piwik no script img

Pilotenschule der LufthansaHarte Tests, gründliche Schulung

Der Nachwuchs muss anspruchsvolle Prüfungen bestehen. Psychologische Gutachten gibt es nur am Anfang der Ausbildung.

Bevor solch eine Maschine abhebt, müssen die Piloten durch eine lange Ausbildung. Bild: ap

BERLIN taz | Wer in Deutschland bei den großen Airlines Pilot werden will, braucht die Hochschulreife und muss mindestens 17 Jahre alt sein. Zudem sollten der Bewerber oder die Bewerberin gut sehen können, Lufthansa duldet einen Maximalwert von ± 3 Dioptrien. Auch andere gesundheitliche Werte wie diejenigen des Herz-Kreislauf-Systems müssen stimmen. Er oder sie muss gut und schnell kopfrechnen können und sich in den Multitasking-Tests bei der Aufnahmeprüfung gut schlagen, bei denen gleichzeitig motorische Übungen und mathematische Probleme gemeistert werden müssen.

Und nicht zuletzt muss die Psyche der künftigen PilotInnen belastbar sein. Die PrüferInnen setzen die PilotenanwärterInnen mitunter Konfliktsituationen aus, die diesen verantwortungsbewusste Entscheidungen abverlangen.

Diese Prüfungen seien hart, aber nicht unlösbar, heißt es auf der Homepage der Lufthansa-Schule. Zumal private Firmen inzwischen Vorbereitungsseminare anbieten, mit denen die BewerberInnen sich für die Berufsgrunduntersuchung (BU) für PilotInnen rüsten können.

Die Ausbildung an der Lufthansa Pilotenschule dauert zwischen 29 und 33 Monaten und ist in mehrere Phasen gegliedert. Sie beginnt mit einem Theorieteil, der sechs Monate dauert. Nach einer theoretischen Prüfung folgt ein viermonatiger Praxisteil im Airline Training Center Arizona (ATCA) in Phoenix, wo die Flugschüler unter Anleitung eines Fluglehrers ihre ersten Runden drehen und eine praktische Prüfung ablegen.

Danach legen die Schüler etwa eineinhalb Jahre lang noch weitere Theorie- und Praxisabschnitte in Bremen und Frankfurt ab, bevor die Ausbildung abgeschlossen ist. Der finanzielle Eigenanteil der gesamten Pilotenausbildung beläuft sich auf etwa 70.000 Euro. Die Summe wird erst nach Abschluss der Schulung in Raten fällig, wenn die PilotInnen einen Arbeitsvertrag erhalten.

Füreinander da sein

Eine Auswahl nach politischen oder religiösen Ansichten wird laut Lufthansa nicht getroffen, heißt es auf der Webseite der firmeneigenen Pilotenschule: „Wir bieten Beschäftigungs- und Entwicklungschancen für alle Mitarbeiter – unabhängig von Geschlecht, Alter, der sexuellen Identität, einer Behinderung, der Nationalität, der Herkunft, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung.“

Die psychologischen Tests für Piloten der Lufthansa sind nach Ansicht der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) völlig ausreichend. Bei der Einstellung gebe es einen der härtesten Aufnahmetests der Welt, sagte VC-Sprecher Jörg Handwerg der dpa. Handwerg bestätigte Informationen der Lufthansa, dass es im späteren Berufsleben keine regelmäßigen psychologischen Tests gibt.

Es sei auch fraglich, in welchem Rahmen solche helfen sollten. Einen hundertprozentigen Schutz vor Ausnahmefällen wie beim Absturz der Germanwings-Maschine könne es nicht geben. Die Kollegen achteten gegenseitig aufeinander. Wenn sich jemand ungewöhnlich benehme, werde er angesprochen und aufgefordert, sich Hilfe zu besorgen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Die Aufnahmetests der Lufthansa mögen „die härtesten der Welt“ sein, ihre Prüfungen „hart, aber nicht unlösbar“, die Ausbildung „anspruchsvoll“, die Psycho-Tests „völlig ausreichend“. Eine Garantie dafür, dass ausgebildete Piloten nicht bloß in gestellten, sondern auch in echten Konfliktsituationen „verantwortungsbewusste Entscheidungen treffen“, sind sie aber offensichtlich nicht.

     

    Wer 70.000 Euro Eigenmittel aufgebracht und sich durch die diversen Unterrichtseinheiten und Tests der Ausbildungen gequält hat, der kann sich womöglich ein Leben ohne Flugzeug unterm Hintern am Ende einfach nicht mehr vorstellen. Ein Mensch ist nun mal keine Maschine. Und das ist auch gut so. Allen Risiken zum Trotz. Es wäre sicher nicht verkehrt, wenn auch die Lufthansa und ihre Kunden das demnächst mal begreifen würden.

  • Warum wird eigentlich nur weil es ein deutscher Pilot war nicht von einem Terrorakt gesprochen?

    • @ichWollteNurMalSagen:

      Weil Terrorakte der "Erreichung politischer, wirtschaftlicher oder religiöser Ziele" dienen und solche Ziele hier bislang nicht zu erkennen sind. Der bloße Wunsch zu töten und zu sterben ist noch nicht terroristisch. Er ist nur meistens unverständlich. So wie der Wunsch übrigens, allem, was man gern verhindert wissen würde, Terrorabsichten zu unterstellen.

    • @ichWollteNurMalSagen:

      Weil es bislang überhaupt keine Indizien für ein terroristisches Motiv gibt. Das ist der Grund und nicht die Nationalität des (Co-)Piloten.