehnt, sich mit den Vorwürfen zu beschäftigen.
Wächter schießt in einer Stellungnahme zurück. Die Vorwürfe an die genannten Mitglieder seien teils „falsch“ und „tendenziell verleumderisch“. Einige der Fälle seien vom Bundesvorstand selbst aufgenommen worden. Auch der Vorwurf, er würde die „Rechten“ unterstützen, sei „haltlos“, so Wächter. Vielmehr sei es Pretzell, der ein Mitglied unterstütze, gegen das wegen rechtsradikaler Äußerungen ein Parteiausschlussverfahren laufe.
Abmahnung vom Bundesvorstand
Tatsächlich ist Pretzell kein unbeschriebenes Blatt. Öffentlich fiel er vor allem mit seinem Auftritt mit dem britischen Rechtspopulisten Nigel Farage auf, dem Chef der Ukip, bei einer Veranstaltung der AfD-Jugend im März in Köln. Dafür kassierte Pretzell vom eigenen Bundesvorstand eine Abmahnung.
Christian Lüth, Sprecher der Bundespartei, versucht den Streit herunterzuspielen. „Hier geht es um unterschiedliche Einschätzungen von Einzelpersonen.“ Die Bayern prüften nun alle begründeten Einzelfälle. Auch Pretzell will nicht von einem Streit sprechen. Es seien auch nur noch „drei oder vier“ der Fälle aktuell. Klar sei, dass einstige NPD-Mitglieder nicht in die AfD dürften. In diesen Fällen dürfe auch der Bundesvorstand Ausschlüsse verhängen.
Aus Bayern heißt es, die meisten Fälle seien geklärt. Es habe aber auch falsche Vorwürfe gegeben. So sei der Verdacht mit der Wehrsportgruppe Hoffmann falsch gewesen. Aktuell gehe es noch um eine Person, die in einer rechten Burschenschaft aktiv war, sagt Brigitte Stöhr, Vizelandeschefin. Dort fehle eine rechtliche Handhabe.
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