Runter von der Abschussliste: Kastration soll Katzen retten
In dieser Woche startet Schleswig-Holstein ein Kastrationsprojekt für Katzen. Das soll ihren Abschuss und den Tod von Singvögeln verhindern.
HAMBURG taz | Die Todeszone beginnt für Katzen in Schleswig-Holstein 200 Meter entfernt vom letzten Haus des Dorfes. Paragraf 23 des Landesjagdgesetzes erlaubt hier ihren Abschuss. Jagdverbände rechtfertigen dies mit dem Artenschutz. Tierschützer fordern dagegen seit Langem ein Abschussverbot für Katzen und Hunde.
Nun scheint, wenn nicht eine Lösung, so doch ein Kompromiss in Sicht: Am Montag haben Vertreter von Land, Kommunen, Tierschutzverbänden und Tierärzteschaft ein Pilotprojekt zur Katzenkastration vereinbart. Es knüpft an Erfahrungen mit einem Modellvorhaben namens „Kastration gegen Katzenelend“ im Kreis Nordfriesland an.
Damit hofft man, die Zahl der Katzen zu begrenzen und zugleich von ihnen gejagte Singvögel, Kleinsäuger und Amphibien zu schützen. Die Zahl der streunenden Katzen liegt im Land bei geschätzten 75.000. Diese sind nach Angaben von Tierschützern und Jägern häufig krank oder verletzt.
In einem Punkt sind sich beide Seiten einig: Die Katzen-Population in Schleswig-Holstein sei zu groß. „Sinn hat nur die Kastration der Katzen“, sagt Marcus Börner vom Landesjagdverband Schleswig-Holstein.
In Schleswig-Holstein sinkt die Zahl erschossener streunender Katzen, heißt es im Jagdbericht. Jäger haben in der Saison 2013/14 knapp 4.000 streunende Katzen abgeschossen, das sind 1.400 weniger als im vorherigen Jagdjahr. Insgesamt steigt die Zahl streunender Katzen jedoch stetig an.
Mit dem Kastrationsprojekt soll deren Anzahl langfristig gesenkt werden. Kastriert/sterilisiert wird im Zeitraum: 15. 10.- 14. 11. 2014, 15. 2.- 31. 3. 2015 und
1.-30. 9. 2015
Mehr Infos unter: www.gegenkatzenelend.schleswig-holstein.de
Uneinig ist man sich über die Gründe, weshalb dies problematisch ist. Die vielen Katzen fänden nicht genügend Nahrung, argumentieren die Tierschützer. Die Katzen gefährdeten den Bestand anderer Tierarten, fürchten die Jäger. In drei Phasen zwischen Oktober 2014 und September 2015 sollen Katzen nun eingefangen und kastriert oder sterilisiert werden. Die Zeiträume sind so gelegt, dass möglichst keine trächtigen Tiere zum Tierarzt gebracht werden.
Die Initiatoren fordern aber auch Tierhalter zum Mitdenken auf, denn streunende Katzen stammen ursprünglich alle von in Haushalten lebenden Freigängerkatzen ab. Den Katzenhaltern soll die Kastration finanziell erleichtert werden, wenn sie die Kosten nicht selbst aufbringen können. Die Tierärzte verpflichten sich, während der Laufzeit auf 25 Euro ihres Honorars zu verzichten. Damit sinken die Kosten für die Kastration bei einem weiblichen auf 75 Euro und auf 50 Euro bei einem männlichen Tier.
150.000 Euro stehen in einem landesweiten Fonds für das Projekt zur Verfügung, weitere Mittel sollen eingeworben werden, heißt es vom Umweltministerium. Außerdem wurde ein Sonderkonto für Privatspenden bei der Tierärztekammer Schleswig Holstein eingerichtet.
Das Programm soll Tierschutzvereine und Tierheime entlasten, die bisher mit der Problematik allein gelassen wurden. Bis Ende 2015 sollen 5.000 Katzen kastriert werden.
Anschließend wird das Pilotprojekt evaluiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen