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Kommentar Sportstadt BerlinBerlin verpasst eine Chance

Kommentar von Stefan Alberti

Berliner seien sportbegeistert, wiederholt der Senat mantramäßig als Begründung für Olympia. Aber nicht für alle Sportarten setzt er sich ein.

Schwimmer vor fast leerer Tribüne: EM in Grünau, jwd. Bild: dpa

B erlin sei eine ganz tolle Sportstadt, im Grunde die Sportstadt schlechthin mit all ihren Bundesligisten und Anlagen, ist von den führenden Politikern immer wieder zu hören – wenn es um eine Olympia-Bewerbung geht. Die Fußball-WM von 2006! Die Leichtathletik-WM von 2009! Mag ja sein, aber das waren auch Selbstläufer mit dem Sommermärchen und den Rekorden von Usain Bolt. Bei den aktuellen Schwimm-EM und ihren Langstreckenwettbewerben in dieser Woche aber – eher eine Randdisziplin, bei deren Austragung Kreativität gefragt wäre – patzte die ach so tolle Sportstadt.

Denn statt diese Wettkämpfe im offenen Wasser in die Innenstadt zu holen, die Sportler um die Museumsinsel oder durchs Regierungsviertel kraulen zu lassen, dümpeln sie janz weit draußen in Grünau vor sich hin, vor schwach besetzten Rängen.

Ein Vorbild gab es

Dabei gab es ein erfolgreiches Vorbild: Bei der Schwimm-WM 2013 in Barcelona kraulten die Langstreckler vor toller Kulisse durchs Hafenbecken. Deutschlands Spitzenmann in dieser Disziplin, Thomas Lurz, hatte schon lange vorgeschlagen, in der Innenstadt zu starten.

Natürlich hätte man dafür auf der Spree den Schiffsverkehr für ein paar Stunden sperren müssen. Wogegen die Reedereien vielleicht protestiert hätten. Aber es geht ja immerhin um europäische Titel.

Für die vom Senat angestrebte Olympia-Bewerbung ist das ein ganz schlechtes Zeichen. Denn die soll doch neben Bescheidenheit vor allem durch Kreativität glänzen. Sie bei der EM unter Beweis zu stellen wäre für das Bewerber-Duell mit Hamburg eine große Chance gewesen. Die aber ist vertan.

Meldung SEITE 22

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Redakteur für Berliner Landespolitik
Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.

5 Kommentare

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  • zu: Die Säulen des Untergrunds

     

    Liebe Frau Rossbauer, ' Die ersten Gewölbekeller, die gebaut wurden waren Brauereien' Entschuldigung das ist Quatsch. Die Gewölbekeller waren Gewölbekeller, die von Brauereien genutzt wurden und nichts anderes.

    Bitte etwas mehr Präzision bei der Verwendung unserer Sprache.

     

    beste Grüße

    Axel Westphal

  • 5G
    5393 (Profil gelöscht)

    Bei 170 Olympialändern ist man doch in Deutschland alle 170 x 4 Jahre dran theoretisch. 1972 ist im Vergleich noch nicht lang her. Schön wäre, die Wettkampftage von 1972 nonstop so wie s damals war zu den echten Sendezeiten zu wiederholen im Fernsehen. Eine Gestalt namens Robert Lembke organisierte das Ganze übrigens medial. Berlin wird doch wohl noch einen Robert Lembke haben. otl aicher sorgte für Orientierung, corporate identity und Desígn. Es waren keine Kommerzgames.

     

    Natürlich kann man das in Berlin machen mit den richtigen Teams und der Erweiterung der Spiele (plus Nachhaltigkeit). Ähnlich der documenta mit vielen Foren und Diskussionen inkl. Kunst und Philosophie.

     

    Sport hatte ursprünglich besonders in Deutschland weniger mit Wettkampf als mit körperlicher und geistiger Gesundheit zu tun, Sport war hier bis nach 1900 etwas Ganzheitliches und Integratives, das ist es nicht mehr, es sortiert die sog. Besten aus. otl aicher wollte mit seinem Olympiadesign 72 das Integrative wieder mit betonen, anders macht es gar keinen Sinn. Die Gestalt Robert Lembke wollte auch nichts anderes. Die Paralympics sind nur eine Fortsetzung des Aussortiergedankens.

     

    Integration und Erweiterung waren immanent, nebenbei wurde Sport betrieben. Es sollte ein Fest sein und es waren die Robert Lembkes und otl aichers und nicht die Franz Beckenbauers oder andere Repräsentanten im heutigen üblichen und widerlichen Sponsordiskurs und den großen Nebengeschäften, die nur Wenige machen. 72 ging es auch um Gleichheit. Gleichheit ist ein Menschenrecht nach der frz. Revolution. Ab 76 ging es in Richtung Big Games und Big Money, will man das fortsetzen, sollte man es lassen.

  • "Arm, aber sexy"... und doch reich genug für eine Olympiade?

     

    Wowereit & Co. sollten erstmal die maroden Straßen und sonstige Infrastruktur wieder in Schuß bringen, statt Geld aus dem Fenster zu werfen!

  • Das wäre der größtmögliche Unfall für Berlin und Deutschland. Eine Olympiade.

    Geld für das Komitee ohne Ende. Schulden für Deutschland und Berlin.

    Diese Sportevent sind wie die Krätze. Außer Spesen nichts gewesen bei der Werbeverabstaltung für Big Pharma.

  • Eine Stadt, die noch nicht einmal einen lächerlichen Flughafen bauen kann, den man in Ostasien in Jahresfrist fertig stellte, ist vollkommen ungeeignet, sich um die Olympiade zu bewerben. Berlin würde sich vor der Welt lächerlich machen. Sackhüpfen wäre eine Alternative.