Die Spiele in Berlin: Keine Eile, mehr Weile
Führender Sportbund-Funktionär rät zur Vorsicht bei der Bewerbung für die Olympischen Spiele.
Fünf Tage vor der Entscheidung des Präsidiums des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) über die Bewerberstadt hat ein Mitglied der Führungsriege eine Olympia-Bewerbung grundsätzlich infrage gestellt. „Es könnte sein, dass wir zu dem Schluss kommen, keine Bewerbung für die Spiele 2024 abzugeben, weil uns die Zustimmung vielleicht nicht hoch genug erscheint“, sagte der für Breitensport zuständige DOSB-Vizepräsident Walter Schneeloch in einem Zeitungsinterview mit der Rheinischen Post.
Nach den Ergebnissen einer am Dienstag veröffentlichten Meinungsumfrage im Auftrag des DOSB unterstützen in Berlin 55 Prozent der Bevölkerung eine Olympia-Bewerbung für 2024, 39 Prozent sind dagegen. In Hamburg ist das Verhältnis 64 zu 32 Prozent. Der jeweilige Rest mochte sich in der Umfrage nicht festlegen. Beide Städte haben angekündigt, ihre Bürger offiziell abstimmen und entscheiden zu lassen, falls sie den Zuschlag bekommen. In Berlin würde das am 13. September geschehen, zwei Tage vor Schluss der Bewerbung beim Internationalen Olympischen Komitee.
Schneeloch mahnte nach den jüngsten Erfahrungen mit Bürgerprotesten zur Vorsicht: „Bevor wir auf die Nase fallen, könnten wir einer neuen Bewerbung etwas mehr Zeit geben.“ Der DOSB hatte sich im Herbst 2013 von einer fest geplanten Bewerbung für die Olympischen Winterspiele 2022 in München und seinem Umland verabschieden müssen, weil sich eine Mehrheit der Bürger in offiziellen Abstimmungen dagegen aussprach.
Berlins Sportsenator Frank Henkel (CDU) wollte sich auf taz-Anfrage nicht zu Schneelochs Worten äußern. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) zeigte sich immerhin verwundert über den DOSB-Vize: „Ich kann mir das nicht vorstellen – worauf will er denn noch warten?“, sagte Müller am Mittwoch vor Journalisten. DOSB-Chef Alfons Hörmann konnte die Überlegungen seines Präsidiumskollegen nicht nachvollziehen und sagte wenig später: „Ich denke, dass es klar und deutlich zu einer Bewerbung wie vorgesehen und vorbereitet kommen wird. Das Ergebnis, das jetzt vorliegt, ist eine gute Grundlage, um 2024 ins Rennen zu gehen.“
Das neunköpfige Präsidium des DOSB will sich nach bisherigem Terminplan am Sonntag mit den Chefs der unter seinem Dach vereinten Sportfachverbände austauschen und sich am Montag auf eine Bewerberstadt festlegen. Über diesen Vorschlag soll am 21. März eine außerordentliche Mitgliederversammlung des DOSB in der Frankfurter Paulskirche – 1848/49 Tagungsort der ersten gewählten deutschen Parlamentsversammlung – abstimmen. Dass dieses DOSB-Gremium der Präsidiumsempfehlung nicht folgt, gilt als ausgeschlossen.
Berlin und Hamburg als infrage kommende Bewerber haben sowohl am Sonntag wie auch am Montag erneut Gelegenheit, ihr Konzept vorzustellen. Für die Hauptstadt übernimmt das Sportsenator Frank Henkel. Der schien am Dienstagabend nach Bekanntwerden der Umfrageergebnisse sehr erleichtert, dass allen Befürchtungen zum Trotz auch in Berlin eine Mehrheit die Spiele unterstützt. „Wir sind bestens gerüstet“, sagte Henkel bei einer CDU-Veranstaltung und legte im Überschwang nach. „Wir könnten übermorgen anfangen.“
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