piwik no script img

Kolumne Die KriegsreporterinSuper-Journalisten im Super-Einsatz

Kolumne
von Silke Burmester

Frauen von Medienmenschen gehören ins Rampenlicht, die „Bild am Sonntag“ ignoriert Veronica Ferres und Pegida-TV ist der neue heiße Scheiß.

Lilo Schneider mit ihrem Mann, Wolf Schneider Bild: dpa

H allo taz-Medienredaktion! Verehrte Lilo Schneider! Ich freue mich sehr, von meinem heutigen Posten aus auch Frau Schneider begrüßen zu können! Und damit jene Frau aus dem Schatten ihres Mannes zu holen, die mir jedes Mal schreibt, wenn ich ein paar Zeilen über ihren Mann, den großen, abergroßen und gottallergrößten Wolf Schneider verfasse. Wie man so hört, wäre Wolf Schneider nix, ein Nullkomma-Semikolon-Ausrufezeichen-Nix ohne seine Frau, die schon seit der Währungsreform sein gesprochenes Wort auffängt und auf Zeile bringt.

Da freut es mich doch sehr, mit meinem heutigen Thema Schattenfrauen ins Licht der Aufmerksamkeit rücken zu können. Das dauert aber etwas, denn ich muss ausholen. Also aufgepasst! Nico Hofmann, der Wolf Schneider des Eventfernsehklimbims, der Herr über Krieg und Frieden im TV, der Mann, der keinen Wüstenfuchs scheut und keinen Dresdner Bombenhagel, keine Väter und keine Mütter, um uns vor Augen zu führen, wie sehr die Deutschen, also wir, im Zweiten Weltkrieg Opfer waren, lässt sich von einem Zeitungsüberbleibsel des Hauses Axel Springer einspannen. „Behind the Story“ heißen Filmminiaturen, die sein Team für die Bild dreht, um die Arbeit der „Journalisten“ abzubilden.

Und, ich glaube, die Filmchen sind nur das Vorspiel zu etwas sehr viel Größerem: dem Eventmehrteiler über Axel Springer. Und damit zerren wir das Schattenkabinett hinter Springer ins Licht: „Axel Springer – seine Frauen“ hieße das TV-Ereignis und würde fünf (!) Abende füllen, jede Ehe ein Event.

In diesem Zusammenhang könnte sich klären, was es bedeutet, dass die Bild am Sonntag vor wenigen Wochen bei der Auflistung von „Die 100 beliebtesten deutschen Schauspieler“ Veronica Ferres nicht nannte. Nico Hofmann will wohl nicht mit ihr drehen. Dafür könnte es folgende Gründe geben: a) es wird nicht geheult (ist nicht anzunehmen), b) es werden keine Kinder drogensüchtig (trifft auch nicht zu), c) die Grenze ist zu weit weg (passt auch nicht, der alte Nostalgiker ließ sich in Berlin ein Hochhaus mit Grenzblick bauen), d) es spielen keine Wale mit.

Hüpfen wir noch einmal zu „Behind the Story“, jenen „Shot on Canon“-Filmchen, mit denen Nico Hofmann die Bild als … jung darstellen will? Als … modern? Als … was mit Medien? Großartig ist der Film „Kandidatenjagd I“, der den Latte-macchiato-Trinker Paul Ronzheimer begleitet, der in Athen in der Menge steht und versucht, ein Interview mit Alexis Tsipras während eines Wahlkampfauftritts zu bekommen.

Hier will einer was

Viele Schnitte, viel „Ich glaube nicht, dass er was sagen wird“, viel „aber wir müssen es versuchen“ suggerieren: Hier will einer was. Hier brennt einer. Schade, dass der Reporter, der gekommen ist, um sich die Wahlkampfrede von Tsipras anzuhören, offensichtlich kein Griechisch spricht, als er Tsipras endlich in der Nähe des Mikros hat, fragt er: „Mister Tsipras, when will you come to Berlin?“

Ja, Medienredaktion, liebe Frau Schneider – when will you come to Berlin? Or will you lieber go to Bayern, where Politiker im Vorabendprogramm sich selbst spielen können und ihr Wahlprogramm aufsagen? So wie CSU-Mann Markus Söder in „Dahoam is Dahoam“? Ehrlich gesagt, die Orte sind beide out. Dresden ist der neue heiße Scheiß. Arbeitet eigentlich schon einer an Pegida-TV? An tollen deutschen Schlagersendungen? Ohne „Griechischer Wein“ und so Tzatziki-Scheiß? Kommt bald die Landschaftssendung „Heimat 39“ und das Nachmittagsprogramm „Willkommen bei Kathrin Oertel – einer Frau aus dem Volk“? Gespannt zurück nach Berlin!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • @Traumatänzer -

    Danke für die Blumen -

     

    Aufrecht stehen, nicht auf Knien, das muss der zeitgenössische Journalismus erst üben

     

    Robert Misik

     

    &Die Welt kann man nicht verändern, aber gewisse Sauereien kann man abstellen

    Georg Simmel

     

    &Rätsel nach Schleiermacher

    Einsilbig Wort - der größte Leidensbringer dieser Welt;

    setz ein du hinein -

    der größte

    Leidensüberwinder dieser Welt;

    & weh dem Land . . .

  • Sag mir wo die Blumen sind

    Wo sind sie geblieben

    Sag mir wo die Blumen sind

    Was ist gescheh'n

    Sag mir wo die Blumen sind

    Netti Kette pflückte sie geschwind

    Wann wird man je verstehn

    Wann wird man je verstehn

     

    ("frei" nach Pete Seeger)

    • @lichtgestalt:

      Sag mir, wo die Helden sind,

      wo sind sie geblieben?

      Sag mir, wo die Helden sind,

      was ist geschehn?

      Sag mir, wo die Helden sind,

      Gegenwart, die nie beginnt?

      Was soll im Spiegel stehn?

      Was soll im Spiegel stehn?

  • "where Politiker im Vorabendprogramm sich selbst spielen können und ihr Wahlprogramm aufsagen? So wie CSU-Mann Markus Söder..."

     

    Das ist der Beginn von "Ilse for Präsident". (Drehbuch A. Merkel) Und der Söder Markus ist drauf reingefallen.