Olympia: Schwimmhallen statt Kriege
Die Linke in Berlin und Hamburg demonstriert den antiolympischen Schulterschluss: beim gemeinsamen Verspeisen von „Berlinern“ und „Hamburgern“ im Restaurant Turnhalle.
Sportfeindlichkeit kann man Gabriele Hiller nicht nachsagen. Von 1978 bis 1982 absolvierte die Linken-Politikerin an der Humboldt-Uni ein Studium der Sportwissenschaften. Und auch der Ort – das Restaurant „Die Turnhalle“ in Friedrichshain – war mit Bedacht gewählt. Doch nur um Sport geht es gar nicht am Dienstagmorgen. Beim gemeinsamen Verspeisen von „Hamburgern“ und „Berlinern“ wollen Hiller, die sportpolitische Sprecherin der Linken im Berliner Abgeordnetenhaus, und ihr Kollege aus der Hamburgischen Bürgerschaft, Mehmet Yildiz, erklären, warum Sport und Olympia zwei eher unterschiedliche Dinge sind.
Es ist also der parlamentarische Arm der Nolympia-Bewegung in beiden deutschen Bewerberstädten, der da den Schulterschluss demonstriert. In beiden Parlamenten sind die Linksfraktionen die Einzigen, die sich explizit gegen Olympia 2024 oder 2028 ausgesprochen haben. „Fast die Hälfte der Migrantenkinder kann nicht schwimmen“, wiederholt Hiller ihre Argumente. „Wir brauchen also nicht Olympia, sondern Schwimmhallen in sozialen Brennpunktgebieten.“ Ihr Hamburger Kollege lobt den Geist von Olympia – „deswegen wurden schon mal Kriege ausgesetzt“ – nicht aber den des Internationalen Olympischen Komitees IOC: „Wenn es eine Reform des IOC gibt, dann frühestens 2028 oder 2032.“ Für die Bewerbung von Hamburg oder Berlin hieße das: „Wenn ein Vertrag mit dem IOC unterschrieben ist, muss hinterher alles bewilligt werden, was das IOC verlangt.“
Sehen das die Bürgerinnen und Bürger in Berlin und Hamburg ähnlich? Der Deutsche Olympische Sportbund DOSB fürchtet es. Deswegen ruderte sein Chef Alfons Hörmann Ende August einen Schritt zurück. Gut möglich, dass die DOSB-Mitgliederversammlung am 6. Dezember noch keine Entscheidung trifft. „Die Frage steht sowie fällt mit der Stimmungslage in der Bevölkerung“, sagte Hörmann.
Wie aber will der DOSB-Chef die Stimmung messen? „Eine Bürgerbefragung wird es mit uns erst geben, wenn wir wissen, dass Hamburg die Bewerberstadt ist“, versichert Yildiz. In Berlin braucht eine solche Befragung sogar eine Verfassungsänderung. Zwar zeigt sich Hiller prinzipiell dafür offen. Doch auch in Berlin wird eine solche Befragung erst nach dem Votum des DOSB wahrscheinlich sein.
Am Ende bleiben viele Fragen offen und auch zahlreiche Berliner und Hamburger auf den Tellern zurück. „Die Nolympia-Bewegung ist nicht sehr stark“, räumen beide Linken-Politiker ein. Ihr Glück: Der DOSB ist auch nicht stärker.
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