: Eine Spaltung, die keine sein soll
Rheinland-Pfalz: Landtagskandidat und Kreisverband wandern von Linkspartei zu WASG. Bei Gegenkandidaturen sehen Parteirechtler Bundestagsfraktion in Gefahr
FRANKFURT/BERLIN taz ■ Auch in Rheinland-Pfalz kracht es derzeit zwischen Linkspartei und WASG. Dabei erklären die Bundesspitzen beider Parteien immer, nur in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern würden sich die Linken nicht mögen.
Doch nun ist der Kreisverband Pirmasens der Linkspartei fast geschlossen aus der Partei aus- und der WASG beigetreten. Die Linksparteiler folgten ihrem Kreisvorsitzenden Frank Eschrich nach, der schon Anfang Dezember die Linkspartei verlassen hatte und WASGler wurde. Um das Maß an internen Querelen voll zu machen, trat am vergangenen Wochenende auch noch der Landesvorsitzende Michael Plum, aus der Linkspartei aus – allerdings ohne der WASG beizutreten. „Aus persönlichen Gründen“, wie Plum erklärte.
Der eigentliche Auslöser für den Austritt von Plum und den Wechsel von Eschrich und seinen Leuten war die überraschende Kandidatur von Eschrich für Platz 6 auf der gemeinsamen Liste von WASG und Linkspartei zur Landtagswahl am 26. März 2006. Ein Affront gegen die Linkspartei-Kandidatenliste, auf der Eschrich gar nicht vertreten war. Tatsächlich wurde Eschrich dann auf Platz 7 der gemeinsamen Liste gewählt. Parteichef Plum forderte in der Lokalpresse den Parteiausschluss von Eschrich, weil der mit seiner Kampfkandidatur die demokratische Kandidatenauswahl bei der Linkspartei torpediert habe. Eschrich ging zur WASG und nahm seine Parteigänger gleich mit. Danach warf Plum selbst das Handtuch.
Dass diese Vorgänge „leider auch Auswirkungen auf den Landtagswahlkampf und die geplante endgültige Fusion beider Parteien“ haben werden, befürchtet Gert Winkelmeier, Bundestagsabgeordneter der Linkspartei aus Neuwied am Rhein. Andere Realsozialisten sehen das anders: „Alles nicht ganz so schlimm wie es aussieht“, versucht etwa Ulrike Stumm, Landesvorsitzende der Linkspartei in Rheinland-Pfalz, die Gemüter zu beruhigen. Und tröstet: Spätestens Mitte 2007 sei man unter dem Dach der Linkspartei doch wieder vereint. Schon an diesem Wochenende würden sich die Landesvorstände beider Parteien in Mainz zur Beratung über die Landtagswahlen im März 2006 treffen, sagte auch Katrin Werner, Mitglied im Landesvorstand der Linkspartei, der taz. Das sei ein Beleg dafür, dass es „keine Spaltungstendenzen“ gäbe.
Sollten dies die Mitglieder von Linkspartei oder WASG anders sehen, hätten sie laut Landeswahlleiter noch bis zum 2. Februar Zeit, neue Listen aufzustellen. Dann wäre allerdings die Bundestagsfraktion in Gefahr, wie die Parteienrechtler Jörn Ipsen aus Osnabrück und Martin Morlok aus Düsseldorf gegenüber der taz erklärten. Diese Übereinstimmung ist bedeutsam, weil Morlok vor der Bundestagswahl das Aufstellen von WASG-Kandidaten auf Listen der Linkspartei verteidigt hatte, während Ipsen es scharf kritisierte. Auch der Ausschluss von Landesverbänden wäre in einem Fall von Gegenkandidaturen „aufgrund des strengen Reglements nicht so einfach“, sagt Morlok. In einer solch verfahrenen Situation könnten ausgerechnet die schärfsten Feinde der Linksfraktion über ihr Fortbestehen entscheiden: „Dann kann nur der Bundestag das Fortbestehen der Fraktion beschließen“, sagte Ipsen. SPD und Grüne als Wegbereiter der linken Konkurrenz? Kaum vorstellbar, auch wenn Morlok dies „bei geschickter rechtlicher Argumentation als nicht hoffnungslos ansieht“.
Ärger gibt es auch wieder in Berlin. Dort gewährte der Bezirksvorstand Tempelhof-Schöneberg dem Landesgeschäftsführer der Linkspartei, Carsten Schatz, zwar den Eintritt, doch die Mitglieder lehnten ihn gleich wieder ab. Nun muss der fusionskritische Landesvorstand entscheiden, wie Sprecher Gerhard Seyfarth der taz sagte.
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT, DANIEL SCHULZ
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen