Burkina Fasos Übergangspräsident: Der alte Kafando für den Neuanfang
So einen haben die Revoltierenden nicht gewollt: Der 72-jährige Michel Kafando ist Diplomat und gehört seit langem zum politischen Establishment.
Die aufsässigen Jugendlichen, die am 30. Oktober Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou verwüsteten und am Folgetag Präsident Blaise Compaoré stürzten, wollten wohl keinen 72-Jährigen als Nachfolger. Aber genau das haben sie nun bekommen: Michel Kafando ist der neue Übergangspräsident. Er wurde in der Nacht zum Montag bei den Zeremonien zur Machtübergabe von Burkinas Militär an eine zivile Übergangsregierung von einem 23-köpfigen Wahlkolleg bestimmt. Im zweiten Durchgang setzte er sich gegen zwei weitere Kandidaten durch; um 3.45 Uhr wurde sein Erfolg verkündet.
Auf Kafando kann sich Burkinas politische Klasse verlassen. Dass er sein erstes hohes Amt bekleidete, liegt über 30 Jahre zurück. Der 1942 geborene Berufsdiplomat war nach einem Jahr als Botschafter bei der UN von 1982 bis 1983 Außenminister unter wechselnden Militärregierungen, als Burkina Faso noch Obervolta hieß.
Böse Zungen sagen ihm nach, er habe eine Rolle dabei gespielt, dass der junge Premierminister Thomas Sankara im Mai 1983 auf Vorschlag Frankreichs wegen zu großer Nähe zu Libyen verhaftet wurde. Das führte zu einem Volksaufstand und dann zu Sankaras Machtergreifung an der Spitze einer Gruppe junger Militärs. Seitdem heißt das Land Burkina Faso (Republik der Aufrechten), und Kafando ging nach Paris, um eine Doktorarbeit über die Beziehungen zwischen Westafrika und dem Ostblock zu schreiben.
Kafandos zweite Karriere begann 1998, als Präsident Compaoré ihn erneut zum UN-Botschafter machte, 17 Jahre nach seiner ersten Zeit in diesem Amt. Diesmal blieb er, 13 Jahre lang. Er wurde zu einem Veteran: zweimal Präsident des UN-Sicherheitsrats, oft Leiter von UN-Delegationen. Viele Diplomaten, die jetzt mit Burkina Fasos Übergangsregierung zu tun haben, werden ihn aus New York kennen.
Eigene politische Ambitionen werden Kafando nicht nachgesagt, und er darf bei den Wahlen im November 2015 auch nicht antreten. „Das Wesentliche ist, das Ziel zu erreichen“, sagte er, ganz Meister der Sprechblasen, nach seiner Bestimmung zum Übergangspräsidenten und versprach: „Keine Mühe ist uns zu viel.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um Neuwahlen
Inhaltsleeres Termingerangel
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will
Überwachtes Einkaufen in Hamburg
Abgescannt
Lehren aus den US-Wahlen
Wo bleibt das linke Gerechtigkeitsversprechen?
Linkspartei nominiert Spitzenduo
Hauptsache vor der „asozialen FDP“
Obergrenze für Imbissbuden in Heilbronn
Kein Döner ist illegal