Menschenrechte im Sudan missachtet: Anklage gegen Baufirma Lahmeyer?
Wegen des Vorwurfs der Vertreibung von Bauern im Sudan will die Staatsanwaltschaft Frankfurt weitere Zeugen vernehmen.
BERLIN taz | Auch nach vier Jahren sind die Ermittlungen gegen den Ingenieurkonzern Lahmeyer noch nicht abgeschlossen. Das Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte ECCHR hatte 2010 Anzeige gegen Verantwortliche des Unternehmens erstattet.
Sie wirft ihnen vor, eine Überschwemmung herbeigeführt und Bauernfamilien im Sudan vertrieben zu haben. Die Berliner Juristin Miriam Saage-Maaß forderte die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main kürzlich auf, zeitnah Anklage gegen Lahmeyer zu erheben.
Die Baufirma aus Bad Vilbel plante und überwachte den Bau des Merowe-Staudamms. Den Auftrag dazu bekam sie von einer sudanesischen Behörde. Als die Firma 2008 den Staudamm schloss, um Wasser anzustauen, wurden Felder und Dörfer überschwemmt.
Im Ermittlungsverfahren berichteten Zeugen und Betroffene, wie schnell das Wasser stieg und rund 4.700 unvorbereitete Bauernfamilien von ihrem Land vertrieb. Sie hätten keine Chance gehabt, ihr Vieh, ihren Hausstand und ihre Vorräte zu retten, argumentiert das ECCHR. In vielen Fällen hätten sie alles verloren.
Der Juristin Saage-Maß zufolge hätten die Mitarbeiter der Firma die Bevölkerung nicht rechtzeitig informiert. Die Familien hätten vorher umgesiedelt werden sollen, heißt es in der Anzeige. Mitarbeiter der Firma sagten dagegen aus, nicht sie seien für die Umsiedlungen verantwortlich gewesen, sondern die sudanesische Behörde.
„Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen ist der Tathergang in Bezug auf die Überflutung im Wesentlichen aufgeklärt. Es besteht der hinreichende Tatverdacht, dass die Beschuldigten sich strafbar gemacht haben“, sagte Rechtsanwalt und ECCHR-Vorsitzender Wolfgang Kaleck. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt erklärte dagegen: „Es war und ist teilweise sehr aufwendig, die Zeugen zu befragen, da diese sich im Ausland aufhalten. Es sollen noch Zeugen gehört werden.“
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