piwik no script img

Deutsche RüstungsexporteGabriel beschwichtigt Waffenlobby

Sigmar Gabriel will deutsche Waffenexporte einschränken. In der Rüstungsbranche wirbt er für Verständnis – macht aber auch Zugeständnisse.

Kein „überschäumender Beifall“ für den Vize-Kanzler. Bild: dpa

BERLIN taz | Gesprächsbedarf gibt es zwischen Waffenindustrie und Bundesregierung offenbar zuhauf: Erst überzogen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und Top-Manager der Branche ein Treffen am Freitag Vormittag um 16 Minuten. Im Anschluss gestand der Vizekanzler, „überschäumenden Beifall“ habe er hinter den verschlossenen Türen nicht bekommen.

Anlass des Termins war der neue Kurs der Regierung, Waffenexporte an Staaten außerhalb von EU und Nato nur noch in Ausnahmefällen zu genehmigen. Von diesem Grundsatz konnten auch die Rüstungsvertreter Gabriel nicht abbringen. „Die Bundesregierung hat sich im Koaltionsvertrag zu sehr eingeschränkten Exportmöglichkeiten bekannt“, sagte er.

Trotzdem machte der Wirtschaftsminister Zugeständnisse: So werde die Regierung Anträge für den Export von Dual-Use-Gütern künftig schneller bearbeiten. Dabei handelt es sich um Geräte, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können – zum Beispiel Lastwagen, deren Ladeflächen auch als Raketenabschussrampen taugen.

Die Industrie hatte zuletzt geklagt, die zuständige Behörde lasse zahlreiche Anträge unbeantwortet liegen. Zudem kündigte Gabriel an, mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) festzulegen, welche Teile der Rüstungsindustrie auf jeden Fall in Deutschland gehalten werden sollen. In Koalitionskreisen wird darüber nachgedacht, die entsprechenden Sparten durch neue Aufträge der Bundeswehr zu unterstützen.

Exporte wären nach französischem Recht leichter

Ein weiterer Vorteil für die Unternehmen: Wenn klar ist, welche Waffen die Bundesregierung künftig bestellt, könnten sie ihre Produktpaletten entsprechend anpassen. Schließlich forderte Gabriel, „die Diskussion über nationale Konsolidierungen“ fortzuführen.

Berichten zufolge warb er zuletzt für eine Fusion der Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und Rheinmetall. Vereint würden die beiden Konzerne die restriktive Exportpolitik womöglich besser verkraften.

KMW prüft derzeit allerdings, mit dem französischen Unternehmen Nextus zu fusionieren. Unter Umständen würden in diesem Fall die französischen Exportbestimmungen gelten, und die sind weit weniger streng als die deutschen.

Die Vertreter der Rüstungsindustrie konnte Gabriel am Freitag ohnehin nicht restlos besänftigen. „Wir müssen schnelle Lösungen haben“, mahnte Rheinmetall-Chef Armin Papperger. Ansonsten könne Deutschland bald Know-how in der Wehrtechnologie verlieren.

An der Katerstimmung in der Branche kann auch ein weiteres Versprechen des Wirtschaftsministers nichts ändern: Künftig wird die Regierung die Rüstungsunternehmen dabei unterstützen, auf zivile Produkte umzusatteln. Mit zunächst zehn Millionen Euro pro Jahr ist das Programm aber nicht mehr als ein Trostpflaster.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Viel heiße Luft! Wenn die Bundeswehr jetzt dazu übergeht, Waffen selbst auszuliefern, erübrigen sich ja auch die entsprechenden Waffenexportgenehmigungen. Die SPD und auch Gabriel werden an der expansiven Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung nichts grundsätzlich ändern, sie werden sie eher noch weiter ausbauen.

  • die SPD kannste doch in der Pfeife rauchen...

  • Siegmar Gabriel (SPD) ist für mich

    n i c h t vertrauenswürdig - viel zu verwoben ist er mit Merkels Staatsräson - und - wer was davon versteht - auch körpersprachlich gesehen - immer diese fast devote Gestik.

    Traurig traurig, daß einem beim besten Willen aber keine Alternative zu Gabriel einfällt, und so müssen wir uns wohl darauf einstellen, daß das mit den WAFFEN-Geschäften so oder so ähnlich weitergeht - wie gehabt.

    Deutschland auf Platz 3 in der Welt-Hitliste der Waffenlieferanten. Dennoch streben wir auf Platz 2 zu kommen.

    Weil die offensichtlich "enge Koalition" zwischen CDU und SPD einfach gar keinen Spielraum (oder Hoffnung) zuläßt......

  • Ich glaube Gabriel nicht, dass er wirklich für so einen radikalen Wandel steht. Außerdem verdient Deutschland an Rüstungsexorten gut, nicht so gut wie andere Exporteure. Tatsache ist auch, dass Deutschland weit weg von Konlfikten steht - wir brauchen kaum Rüstungsgüter. Aber nicht jede Werft lässt sich umwandeln. Es ist eine Illusion zu glauben, dass Betriebe von hochprofitablen Rüstungsbereichen in schmalle Margen mit Produkten ausweichen, die stark unter Konkurrenz stehen. Ich muss leider sagen, dass ich nicht an die Wirtschaftskompetenz von Siegmar Gabriel glaube. Bislang hat er in diesem Bereich noch nie einen einzigen Erfolg produziert.

     

    Das einzige, was Gabriel immer wieder schafft, ist sich selber an die Spitze in der SPD zu setzen. Das schafft er. Konzepte, Ideen und Lösungen - Fehlanzeige. Seine große Koalition produziert jetzt Politikabstinenz, wie noch nie in der Geschichte seit 1990.

     

    Die Wachstumsraten sind niedrig, die Arbeitslosigkei hoch, schlecht-bezahlte Jobs wachsen in schneller Geschwindigkeit und echte innovative Produkte, die auf den Weltmärkten einschlagen, produziert Deutschland überhaupt nicht. Dafür ist Gabriel nicht zuständig, aber warum wird er zur Moralapostel in der Rüstungsindustrie? Und was kommt am Ende wirklich?

     

    Ich habe bei Gabriel immer gesehen, dass er praktisch nie Versprechungen einhält. Vielleicht ist das auch nur eine inhaltslose Moralinshow.

  • "Wir müssen schnelle Lösungen haben“, mahnte Rheinmetall-Chef

     

    JAWOLL! - macht euch doch schnell ein paar neue/alte Feinde, dann kann man um so eher der Forderung der Polen nach 700.000.000.000,- Euro nachkommen, u.a. für gemeinsame Rüstungsvorhaben ...

     

    MEHR WAFFEN BRAUCHT UNSERE WELT! ... unbedingt und sofort!