Kommentar Hinrichtungen in Pakistan: Fatale Ersatzhandlung
Dass die Todesstrafe jetzt wieder vollstreckt wird, soll entschlossenes Vorgehen signalisieren, zeugt aber nur von Hilflosigkeit und Politikversagen.
E ine Todesstrafe, die nicht vollstreckt wird, schreckt nicht ab. Das mögen viele in Pakistan denken und damit die Aufhebung des Moratoriums befürworten, das die Regierung kürzlich verkündet und inzwischen umzusetzen begonnen hat.
Diese Einschätzung stimmt insofern, als die Todesstrafe ohnehin nicht abschreckend wirkt, wie viele Untersuchungen längst gezeigt haben. Die Todesstrafe ist nicht nur zutiefst inhuman, sondern letztlich auch wirkungslos.
Im Fall Pakistan, wo Gewalt weit verbreitet ist und nur selten geahndet wird, kommt hinzu, dass Todesstrafen von einer Justiz auf der Basis von Polizeiermittlungen verhängt werden, die beide zutiefst korrupt, sozial ungerecht und oft nicht rechtsstaatlich sind. Die Folter von Angeklagten und Zeugen ist nur ein Beispiel.
Unter solchen Bedingungen hat die Todesstrafe noch weniger mit Gerechtigkeit zu tun, sondern wird entweder zu billiger PR, zum Geschäft oder zum Politikum. Sie trifft vor allem jene, die sich nicht freikaufen können, deren Hinrichtung aus populistischen Gründen opportun erscheint oder die machtpolitisch gewollt ist.
In Pakistan sind zwölf verurteilte Mörder binnen eines Tages hingerichtet worden. Seit Wiedereinführung der Todesstrafe im Dezember seien noch nie so viele Exekutionen an einem Tag vollzogen worden wie am Dienstag, erklärten Regierungsbeamte. Beobachter gingen davon aus, dass die Hinrichtungen die Kritik am Rechtssystem des Landes weiter schüren werden.
Pakistan leidet seit Jahren unter dem Terror religiöser Extremisten. Nur wenige Täter werden gefasst, noch weniger verurteilt. Denn Politiker und Militärs nutzen die Extremisten immer wieder zur Verfolgung politischer Ziele. In Afghanistan und im indisch kontrollierten Teil Kaschmirs nutzt Pakistan den islamistischen Terror, um dortige Regierungen unter Druck zu setzen.
Doch hat der Terror längst Pakistan erreicht. Die Regierung hat sich bei seiner Bekämpfung als unfähig und machtlos erwiesen, das Militär als sehr selektiv. Wenn die Regierung also jetzt die Todesstrafe wieder vollstreckt, ist das eine Ersatzhandlung. Sie soll entschlossenes Vorgehen signalisieren, zeugt aber nur von Hilflosigkeit und Politikversagen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!